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Zeit und Welt genug

Titel: Zeit und Welt genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kahn
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–« »Das war der Zentaur!« »Er war –« »– jemand bei sich –« »– ihnen nach –«
    Josh ertastete Melis Fensterbrett und zog sich mit einem Schwung hinauf. Durch das Glas sah er sie. Sie saß nackt auf dem Schoß eines orientalischen Vampirs. Mit einer Hand griff sie hinter sich hinauf und streichelte seine bleiche Wange, mit der anderen griff sie zwischen seine Beine und umfasste sein Drängen. Seine rechte Hand griff um ihre Brust und drehte die steife Brustwarze zwischen dem Daumen und einem Zeigefinger mit langem Nagel. Ihr Kopf war auf die Seite gelegt, die Augen hatte sie halb geschlossen. Seine Zähne waren tief in ihrem Hals vergraben, auf ihre Schulter rann kirschschwarzes Blut hinab. Sie ächzte.
    Josh klopfte leise an das Fenster. Meli hob den Kopf und sah sein Gesicht, seine Erscheinung am Fenster. Sie hob langsam den Finger an die Lippen. Unmerklich schüttelte sie den Kopf. Ihr Gesicht zeigte Schalkhaftigkeit und Resignation zugleich und verlangte Verständnis. Ihre Blicke trafen sich. Ihre Augen sprachen für sie. Joshua stieg an der Hauswand hinunter.
    Als er auf Beautys Rücken sprang, riefen Jarls Soldaten im Salon zur Verfolgung auf. Man hörte Schreie, Flüche, Knurren. Die Alte sagte: »Ich wusste, dass der Junge Verdruss bringt.«
    Beauty galoppierte in der entgegengesetzten Richtung von jener davon, in die ihn die Soldaten das erste Mal hatten flüchten sehen. Er hörte lange Zeit nicht auf mit Rennen und Hakenschlagen. Sie waren keine Jäger mehr, sondern Gejagte.

 
Kapitel 4
     
    Darin verdoppelt sich die Gesellschaft
    und
    findet ein Maskottchen
     
    S ie liefen zwei Stunden lang, zuerst nach Süden, dann nach Osten, nach Süden und nach Westen. Sie erreichten die Küste, als der Mond unterging, und rannten eine Stunde lang durch die salzige Brandung, bis sie eine Stelle fanden, wo von den Klippen über dem Meer Felsbrocken und Schiefer herabgestürzt waren. Sie stiegen dort hinauf und hinterließen keine Fährte. Wieder ging es weiter nach Osten. Noch eine Stunde lang hielten sie sich an Bachbette und Wildpfade und ruhten nicht, bis sie eine Höhle mit Hinterausgang zum Rand eines kleinen Waldes gefunden hatten, gerade als die trügerische Dämmerung ihre Augen aufschlug. Sie schliefen bis in den späten Vormittag hinein.
    Die Nachtkühle verging nur langsam, selbst am Waldrand. Als Josh wach wurde, lag er an Beautys Fellbauch, wegen der Kälte zusammengerollt. Er stand auf, rieb sich den ganzen Körper und schüttelte den Schlaf ab, dann erstarrte er, legte den Kopf auf die Seite und lauschte auf alles, was der Wald ihm mitteilen mochte.
    Der Wald hatte viel zu sagen. Der Wind in den Wipfeln kam von Westen, stark, schlecht für Fährtensuche. Ein Holzspecht ratterte ein Mittagslied. Ein Grillenchor unterhielt sich mit Melodien; sie waren scheu bei Publikum, und man konnte sich darauf verlassen, dass die Vorstellung aufhörte, wenn Zuhörer erschienen. Das Licht war geflecktes Grün und Braun. Joshua bekam es nie satt.
    Er zog Papier aus einem seiner Schreiber-Röhrchen und bedeckte es mit kleinen Schriftzügen aus seinem Federkiel, zeichnete auf, was sich bisher zugetragen hatte. Er versuchte auf diese Weise mindestens einmal am Tag die Dinge festzuhalten, obwohl er wusste, dass das Wort gelegentliche Versäumnisse verzieh. Als er fertig war, rollte er das Papier zusammen und steckte es in das Röhrchen, das er wieder im Stiefel versenkte.
    »Das Wort ist groß, das Wort ist eins«, sagte er leise vor sich hin.
    Beauty stand auf, schüttelte sich am ganzen Körper und veranlasste einen Eichelhäher, ihn eine ganze Minute lang zu beschimpfen. Als der blaue Zornvogel endlich in rechtschaffener Empörung davonflog, blickte Josh zu Beauty hinüber und sagte: »Nun?«
    Beauty reckte sich.
    »Wegen Jarls Schergen brauchen wir uns keine Gedanken mehr zu machen. Falls sie unsere Spur überhaupt finden, dauert das Tage. Wir sind dann längst nicht mehr hier.«
    »Das ist nur halb gut«, meinte Joshua lächelnd. »Wir sind selbst auf einer ziemlich kalten Fährte.«
    »Wir wissen, dass sie nach Süden gegangen sind«, sagte der Zentaur.
    »Süden, das ist groß.«
    »Wir könnten direkt nach Ma’ Gas’ gehen, wo der Greif lebt.«
    »Wir wissen nicht, ob sie dahin wollen. Und ich möchte sie lieber einholen, bevor sie so weit gekommen sind.«
    Beauty gab ihm recht.
    »Am besten folgen wir einem unbestimmten Weg zwischen dem Bordell, das sie in der Nacht verlassen haben, und dem

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