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Zeitbombe Internet

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Titel: Zeitbombe Internet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fischermann
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sieht es so aus, als sei der arglose Benutzer des gehackten Computers der Schuldige. Irgendwann steht dann die Polizei vor der Tür.
    Und Zombie-Computer können Spam verschicken – der Teufelskreis der Schadsoftware schließt sich.
    Im Obergeschoss der Mannheimer Informatik-Fakultät, nur ein paar Türen vom Büro des vorsichtigen Professor Freiling entfernt, surren Computer in zwei riesigen Kühlschränken. Lämpchen blinken. Etwa fünfundzwanzig Rechner in grau und schwarz sind ringsherum im Raum verteilt, ein Bildschirm thront auf einem provisorischen Aufbau, ein bisschen schief. Das Zimmer, in dem die Mannheimer »Honeypots« bösen Bären im Internet auflauern, ist kaum größer als eine Besenkammer. Irgendwer hat auch noch paar Kisten Sprudel hinter die Tür geschoben. Und ein paar Flaschen Sekt.
    Honeypots sehen auf der ganzen Welt so aus wie dieser, egal ob sie in einer Universität stehen, bei einer Antivirenfirma oder bei einem Computergiganten wie Microsoft. Doch sie haben ein gemeinsames Problem: Sie sind überlastet. Allein mit den tausendfachen Varianten von ZeuS zu kämpfen, kann solche Honigtopf-Netzwerke und die Schadsoftware-Analysten tagelang in Atem halten. Und ZeuS ist nur eine Schadsoftware von vielen! Die Antivirus-Firma Symantec erklärte, dass sie allein im vergangenen Jahr mehr Schadsoftware untersuchen musste als in sämtlichen Jahren zuvor – zusammengenommen.
    Die Sicherheitsfirma Kaspersky Labs gab an, dass 6,29 Prozent aller von Kaspersky Lab analysierten E-Mails schädliche Dateien enthielten, doppelt so viele wie im Vorjahr. Die Sicherheitsfirma Panda Labs gab im September 2010 bekannt, dass nach ihren Schätzungen die Botnetze der Unterwelt jede Woche 57.000 neue Betrugswebseiten anlegten, auf die sie unbedarfte Computerbenutzer locken, um ihre Daten und ihr Geld zu erbeuten. Die größten dieser Botnetze haben Millionen von Computern in ihrer Gewalt.

    Die Honigtöpfe der Forscher und Verbrechensbekämpfer sind von der Flut neuer Widersacher häufig überwältigt. »Allein die Analyse all dieser neuen Varianten erzeugt einen immer höheren Aufwand«, sagt Professor Freiling.
    Technikexperten graut schon davor, dass im Augenblick so viele Rechner in Schwellenländern in Lateinamerika und in Afrika ans Netz gehen – dort benutzen nur vergleichsweise wenige Menschen überhaupt Antivirensoftware, sodass mit der Verbreitung riesiger Zombie-Netzwerke zu rechnen ist. Sie fürchten sich vor der rapiden weiteren Verbreitung von Smartphones, die ja ebenfalls ständig am Netz hängen – aber selten gegen schädliche Software geschützt sind. Im Herbst 2010 berichteten chinesische Medien, dass ein »Zombie-Netzwerk« von einer Million infizierter Smartphones herangewachsen sei – und sich aus der Ferne durch SMS-Nachrichten kontrollieren lasse.
    Doch wer steckt wirklich hinter dieser Explosion von Angriffen und Schadprogrammen? Professor Freiling hat versucht, der Sache auf den Grund zu gehen. »Wir hatten ein Programm untersucht, das unbemerkt die Tastatureingaben eines Computers aufzeichnete und ins Internet verschickte«, erzählt er. »Wir sind der Spur einmal nachgegangen und haben den Computer ermittelt, an den diese Tastatureingaben verschickt wurden.« Freiling hat sich damals gewundert. Die Daten der Täter waren gar nicht weiter abgesichert. Er konnte einiges über ihre Identität und ihre Aktivitäten herausfinden.
    Es dauerte aber nicht lange, da erhielt Professor Freiling eine Nachricht in seiner E-Mail-Box. Wenn er sich so für das Geschäft mit den geklauten Tastatureingaben interessiere, dann könne man ihm da noch weiterhelfen. Ein Unbekannter schlug ihm ein Treffen vor. In Basel. Als Freiling mit der Polizei und mit der Presse Kontakt aufgenommen hatte und versuchte, den Termin in Basel zu bestätigen, gab es die Mail-adresse seines unbekannten Korrespondenzpartners schon nicht mehr.
    Â»Ich gehe davon aus, dass das möglicherweise als Drohung gemeint war«, sagt Freiling heute. »Die Kriminellen waren
sauer. Und auch die Polizei war sauer, weil sie gerade eine eigene Untersuchung laufen hatte.« Beim BKA warnten sie ihn, er solle sich lieber heraushalten, die Sache sei gefährlich. Freiling vermutet heute, dass er in einen Krimi hineingetappt ist.
    Und ehrlich gesagt: Im Vergleich zu einigen anderen Leuten, die den Spam-Erzeugern quer

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