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Zeit und Welt genug

Titel: Zeit und Welt genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kahn
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mir leid, Mister. Manchmal schnappt sie einfach über. Ihr alter Herr ist von Kopfgeldjägern umgebracht worden. Gehen Sie lieber.« Er gab dem Zentauren sein Geld zurück.
    Beauty trabte hinaus und setzte sich nach hundert Metern ins Gras. Sein Kopf begann zu schmerzen, aber die frische Luft verschaffte ihm wieder Klarheit.
    Eine gute Lektion. Er war Jäger, nicht Detektiv. Häuser, Mauern, Städte – das war nichts für ihn. Außerdem war er im Stall zu vertrauensselig gewesen.
    Zu lange nicht mehr auf der Jagd.
    Er legte sich hin und ließ das Blut an seinem Gesicht von dem kühlen Wind trocknen, der aufkam. Es war Zeit, dazusitzen, zu warten und zu beobachten. Mit seinen Augen und Ohren konnte er auf freiem Feld mehr erreichen als in irgendeiner Scheune oder einem Bordell.
    Er passte seine Sinne der Nacht an und begann mit der Wache.
     
    Josh öffnete die Augen. Keine Schlafgier mehr, kein brennendes, hypnotisierendes Licht. Er lag im Halbdunkel des Zimmers auf dem Rücken. Sekundenlang wusste er nicht, wo er war. Er drehte sich herum und wälzte sich beinahe auf Meli, die still neben ihm lag. Sie zuckte zusammen, dann fuhr sie hoch, starrte ihn an und umarmte ihn freudig.
    »Oh, du lebst«, stieß sie hervor. »Ich hatte solche Angst, dass du –«
    »Was ist geschehen?« Josh schob sich auf einen Ellenbogen. »Was hast du –«
    »Du bist einfach weggekippt. Ich dachte, du bist tot. Ich hatte solche Angst. Ich wusste nicht, was los ist. Du hast dich nicht gerührt, ich wagte keinem etwas zu sagen, und als du nicht wach geworden bist –«
    »Warte, warte.« Er setzte sich auf und sah an sich hinunter. Er war nackt. Er sah sie fragend an.
    »Du bist einfach nicht wach geworden«, erklärte sie. »Ich habe dich geschüttelt und mit dir gesprochen, aber nicht die Alte gerufen, weil sie sonst böse wird, vor allem, wenn sie merkt, dass du meinen Namen geschrieben hast, aber du bist einfach nicht wach geworden, also zog ich mich aus und … Ich tat so, als wäre ich deine Liebste und du hättest mich eben gefunden. Nur habe ich dich gefunden. Aber wach bist du nicht geworden.« Ihre Miene verriet selbstzufriedenes Schuldbewusstsein.
    Josh war verwirrt und gereizt. Er stand auf und zog sich hastig an. Schon zum zweiten Mal war er schlagartig eingeschlafen – ohne Vorwarnung, ohne etwas dagegen tun zu können. Das beunruhigte ihn, weil er sich hilflos fühlte und es dann auch war. Er starrte Meli wachsam an, während ihm durch den Kopf ging, wie sie ihn verraten haben mochte.
    Sie wirkte verletzt.
    »Es tut mir leid, wenn –«
    »Nein, nein, das ist alles in Ordnung. Nur« – er presste die Hände an die Schläfen, als wolle er seinen bösen Verdacht vertreiben – »du hast mir etwas erzählt, von einem Greif und einem Vampir …«
    Sie nickte.
    »Sie warteten auf ihren Freund. Sie waren bösartig.«
    »Wo sind sie hingegangen, Meli?«
    »Die Alte sagte, sie sollten in Zimmer 21 im Gang hier warten. Sie sagte, sie gäbe ihnen Bescheid. Sie führten sich im Salon sehr auf, jemand ging und die anderen waren wütend auf sie, deshalb schickte die Alte sie hinauf.«
    Josh prüfte seine Messer. Der Wind blies jetzt gleichmäßig, nicht stark, aber doch so, dass die Glühfäden in den Lampen des kleinen Zimmers in dunklem Orangerot leuchteten.
    »Zeig mir, wo«, sagte er halblaut. Er wusste, dass Nymphen Geheimnisse gern offenbaren.
    Ihr Gesicht rötete sich, ihre Augen funkelten verschwörerisch. Sie griff nach seiner Hand und führte ihn hinaus.
    Sie standen stumm im Korridor und lauschten. Die glutroten Drähte im Flur wurden abwechselnd heller und dunkler, als draußen der Wind stärker und schwächer blies. Sie gingen leise zum Zimmer 21.
    Unten entstand plötzlich Lärm – laute Stimmen, Schritte, Türenschlagen. Meli sah Josh an.
    »Ich sehe rasch nach«, sagte sie und lief hinunter, bevor er sie zurückhalten konnte. Er ging allein weiter zu Zimmer 21.
    Er legte das Ohr an die Tür. Stille. Er bückte sich und blickte durchs Schlüsselloch. Mattes, elektrisch-rotes Flackern. Er nahm in jede Hand ein Messer und drehte den Türknopf.
    Als er das Schloss schnappen hörte, stieß er die Tür auf und stürmte hinein. Angespannte Stille in einem dunklen Raum. Die Lampe auf dem Tisch, zuerst blutrot, erlosch. Nur zwei kleine Kerzen am Bett gaben noch Licht. Josh drehte sich langsam herum und suchte alle Schatten ab. Als sein Blick auf das Bett fiel, bewegte sich ein Schatten.
    Josh hob das Messer. Der Schatten stand

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