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Zeit-Odyssee

Zeit-Odyssee

Titel: Zeit-Odyssee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Laumer
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verblichener Panzer mindestens einen Meter im Durchmesser maß.
    Sie wirkte ebenso alt, müde und unglücklich, wie ich mich fühlte.
    Rufe ertönten, dann kam etwas von oben herabgeflattert und klatschte nicht weit von mir auf die Decksplanken: ein zerfetztes Banner aus grobem Tuch, nachlässig gefärbt, von der Sonne ausgebleicht, mit der Zeichnung eines langgezogenen, grünen, gehörnten Huhns auf schmutzig-gelbem Untergrund. Heraldik war nie meine starke Seite gewesen, aber es bedurfte ohnehin keiner weiteren Beweise, um mir vor Augen zu führen, daß ich mich mitten in einer Seeschlacht befand, bei der meine Seite offenbar unterlag. Die Galeone war inzwischen merklich größer geworden und machte gerade wieder eine Halse. Abermals tauchten die Rauchwölkchen auf, ein Pfeifen, ein Krachen im Vorschiff, als fliege ein Ölofen in die Luft, und dann regnete es Splitter auf mich herab. Einer der Männer im Bug stürzte blutend und zuckend zu Boden. Weitere Schreie, rennende Füße. Irgend jemand lief an meinem Versteck vorbei und rief etwas; möglicherweise war ich gemeint. Ich rührte mich jedoch nicht, sondern wartete auf eine Inspiration, die mir sagte, was zu machen sei.
    Sie kam in Gestalt eines dunklen, untersetzten Mannes mit nackten, braunen Füßen, verschossenen, rötlichen Gamaschen, ausgebeulter, gelblich-schwarzer Hose und einem breiten, handgenähten Ledergürtel mit einem Entermesser daran, das aussah, als wäre es aus einem alten Ölfaß gehämmert worden. Er blieb vor mir stehen, winkte mit seinem kurzen, dicken Arm und schrie etwas. Ich stand auf, er schrie noch einmal, winkte nach achtern und rannte in der bezeichneten Richtung davon.
    Er schien nicht weiter von meinem Anblick überrascht, und ich hatte fast alles verstanden, was er schrie. Daß dieser Idiot Gonzalo nämlich ein so dämliches Schwein sei, daß er sich von einem Stück Reling im Bauch hätte treffen lassen, und daß meine Anwesenheit auf dem Achterschiff dringend erforderlich sei, da ich den anderen mit dem Vierpfünder helfen müsse.
    »Dieser verdammte Idiot«, knurrte ich leise vor mich hin. »Er soll die Kanone über Bord werfen, damit das Schiff leichter wird. Unsere einzige Chance ist, ihnen davonzusegeln, aber selbst das ist im Grunde unmöglich …«
    Irgend etwas kreischte durch die Luft wie eine Rakete; ein Tauende schwang auf mich zu, peitschte quer über mein Gesicht und warf mich aufs Deck. Irgend jemand sprang über mich hinweg; ein Stück Spiere, so dick wie mein Schenkel, krachte aufs Deck, federte hoch und schoß über Bord. Das Schiff krängte abermals, richtete sich wieder auf; Gegenstände rutschten über das Deck. Dann knallten die Segel, kühler, frischer Wind fegte über das Deck. Noch ein Donnern, noch ein Krachen, noch mehr Schreie und wieder rennende Füße. Ich suchte Schutz in einem Speigatt, ohne mich vor der rötlichen Soße zu ekeln, die dort herumschwappte, und beobachtete, wie sich der Hauptmast zur Seite legte, nach luvwärts brach und ein Stück ballonartig aufgeblähtes Segel hinter sich herzog, das zerriß, sich über das Heck legte und gleich darauf von der Strömung über Bord gezerrt wurde, wobei es zwei Mann, die es unter sich begraben hatte, mit hinauszog. Rings um mich her fielen Gegenstände von oben herab, als hätte es eine Dynamitexplosion gegeben. Auf einmal schob sich etwas Dunkles in mein Blickfeld, über mir glitten Spieren und Segel heran, und dann wurde ich von einem Stoß zu Boden geworfen, der nicht mehr aufhören wollte, Splitter aus der Bordwand riß, Leinen zerfetzte, das Deck kippte …
    Ich rutschte und glitt, packte ein Tau, hielt mich fest und schlug gegen die Seitenwand einer kleinen Kabine. Die Galeone, von meinem Blickwinkel aus ungeheuer und groß, kratzte und scharrte noch immer längsseits an unserer Bordwand. In ihrer Takelung hingen Männer, andere standen auf ihrem Mitteldeck, das sich drei Meter über unserem Deck befand, und alle schrien, drohten mit ihren Fäusten und schwangen die Messer. Ich blickte hinab in die schwarzen Mündungen vieler Kanonen, die an mir vorbeiglitten, und in die dunklen, rechteckigen Stückpforten, in denen pulvergeschwärzte, grinsende Gesichter auftauchten. Enterhaken flogen herab, glitten über die Planken und fanden Halt in dem gesplitterten Holz des Decks. Dann kamen die Männer, sprangen herüber, kletterten über die Reling, schwärmten über das Deck. Der Seemann, der mir vorhin etwas zugerufen hatte, lief zum Vorschiff; ein

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