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Zeit-Odyssee

Zeit-Odyssee

Titel: Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Laumer
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einer Totenfeier. Alles schien darauf zu warten, daß etwas geschah. Und geschehen würde nichts, wenn ich nicht dafür sorgte, daß etwas geschah.
    »Na schön, Ravel«, sagte ich. »Laß nicht den Kopf hängen. Du weißt, was zu tun ist. Das einzige, was du überhaupt tun kannst. Der einzige Ausweg …«
    Energisch stellte ich mich auf die Füße und marschierte quer durch die Befehlszentrale, den Transit-Tunnel entlang zur Transferzelle.
    Alles wirkte völlig normal. Abgesehen davon, daß ich die munteren grünen Lämpchen vermißte, die verkündeten, daß die Station mit der Nexx-Zentrale verbunden war, schien alles so, wie es sein sollte. Die Platten waren aufgeladen, die Zeiger standen auf normal.
    Wenn ich die Zelle betrat, würde ich transferiert werden – irgendwohin.
    Einige weitaus interessantere Fragen drängten sich mir auf, aber ich hatte nicht die Zeit, mich eingehend mit ihnen zu beschäftigen. Ich trat in die Zelle, die Tür schloß sich hinter mir, und dann war ich allein mit meinen Gedanken. Bevor sich jedoch zu viele davon bemerkbar machten, streckte ich die Hand aus und drückte den Transfer-Knopf.
    Eine lautlose Bombe fegte mich quer durch den dimensionslosen Raum.

 
9.
     
    Das Schwindelgefühl verminderte sich allmählich; meine Sinne begannen wieder zu funktionieren: Hitze, ein Druck gegen meine Seite, ein hohles, beinahe musikalisches Stöhnen und Heulen, ein Heben und Fallen, ein Lichtschimmer durch meine geschlossenen Lider wie eine Reflexion von einer in ständiger, rastloser Bewegung befindlichen Fläche. Ich schlug die Augen auf; Sonnenlicht glitzerte auf Wasser. Ich fühlte den Druck des Holzdecks, auf dem ich lag, ein Druck, der zunahm, blieb, und dann wieder merklich abnahm.
    Ich machte eine Bewegung und stöhnte laut, so sehr stach der Schmerz in mir. Ich richtete mich auf.
    Der Horizont drehte sich und lag dann flach; er tanzte ein wenig in den Hitzewellen, sank und verschwand aus meinem Gesichtsfeld, während sich eine riesige Schiffswand aus abgenutztem, sonnengebleichtem Holz hochschob und mir den Blick versperrte. Über mir ragten Masten, Spieren und Takelwerk eines Segelschiffes schwankend in den leuchtend blauen Himmel. In Hypnose gelernte Daten tauchten in meinen Gedanken auf: Ich erkannte die typische Takelage einer portugiesischen Galeasse des sechzehnten Jahrhunderts.
    Irgend etwas sagte mir jedoch, daß es sich um keine echte Galeasse handelte, sondern um eine Nachbildung aus der Neuzeit, etwa um 2220; eine herrliche Kopie, kunstvoll geschnitzt, zusammengebaut und verwittert, vermutlich mit einem kleinen Reaktor unter Deck, Stahlplatten unter den Eichenplanken des Schiffskörpers und Luxuskabinen für einen Ingenieur und ein Dutzend Urlauber.
    Jetzt nahm ich auch die Hintergrundgeräusche wahr, das Knarren von Tauwerk und Holz, Stimmengemurmel, ein Ruf, dumpfes Rollen. Irgend etwas schlug aufs Deck. Das Schiff krängte stark; ätzendes Salzwasser spritzte über die Reling, so daß ich keuchend Luft holen mußte. Ich wischte es ab und sah in ungefähr einer halben Meile Entfernung ein anderes Schiff auf dem Wasser, einen schweren Zweidecker mit drei Masten, der eine grüne Fahne mit dem grau-weißen Malteserkreuz zeigte. Die ganze Breitseite entlang stiegen kleine, weiße Rauchwölkchen auf, gefolgt von grellen Flammenzungen. Sekunden darauf erschien eine Reihe von Wellenspritzern auf dem Meer, die geradewegs auf unseren Bug zuhielten. Dann dröhnte wie ferner Donner der Knall herüber.
    Meine Vermutungen wurden somit auf drastische Weise widerlegt. Das Bild einer Gruppe von Urlaubern, die in einem nachgebauten Piratenschiff in der Karibik kreuzten, verschwand wie die Wellenspritzer, die von den auf der Galeone abgefeuerten Kanonenkugeln hervorgerufen worden waren. Dort drüben wurde mit richtigen Kanonen geschossen, mit richtiger Munition, die ein richtiges Loch ins Deck schlagen konnte – unter Umständen genau an der Stelle, an der ich lag.
    Ich wälzte mich herum, kam auf die Füße und sah nach achtern. Eine Gruppe Männer drängte sich dort um eine kleine Deckskanone, die sie anscheinend nicht in die richtige Position bringen konnten. Sie trugen Kleidungsstücke aus dem sechzehnten Jahrhundert, zerrissen, verschmutzt, verschwitzt. Einer blutete aus einem Schnitt im Gesicht. Die Wunde sah viel zu echt aus, um zu einem Spiel zu gehören.
    Ich warf mich hinter eine große, auf Deck vertäute Kiste mit einer lebendigen Schildkröte, deren abgestoßener und

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