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Zeit und Welt genug

Titel: Zeit und Welt genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kahn
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Schurken, die den Mord an der Priesterin der Kapuzen begangen hatten, war ebenfalls überall verbreitet, so dass an jeder Straßenkreuzung Leute stehen blieben, um die zerlumpte, bunt zusammengewürfelte Schar anzustarren.
    Dann ging der Lärm hinter ihnen los. Offenbar war einer der bewusstlosen Bewacher aufgewacht und hatte Alarm geschlagen. Wesen begannen den Flüchtigen zu folgen. Letztere verzichteten darauf, unbekümmert wirken zu wollen, und begannen zu laufen. Bürger nahmen die Verfolgung auf, Soldaten schlossen sich an, Hunde, Kinder, Vögel. Durch Gassen, um Gebäude herum, durch Plätze und über Brücken. Josh und seine Freunde liefen immer schneller, aber die Stadt holte auf.
    Sie erreichten das Ende einer Straße, die zu einem großen Platz, überfüllt mit Feiernden, führte. Es gab keine Nebenstraßen, und sie konnten nicht umkehren – ihre Verfolger waren zu nah herangekommen. So liefen sie auf die Piazza.
    Ein gewaltiger Jubelschrei erhob sich. Der Platz endete am Canal Grande, und der Doge fuhr eben in der Staatsgondel vorbei, im Begriff, den Ring der Stadt ins Meer zu werfen.
    Josh und die anderen zwängten sich in die Menge hinein, um in ihr unterzutauchen. Das war das Nahe liegende und hätte auch Erfolg gehabt, wenn Beautys Größe nicht gewesen wäre. Er war über den Köpfen aller Zuschauer deutlich zu erkennen.
    Als die Schar der Verfolger auf den Platz stürzte, entdeckte sie sofort Beauty und begann zu schreien: »Da ist er! Der Zentaur, der die Priesterin ermordet hat! Haltet ihn auf!«
    Die Leute ringsum blickten auf Beauty. Aus der festlichen Fröhlichkeit wurde zorniges Murren, Finger hoben sich, böse Blicke kamen. Jemand warf einen Stein und traf Beauty an der Schulter.
    »Er soll Wasser atmen!« schrie jemand. »Den Meeresgrund sollst du küssen!« brüllte ein anderer.
    Der hilflose Zentaur wurde auf der Stelle von einer Welle emporgestreckter Hände und Fäuste über das Meer von Zuschauern zum tiefen Canal Grande getragen. Während man ihn weiterreichte, behängte man ihn mit Metallketten und Schmuck aller Art an Hals und Körper, um ihn zu beschweren, zu belasten. Josh und Jasmine versuchten verzweifelt, an den Zentauren heranzukommen, ihm auf irgendeine Weise zu helfen, aber wie Äste im Meer wurden sie von Beauty ebenso wie voneinander getrennt, als sie auf der Dünung, in den Querströmungen schwimmen wollten. Isis hatte genug damit zu tun, unter der Flut von Füßen nicht zertreten zu werden, und Wass schaute ruhig zu, wachsam, bereit.
    Beauty hatte Angst. Er wand sich, bäumte sich auf, aber der Pöbel beförderte ihn unerbittlich und machtvoll zum Rand des Wassers. Finger gruben sich in sein Fleisch, Speichel und Flüche brannten in seinem Gesicht. Seine Gegenwehr war erfolglos. Als er schließlich am Rand des Kanals ankam, glitt ein dunkler Schatten, ein düsterer Gedanke durch sein Gemüt. An mir wird Rache geübt.
    Man warf ihn über den Rand in das tiefe graue Wasser, wo er, schwer vom Schmuck, wie eine Statue versank.
    Jubel brandete auf. Beinahe augenblicklich verdunkelte sich der Himmel, als träte eine Sonnenfinsternis ein oder als zöge dichter Rauch auf. Die Menge ächzte wie ein einziger Organismus und blickte stumm zum Himmel hinauf.
    Was sie sah, war der fremdartigste und erschreckendste Anblick, den man je gesehen hatte. Über den Himmel flogen lautlose Legionen von Vampiren, Schwinge an Schwinge, wie ein Katarakt den Tag löschend. Hunderte Vampire schwebten in enger Formation, eine durchscheinende, schwarzschimmernde Erscheinung, die sich über der Stadt niederließ; der dunkle Sieg der Nacht.
    In der Stille, die auf die Ufer des Canal Grande herabsank, begann das erste ferne Grollen tausend flatternder Lederschwingen, die die Luft peitschten. Irgend jemand kreischte, der nächste Augenblick rief das totale Chaos hervor.
    Die Leute auf dem Platz rannten los, jeder in eine andere Richtung. Kinder wurden niedergetrampelt, Karren umgestürzt. Manche der Soldaten feuerten Pfeile zum Himmel hinauf, aber die Vampir-Bataillone flogen zu hoch, und die Pfeile fielen zurück in die Menge. Verschiedene Einwohner hielten den heranfegenden Wesen Kreuze entgegen, andere schleuderten Flüche. Nichts half.
    Ein herzzerreißender Schrei – beinahe Sirenenklang – tönte von der Spitze der Vampir-Luftflotte herab. Dann begannen die vordersten Vampire im Sturzflug spiralenförmig auf die Stadt hinabzufegen, ganz wie ein flatternder, weit ausschwingender schwarzer Umhang,

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