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Zeit und Welt genug

Titel: Zeit und Welt genug Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kahn
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weitersprach.
    »Seit dem Eis ist die Zeit nirgends mehr ganz so wie ehedem«, sagte sie. »Hat du das auch festgestellt? Vielleicht liegt es daran, dass es nur noch so wenige Menschen gibt und sie es immer waren, die auf die Zeit geachtet haben. Sie versuchten, sie in ihrer Struktur zu halten, unveränderlich. Das ist sie natürlich gar nicht. Die Tiere wussten das immer schon, dass sie vielschichtig und veränderlich ist wie jede Dimension. Vielleicht verschwindet also nur zusammen mit den Menschen die menschliche Fehlbetrachtung.«
    Josh sah sie an.
    »Meine Rasse verschwindet nicht. Was soll das heißen?«
    »Ihr seid die letzten eurer Art, fürchte ich. Als die Eiszeit begann, nach den Klon-Kriegen, gab es schon nicht mehr sehr viele von euch, und jetzt … tja. Ihr steckt in einer Sackgasse, fürchte ich. Zwischen der Scylla Gletschereis, das immer näher kriecht, und der Charybdis all der einfallsreichen, diabolischen Raubgeschöpfe, die ihr genetisch hervorgebracht habt. Wir sind in gewisser Weise sogar sehr vom Glück begünstigt, dass wir den Untergang miterleben dürfen – ein erstaunliches Stück Entwicklungsgeschichte wird vor unseren Augen abge –«
    »Aufhören!« sagte Josh halblaut. Er hielt ihren Arm fest. Sein Gesicht verriet Angst und Unglauben.
    Sie verstummte und sah ihn lange aus ihrer Wolke an.
    »Es tut mir leid«, sagte sie leise. So sog an ihrer Opiumpfeife. »Wir sprachen von der Zeit, die mir früher sehr konstant erschien. Jetzt ist sie einmal dicht, einmal dünn, wie das Wetter.«
    »Es ist nur unsere Langlebigkeit«, meinte Jasmine. »Das verändert den Blickwinkel. Ich weiß aber, was du meinst.«
    »Mag sein. Es ist, als könne man die Feinheiten nur erkennen, wenn man sie auf lange Sicht beobachtet.« Sie reichte die Pfeife an Jasmine weiter.
    Jasmine nahm sie und lächelte.
    »Mit Lichtgeschwindigkeit haben wir unsere Waffen hier durchgeschleust …«
    Wass ging sofort darauf ein.
    »Als Hepatitis die Vampir-Kolonien dezimierte. Aber es gibt nicht mehr viele Waffen …«
    »Nein«, sagte Jasmine. »Die Schusswaffen sind praktisch alle zerstört worden, als die Tiere sich in den Klon-Kriegen aufbäumten …«
    »Zusammen mit allen Klonen«, meinte Wass lachend.
    Jasmine schwieg.
    Josh fand diese Gespräche beunruhigend. Er dachte immer noch an Wass’ beiläufige Bemerkung über das Ende der menschlichen Rasse. Er erinnerte sich an Jasmines Worte, dass die Menschen sich einmal beinahe selbst vernichtet hatten, war aber davon ausgegangen, dass sie sich wieder vermehren und stark werden würden; ihre Zeit würde kommen.
    Vielleicht aber auch nicht.
    Diese Neuromenschen wussten mehr als die meisten Tiere; sie hatten mehr gesehen. Die hingeworfene Bemerkung von Wass hatte einen eisigeren Hauch als der Dezemberregen.
    Jasmine hob den Kopf.
    »Zu diesen Klonen«, sagte sie. »Man hat uns heute einen angeboten. Ist das möglich?«
    Josh und Beauty lehnten die Pfeife beide ab. Sie ging zurück zu Wass, die den Rauch tief einsog, bevor sie antwortete.
    »Sie sind vor einigen Jahren wieder eine Zeitlang hervorgebracht worden – versuchsweise. In einer Burg an der Mündung des Sticks gibt es eine Gruppe von Neuromensch-Bioingenieuren. Sie haben wieder angefangen. Es hat Experimente gegeben …«
    »Dann sind die Gerüchte von einem neuen Tier nicht ohne Grundlage?« meinte Jasmine.
    »Keine Gerüchte.« Wass ließ sich auf ein Kissen zurücksinken. »Es gibt ein neues Tier. Die Neuromenschen haben es konstruiert und es zum Herrscher ihrer Stadt gemacht.« Ihre Lider sanken halb herab.
    »Wie ist es, das neue Tier?«
    »Niemand weiß es. Außer einer kleinen Schar von Neuromensch-Ingenieuren hat es bisher niemand gesehen. Angeblich besitzt es enorme Kräfte.«
    »Das hieß es von vielen Unglücksfällen auch«, gab Jasmine dumpf zurück.
    »Unglücksfall oder hochfliegender Plan. Mir sagt das nur eines: Wer aus der Geschichte nicht lernen will, ist dazu verurteilt, sie zu wiederholen.«
    Jasmine bekam schmale Lippen.
    »Was weiß man von dem Tier sonst?«
    Wass’ Lider sanken noch tiefer.
    »Nur Spekulationen oder Mutmaßungen. Es soll Menschenopfer verlangen.« Josh und Beauty richteten sich auf. »Oder die Menschen werden dort alle nur zu Versuchszwecken hingeschafft«, fuhr Wass fort. Sie starrte Josh von der Seite an, als wollte sie sagen: Schluck das; deine Tage sind gezählt.
    Josh sprach im Zorn, gedämpft durch Verzweiflung.
    »Deshalb sind wir hier! Um sie zu retten!«
    Wass

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