Zeit und Welt genug
der die Inseln einhüllte.
Auf dem Platz war der Wahnsinn ausgebrochen. Isis, Josh, Jasmine und Wass erstiegen Statuen, verbargen sich hinter Treppen und pressten sich an Wände, um im Gewühl nicht zerquetscht zu werden. Sofort, als genügend Leute vom Platz verschwunden waren – entweder zu ihren Wohnungen geflohen oder tot in den Straßen –, sprang Josh unter der Brücke heraus, wo er sich verborgen hatte, und rannte zum Kanal, in den man Beauty geworfen hatte. Im nächsten Augenblick war Jasmine bei ihm.
Die erste Welle der Vampire stürzte herab, riss entsetzte Menschen vom Boden hoch, schlug die Zähne in ihre Hälse und ließ sie wieder hinabfallen. Soldaten und Matrosen kamen nun in Scharen gelaufen, töteten manche Vampire mit Pfeil und Speer, rangen mit anderen. Die Straßen waren klebrig von Blut.
Josh und Jasmine sprangen gleichzeitig kopfüber in den Kanal. Joshua tauchte tief hinunter und sah im klaren Wasser sehr rasch den Freund, noch immer am Grund festgehalten. Der Zentaur hatte bis auf eine der schweren Ketten alle abwerfen können, aber diese eine hatte sich im Seetang am Grund verfangen, und dort lag er.
Josh erreichte seinen regungslosen Freund im nächsten Augenblick und riss die goldene Fessel ab. Nicht lange danach zogen Mensch und Neuromensch den eiskalten Zentauren ans Ufer. Er war am ganzen Körper blau, seine Augen wirkten starr. Leblos. Jasmine begann mit der Mund-zu-Mund-Wiederbelebung.
Ringsum ging der Kampf weiter. Wass lief geduckt zu Beauty heran und begann mit der Herzmassage auf dem mächtigen Brustkorb des Zentauren. Josh tat dasselbe am menschlichen Brustkorb Beautys. Ein Vampir stürzte mit gellendem Schrei vom Himmel, wie ein zerbrochener Flugdrachen durch die Luft wirbelnd, und prallte fünf Meter entfernt ins Wasser. Auf der anderen Seite der Stadt stieg schwarzer Rauch auf. Überall herrschte Chaos.
Plötzlich begann Beauty zu husten, erbrach sich, zuckte mit den Gliedern, atmete. Die anderen sahen einander in ernster Erleichterung an – noch wagte keiner, sich zu freuen, denn die Luft war immer noch erfüllt von Tod und Wahnsinn.
Bevor jemand etwas sagen konnte, brauste Wind, und scheinbar aus dem Nichts sank zwischen ihnen eine schwarze geflügelte Gestalt herab, grausig und großartig zugleich. Jasmine, Josh und Wass kauerten vor dem am Boden liegenden Zentauren und starrten den geduckten Angreifer mit der verzweifelten Entschlossenheit an, die sich am Ende eines langen Ringens einstellt.
Niemand bewegte sich. Jasmine richtete sich langsam auf, mit zitternden Knien, den Mund halb geöffnet.
»Lon?« flüsterte sie.
Der große Vampir lächelte.
»Kein anderer, Dschasmihn.«
Jasmine schüttelte verwirrt den Kopf.
»Aber –«
Er hob die Hand.
»Keine Zeit jetzt für Fragen. Wir müssen uns beeilen. Seid ihr vollzählig?«
Isis huschte über den Platz, lief zwischen Lons Beinen hindurch und sprang auf Joshuas Schulter.
Josh blickte sich rasch um und lächelte.
»Wir sind vollzählig«, sagte er.
Lon hob den Kopf und öffnete den Mund zu einem Schrei. Sie hörten keinen Laut, aber einen Augenblick später flogen drei weitere Vampire herab und kamen mit ausgebreiteten Schwingen zum Stehen.
»Drei Freunde«, sagte Lon leise. »Lev, Ula und Aba. Sie helfen mir, euch fortzubringen. Kommt.« Er streckte die Hände aus.
Jasmine trat zu ihm. Er schlang die kraftvollen Arme um ihre Hüften, war mit zwei langen Schritten bei Joshua und umfasste auch diesen. Er breitete die Flügel aus und schwang sich hinauf.
Josh hielt den Atem an und sah staunend die Erde unter sich schrumpfen. Er hielt Isis so fest wie Lon ihn und beobachtete, wie die Gestalten am Boden die Größe von Nagetieren und Insekten annahmen. Zwei von Lons Vampir-Freunden hoben Beauty auf eine Art Sitz und flogen hinter Lon her. Der letzte Vampir trug Wass.
Der Wind fauchte Josh ins Gesicht, als Lons schlagende Flügel sie höher trugen, bis er irgendwo über der See die erreichte Höhe beibehielt. Die Inseln blieben weit zurück und glichen Steinen im glitzernden Ozean. Josh war fassungslos; aus solchen Tiefen zu solchen Höhen, in so kurzer Zeit. Alles schien sich um ihn zu drehen.
Sie flogen nach Süden und Osten. Ein großer Falke begleitete sie eine Weile und rauschte davon, um sich interessantere Gesellschaft zu suchen. Ab und zu flogen sie durch Wolken – kalt, feucht, grellweiß. Manchmal wurden sie von einem Aufwind erfasst. Dann spreizte Lon nur die Flügel und ließ sich
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