Zeitbombe
länger ich darüber nachdenke, desto weniger Sorgen mache ich mir. Vielleicht ist es ja wirklich so, dass Britta und ich aufgeflogen sind und irgendjemand es Norbert gesteckt hat. Danach hat er sich besoffen und liegt jetzt in irgendeinem Hotelzimmer und schläft seinen Rausch aus.«
»Was würde das denn für dich bedeuten, wenn ihr beide aufgeflogen wärt? Vögelst du nur mit ihr, oder ist da mehr dran?«
Lenz’ Kollege schloss die Augen und dachte eine Weile nach.
»Nein, das geht über eine reine Bettgeschichte weit hinaus. Wenn ich nur daran denke, wie sie für mich da war, als der Krebs sich bei mir eingenistet hatte. Das war der Wahnsinn. An manchen Tagen war sie drei Mal im Krankenhaus und hat sich an mein Bett gesetzt.«
Gecks sprach von seiner Prostatakrebserkrankung vor etwas mehr als einem Jahr.
»Sie hätte ihn auch schon längst verlassen, wenn nicht seine schwer pflegebedürftige Mutter bei ihnen im Haus leben würde. Britta kümmert sich um die alte Frau und will das auch nicht aufgeben. Und sie sagt, dass es ihrer Schwiegermutter das Herz brechen würde, wenn sie Nobby verließe, was ich durchaus verstehen kann.«
»Dann wartet ihr also schon so viele Jahre darauf, dass sich die Sache biologisch lösen wird?«
»Schon, ja.«
Lenz sinnierte kurz über seine eigene Geschichte nach und wie sehr er es sich jahrelang gewünscht hatte, mit Maria leben zu können.
»Wie oft seht ihr euch denn?«
»Ziemlich oft. Nobby sammelt nicht nur Wasserpfeifen, er ist auch ein leidenschaftlicher Angler, was bei der Planung des Ehebruchs einiges vereinfacht.«
»Das glaube ich gern«, erwiderte Lenz mit einem süffisanten Grinsen.
»Was lachst du?«
»Na ja, ich dachte gerade so, dass einer, der Wasserpfeifen sammelt und leidenschaftlicher Angler ist, schon nicht unter die Räder kommt. Auch wenn er beim Rauschgiftdezernat arbeitet.«
»Der ist doch ein reiner Schreibtischhengst. Einen echten Dealer hat er sicher schon seit Jahren nicht mehr zu Gesicht gekriegt.«
Lenz sah auf seine Armbanduhr und stand danach auf.
»Mehr als warten können wir im Augenblick nicht tun, das siehst du ja selbst, also gehe ich rüber in mein Büro und mach noch ein bisschen Schreibkram, bevor ich mich ins wohlverdiente Wochenende stürze. Halt mich auf dem Laufenden, wie eure Geschichte weitergeht, ja? Und für euch beide viel Glück.«
Damit drehte er sich um und wandte sich zur Tür.
»Paul?«, kam es hinter seinem Rücken.
Der Hauptkommissar drehte sich um und sah seinen Kollegen gespannt an.
»Ja, RW?«
»Das, was ich dir gerade erzählt habe, bleibt doch unter uns?«
»Versprochen.«
»Auch nicht Thilo?«
»Ehrenwort, auch nicht Thilo.«
»Gut«, bestätigte Gecks erleichtert. »Weißt du übrigens schon, wer Ludgers Nachfolger wird?«
Lenz schüttelte den Kopf. »Uwe hat mir vorhin erzählt, dass der Zwick bei der Nachfolgefrage dick im Geschäft sein soll. Aber das kann und will ich mir beim besten Willen nicht vorstellen.«
»Es stimmt aber«, entgegnete sein Kollege. »Franz Zwick wird der Nachfolger von Ludger Brandt.«
Lenz sah ihn irritiert an.
»Du sagst das so, als wäre es schon beschlossene Sache.«
»Ist es.«
»Du bist ganz sicher?«
»Hundertprozentig.«
Lenz verließ kopfschüttelnd und ohne weiteren Gruß das Büro.
»Warum weiß hier eigentlich jeder immer deutlich mehr als ich«, mäkelte er, während er auf den Flur trat.
3
»Ich liebe den Freitag«, frohlockte Thilo Hain und zog sich sein leichtes Leinensakko über.
»Und ich erst«, stimmte Lenz ihm nach einem Blick auf die Uhr über der Tür in seinem Büro zu.
»Wenn weder Mord noch Totschlag passieren«, fuhr der Hauptkommissar fort, »was wir natürlich alle hoffen, sehen wir uns am Montagmorgen in alter Frische wieder. Vielleicht ist dann auch schon offiziell, dass Franz Zwick Ludgers Nachfolger wird.«
»Möge der Himmel uns davor bewahren«, erwiderte Hain, nickte kurz mit dem Kopf und verließ den Raum, um das Wochenende zu beginnen. Lenz blieb noch ein paar Minuten länger, um einen längst überfälligen Bericht zu Ende zu bringen, und machte im Anschluss ebenfalls Feierabend.
Auf dem Nachhauseweg hielt er kurz an einem Blumenladen an, besorgte ein Dutzend Rosen der Sorte, die Maria am liebsten mochte, und setzte dann seinen Weg fort. Um kurz vor 14 Uhr betrat er die Wohnung in Wilhelmshöhe, versorgte die Blumen und legte sich im Anschluss in die Hängematte auf der Terrasse, die er für die große Liebe
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