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Zeitbombe Internet

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Titel: Zeitbombe Internet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Fischermann
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auch noch individuell angepasst. Criteo wurde vor wenigen Jahren in Frankreich gegründet, macht inzwischen dreistellige Millionenumsätze und ist in Europa und den USA aktiv.
    Der Gründer Jean-Baptiste Rudelle ist stolz darauf, dass »wir in Europa einmal so viel weiter vorn sind als die Technologiefirmen in den USA«. Sein Dienst funktioniert folgendermaßen: Criteo arbeitet beispielsweise mit dem Onlineschuhhändler Zalando zusammen und platziert jedem Zalando-Besucher ein Cookie auf den Computer.
    Cookies sind kleine Programme, die sich auf Dauer in Computern einnisten, es sei denn, der Besitzer entsorgt sie. Unterlässt er es, kann der Absender eines Cookies aufzeichnen, was der Nutzer eines bestimmten Computers bei ihm auf der Internetseite macht, denn er erkennt den Nutzer anhand einer einmaligen Nummer, die im Cookie gespeichert ist, immer wieder. Alle großen Internetseiten senden solche Cookies: Amazon, eBay, Zalando und wie sie heißen. Über die Zeit können die Betreiber von Internetseiten viele Hunderttausend
oder auch Millionen Nutzer einordnen und ihren Geschmack oder ihr Verhalten kartografieren. Wenn derjenige dann auch einmal kauft, kommt zu dem Profil ein Name, eine Lieferadresse und eine Bankverbindung.
    Ein Surfer trägt aber noch ein zweites Identifikationsmerkmal im Internet mit sich herum: eine temporäre IP-Adresse. Das ist quasi die Anschrift des Computers im Internet. Diese IP-Adresse bekommt der Surfer von seinem Internetzugangsanbieter, also von Firmen wie t-online und United Internet, und er behält sie für maximal 24 Stunden. Deshalb heißt sie »temporär«. Danach bekommt jeder eine neue IP-Adresse. Der Sinn des Ganzen war, dass die Architekten des Internets davon ausgingen, dass man die technische Infrastruktur dadurch einfacher halten könne, wenn man IP-Adressen nur an diejenigen verteilt, die gerade online sind. Weil Händler aber ihre Kunden immer eindeutig identifizieren wollen, haben sie unter anderem die Cookies entwickelt, die fest auf einem Computer haften.
    Zurück zu Criteo. Die Firma kennt ihre Cookies und dazu die aktuellen IP-Adressen von Konsumenten, die gerade bei Zalando stöbern. Wenn nun ein Kunde ein paar Schuhe anschaut, dann aber zu einer anderen Internetseite surft, taucht er dort mit seiner temporären IP-Adresse auf und wird vermarktet. Die andere Internetseite meldet darum an ein Echtzeit-Auktionshaus wie AppNexus: »Kriege gerade Surfer mit der IP-Adresse X rein, wer bietet für die Werbeplätze auf meiner Seite, die IP-Adresse X zu sehen bekommt?« Die Maschinen von Criteo sehen das Angebot, schauen nach, ob sie die IP-Adresse kennen und ordnen ihr die eigene Cookie-Nummer zu. So wissen sie, welcher Kunde da gerade angeboten wird. »Das ist doch der, der bei Zalando war und sich Cowboystiefel und Badelatschen angesehen hat.« Als nächstes versucht die Firma, ihn wieder zu Zalando zu locken. Also bietet Criteo für die Werbeplätze auf der Internetseite, wo sich der potenzielle Schuhkäufer gerade befindet. Bekommt die Firma den Zuschlag, baut sie – auch innerhalb von Millisekunden – ein Banner mit Fotos von genau den Schuhen, die sich der Surfer
bei Zalando angeschaut hatte, und schickt es dorthin, wo der Surfer gerade ist. Tatsächlich reagieren überdurchschnittlich viele Kunden auf solche Werbung, sonst würde Criteo nicht so schnell wachsen. Die Werbekunden sind zufrieden.
    Darf ich Ihnen folgen? Wie digitale Doppelgänger entstehen
    Wie nah die Supercomputer den Surfern auf den Fersen sind, zeigt auch ein Blick in die großen Sammelstellen. Sie versuchen Millionen Menschen nicht nur als Schuhkäufer, sondern als ganze Konsumenten zu erfassen.
    Die Datensammelstellen gehören Telefongesellschaften, Internetkonzernen wie Google, Onlinehändlern wie Amazon, Geräteherstellern wie Apple, hinzu kommen Adresshändler, Werbeagenturen und ihre Dienstleister, Kredit-Bewerter wie die Schufa und Firmen, die sozio-demographische Datenbanken aufbauen. Dort landen die Daten, die Konsumenten mit ihren Handys und Computern erzeugen, mit Kundenkarten hinterlassen, bei Fluggesellschaften, Banken, Kreditkartenunternehmen und in populären Sozialen Netzwerken speichern (siehe Kapitel 4). Und die Datensammler werfen ihre Netze immer weiter aus, die Maschen werden enger, so eng, dass kaum einer mehr durchrutscht. Seit Jahren ist beispielsweise zu beobachten, wie vier

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