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Zeit im Wind

Zeit im Wind

Titel: Zeit im Wind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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Uhr soll ich morgen kommen?« wollte sie wissen.
    Hegbert hob die Augenbrauen ein wenig.
    »Ich hole dich ab. Sagen wir fünf Uhr?«
    Sie drehte sich halb um. »Daddy, hast du was dagegen, wenn ich morgen zu Landon und seinen Eltern gehe?«
    Hegbert rieb sich die Augen und seufzte.
    »Wenn es dir wichtig ist, meinetwegen«, antwortete er. Nicht gerade ein überwältigender Vertrauensbeweis , aber mir reichte es.
    »Was soll ich mitbringen?« fragte sie. Im Süden war es eine Tradition, diese Frage zu stellen.
    »Du brauchst nichts mitzubringen«, sagte ich. »Ich hole dich um Viertel vor fünf ab, ja?«
    Wir standen einen Moment schweigend da, so daß Hegbert schon ungeduldig wurde. Seit wir vor der Tür standen, hatte er nicht eine einzige Seite umgeblättert.
    Schließlich sagte ich: »Bis morgen also.«
    »Bis morgen«, sagte sie.
    Sie senkte den Blick auf die Füße und sah mich dann wieder an. »Danke, daß du mich nach Hause gebracht hast.«
    Damit drehte sie sich um und ging ins Haus. Ich konnte das kleine Lächeln um ihre Lippen kaum sehen, als sie noch einmal über ihre Schulter blickte, bevor sie die Tür schloß.
    Am nächsten Tag holte ich sie pünktlich ab. Ich freute mich, daß sie ihr Haar wieder offen trug. Außerdem hatte sie, wie versprochen, den Pullover an, den ich ihr geschenkt hatte.
    Meine Eltern waren ziemlich überrascht, als ich fragte, ob sie etwas dagegen hätten, wenn Jamie zum Essen käme. Es war keine zusätzliche Arbeit, denn wenn mein Vater zu Hause war, bekam Helen, unsere Köchin, von meiner Mutter die Anweisung, solche Mengen zu kochen, daß das Essen für eine kleine Kompanie gereicht hätte.
    Von der Köchin habe ich noch gar nicht gesprochen, fällt mir ein. In unserem Haus hatten wir ein Hausmädchen und eine Köchin, und zwar nicht nur, weil meine Eltern sich das leisten konnten, sondern auch, weil meine Mutter nicht gerade eine begnadete Hausfrau war. Zum Lunch machte sie manchmal Sandwiches, dazu reichte es, aber hin und wieder hatte der Senf ihren Nagellack verfärbt, und das betrübte sie tagelang. Ohne Helen hätten wir immer angebrannten Kartoffelbrei und halbverkohltes Steak bekommen. Zum Glück hatte mein Vater das gleich am Anfang ihrer Ehe gemerkt und sowohl eine Köchin als auch ein Hausmädchen eingestellt. Beide sind schon vor meiner Geburt in unserem Haushalt gewesen.
    Obwohl unser Haus größer war als andere, konnte man es nicht eben einen Palast nennen. Die Köchin und das Mädchen wohnten also nicht bei uns, denn dafür hatten wir keinen Platz. Mein Vater hatte das Haus nämlich gekauft, weil es historischen Wert hatte. Zwar war es nicht das Haus, in dem einst Blackbeard gelebt hatte - was für jemanden wie mich von größerem Interesse gewesen wäre -, aber es war das Haus von Richard Dobbs Spaight gewesen, einem der Unterzeichner der Verfassung. Spaight war auch Besitzer einer Farm außerhalb von New Bern gewesen, das ungefähr sechzig Kilometer entfernt lag, und dort war er auch begraben. Unser Haus war also nicht so berühmt wie das, wo Dobbs Spaights Grab war, dennoch gab es meinem Vater ein gewisses Anrecht, damit zu prahlen, wenn er im Kongreß war. Und wenn er in unserem Garten lustwandelte, sann er ganz offensichtlich darüber nach, welches Erbe er hinterlassen wollte. In gewisser Weise machte es mich traurig, denn was er auch tat, er würde Richard Dobbs Spaight nie den Rang ablaufen können. Historische Ereignisse wie die Unterzeichnung der Verfassung ergaben sich nur alle paar hundert Jahre einmal, und wie man die Sache auch drehte und wendete, mit Diskussionen über landwirtschaftliche Subventionen oder Maßnahmen gegen die ROTE UNTERWANDERUNG würde man das nicht in den Schatten stellen können. Sogar einem wie mir war das klar.
    Das Haus war im National Historic Register verzeichnet - vermutlich steht es da auch heute noch drin. Obwohl Jamie schon einmal bei uns gewesen war, sah sie sich ehrfürchtig um, als sie eintrat. Meine Eltern hatten sich beide schön angezogen, ich auch, und meine Mutter gab Jamie zur Begrüßung einen Kuß auf die Wange. Als ich sie beobachtete, schoß mir der Gedanke durch den Kopf, daß meine Mutter vor mir ans Ziel gelangt war.
    Es gab ein schönes Essen mit vier Gängen, etwas förmlich, aber keineswegs steif oder so. Meine Eltern und Jamie unterhielten sich großartig - ich sage das im Andenken an Miss Garber -, aber meine Sorte Humor, mit der ich mich einschalten wollte, kam nicht so gut an, wenigstens bei meinen

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