Zeitbombe
Uwe?«
»Ich will mal ein paar Telefonate führen«, erklärte der Pressesprecher und ging zur Tür. »Vielleicht können wir das eine oder andere Problem auf dem kleinen Dienstweg lösen.«
Damit verließ er den Raum.
»Gut«, nahm Lenz den Faden wieder auf. »Wir müssen herausfinden, ob es zwischen Norbert Schneider und Wolfram Humpe eine Verbindung gibt, die in dem damaligen Prozess ihren Ursprung findet, oder ob es da etwas anderes gegeben haben könnte.«
Der Hauptkommissar sah Rolf-Werner Gecks eindringlich an.
»Ich weiß, dass es nicht so richtig koscher ist, RW, aber ich will, dass du mit deiner Freundin Britta sprichst. Lass dir alles erzählen, was sie über die Sache von damals noch weiß. Geht das?«
Sein Kollege nickte.
»Dann kannst du von mir aus jetzt abhauen«, setzte Lenz grinsend hinzu.
»Nein, jetzt noch nicht«, gab Gecks nach einem kurzen Blick auf seine Uhr völlig ruhig zurück. »Du hast erst 27 Minuten verplempert, und die restlichen drei will ich auf keinen Fall versäumen.«
»Thilo, du müsstest dich an den Computer setzen und versuchen, ob es im Internet irgendwas gibt, das uns weiterhelfen könnte.«
Hain verzog verblüfft das Gesicht.
»Ich sag es dir nicht gern, du Informationstechnologietotalverweigerer, aber zu der Zeit, in der die Nummer sich abgespielt hat, gab es noch gar kein Internet. Wonach sollte ich demzufolge suchen?«
»Versuch es halt. Wenn es was gibt, gut, wenn nicht, müssen wir ohne diese Quelle auskommen. Außerdem …«
Wagner schob sich durch die Tür zurück ins Büro. Sein Gesicht drückte tiefe Besorgnis aus.
»Ist er tot?«, fragte Lenz.
Der Pressesprecher schluckte, bevor er antwortete.
»Nein, tot ist er ganz und gar nicht. Er ist einer derjenigen Sicherungsverwahrten, die nach dem Urteil des Gerichtshofs für Menschenrechte rausgelassen werden mussten, was vor gut einem Vierteljahr passiert ist.«
»Wer hat dir das gesteckt?«, wollte Hain wissen.
»Ich habe euch doch gestern erzählt, dass ich ab und zu mit der Leiterin der Strafanstalt in Wehlheiden Squash spiele. Die habe ich eben angerufen. Sie hat mich allerdings weiterhin darüber informiert«, fuhr er mit einem stechenden Blick Richtung Lenz fort, »dass dieser Rüdiger Bornmann körperlich ein echtes Wrack ist. Der, und jetzt zitiere ich sie mal, bewegt sich auf einen Stock gestützt vorwärts und wirkt dabei wie ein alter Mann. Außerdem gibt sie zu bedenken, dass der Typ rund um die Uhr überwacht wird. Und wie sollte ein offensichtlicher Krüppel, der unter ständiger Beobachtung der Polizei steht, zwei Morde begehen?«
»Das stimmt«, gab Lenz nach einer kurzen Bedenkzeit zu. »Wenn Bornmann wirklich so kaputt ist, wie sie sagt, ist meine Theorie komplett für die Tonne.«
»Verlass dich drauf, Paul. Die Frau kennt ihn seit Jahren.«
»Also«, resümierte der Hauptkommissar geknickt, »haben wir einen toten Russen, der für die Morde nicht in Frage kommt, weil er sie technisch nicht hätte ausführen können, und wir haben einen lebenden Deutschen, der unter den noch zu prüfenden Umständen möglicherweise ein perfektes Motiv hätte, sich aber ebenfalls selbst aus dem Rennen nimmt, weil er schwerbehindert ist.«
»Wie wäre es, wenn wir darüber nachdenken würden, dass einer der beiden sich eines Helfers bedient haben könnte?«, warf Gecks ein.
»Bei dem Russen schließe ich das nach dem Gespräch mit seinem angeschossenen Adlatus aus. Der ist zwar kräftig und vermutlich auch ziemlich brutal, aber mit bescheidenen geistigen Fähigkeiten ausgestattet. Außerdem hat er totalen Schiss, dass wir ihn zurück nach Russland schicken, wo 20 Jahre Arbeitslager auf ihn warten. Also glaube ich ihm erstens, dass er Arkadjews einziger Helfer war, und ich glaube ihm weiterhin, dass er davon gewusst hätte, wenn sein Boss etwas in dieser Richtung geplant hätte.«
»Was du aber im Falle des Rüdiger Bornmann nicht so ohne Weiteres annehmen kannst«, warf Thilo Hain ein, der seit ein paar Minuten hinter dem Monitor des Computers auf Lenz’ Schreibtisch abgetaucht war. »Also sollten wir dem Mann einfach einen Besuch abstatten und ihn uns anschauen.«
Er stand auf und kam um den Tisch herum.
»Zur Not könnten wir zu Fuß bei ihm vorbeigehen, er wohnt nämlich direkt am Stern. Das sagt zumindest das Melderegister.«
»Was ich immer noch nicht ganz rundkriege«, bemerkte Rolf-Werner Gecks, »ist, dass Bornmann erst vor einem Vierteljahr aus der Haft, oder besser der
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