Zeitbombe
Sicherungsverwahrung, entlassen worden ist. Ich kann mich nämlich gar nicht daran erinnern, dass gegen ihn damals die Sicherungsverwahrung angeordnet wurde.«
»Da kann ich dir weiterhelfen«, mischte Wagner sich ein. »Er hat während der Haft einen Mitgefangenen getötet, vor etwa zehn Jahren, angeblich in Notwehr. Trotzdem gab es erstens einen Nachschlag auf seine Strafe, und zweitens wurde kurz vor deren Ablauf nachträglich die Sicherungsverwahrung angeordnet.«
»Woraufhin der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte mit seinem richtungsweisenden Urteil kam und ihm das Tor wieder aufgesperrt hat«, setzte Gecks zynisch hinzu.
»Genau«, meinte Wagner.
25
»Ich will mir drüben in der Eisdiele schnell ein Eis holen. Soll ich dir eins mitbringen?«, fragte Hain seinen Chef, nachdem er den Mazda in die Parklücke vor einem türkischen Gemüseladen unterhalb der Kreuzung am Stern gequetscht hatte.
»Das ist doch mal eine richtig gute Idee, Thilo. Ich nehme einmal Vanille und einmal Schokolade.«
»Waffel oder Becher?«
Lenz betrachtete den flimmernden Asphalt und entschied sich für einen Becher. Während sein Mitarbeiter sich auf die Eisdiele auf der anderen Straßenseite zubewegte, sah er sich ein wenig genauer um. Zu beiden Seiten der vierspurigen Straße, die in der Mitte von Schienen geteilt wurde, befanden sich jede Menge Restaurants, die meisten davon mit türkischem Flair. Es gab ein paar Computerläden und ein größeres Elektrofachgeschäft, in dessen Schaufenster eine Vielzahl von Flachbildfernsehern lief. Während der Kommissar sich noch wunderte, dass es an diesem extrem heißen Sonntag in der ganzen Straße so gut wie keinen Parkplatz gab, kam Hain mit zwei bunten Bechern in den Händen auf ihn zugeschlendert.
»Da drüben in dem roten Vectra sitzen die Kollegen, die ihn observieren«, bemerkte er mit einer Kopfbewegung und reichte Lenz dabei einen Becher weiter.
»Die armen Schweine können einem richtig leidtun«, gab Lenz zurück.
»Gehen wir mal rüber?«
»Ja, aber lass uns zuerst in Ruhe unser Eis essen.«
»Tag, Kollegen«, begrüßte Hain die im Wagen dösenden Polizisten und hielt dabei seinen Ausweis hoch. »Alles klar?«
»Ja, klar, alles klar«, erwiderte der leicht erschreckte Mann auf dem Beifahrersitz und nickte sowohl Hain als auch Lenz, die beide neben der Tür standen, zu.
»Ist euer Schützling zu Hause?«
Der Mann auf dem Beifahrersitz tauschte einen kurzen Blick mit seinem Kollegen hinter dem Lenkrad aus.
»Ja, klar ist er zu Hause. Sonst würden wir ja nicht hier rumsitzen, oder?«, erwiderte er.
»Das stimmt. Gab oder gibt es irgendwelche Probleme mit ihm?«
Wieder ein kurzer Blickwechsel.
»Nein, alles in Ordnung«, lautete die Replik von der Fahrerseite. »Wir verstehen zwar nicht, warum wir einen schwerbehinderten alten Mann, der kaum laufen kann, rund um die Uhr bewachen müssen, aber das geht uns ja eigentlich auch gar nichts an. Wir sitzen halt hier rum und reißen unsere Stunden ab.«
»Ist ganz schön langweilig, oder?«, mischte Lenz sich ein.
»Wir können gern tauschen«, meinte der Beifahrer mit der Andeutung eines Lächelns.
»Meint ihr, wir können ihm einen kurzen Besuch abstatten?«, wollte Hain wissen.
»Das würde ich lassen«, erwiderte der Polizist auf der Fahrerseite eine Spur zu schnell und beugte sich dabei über die Beine seines Kollegen, um die beiden Männer vor dem Wagen besser sehen zu können. »Wir hatten gestern eine Begegnung der dritten Art mit ihm, die uns eine ganze Menge Ärger eingebracht hat, deshalb kann ich von einem Besuch nur abraten. Unser Boss hat persönlich von ganz oben die Order gekriegt, den Mann nur zu observieren. Nichts sonst.«
»Wow. Wirklich von Polizeipräsident Bartholdy persönlich?«
»Richtig. Und ich kann euch nur dringend empfehlen, euch daran zu halten.«
»Worum ging es denn bei dieser Begegnung der drit ten Art?«, überging Hain den Tipp seines Kollegen non chalant.
»Er wollte uns vorführen und hat uns in der Therme verladen. Ist, entgegen seinen sonstigen Gewohnheiten, nicht ins Bad rein, sondern hat sich irgendwie an uns vorbeigeschlichen und ist nach Hause gegangen. Als wir es gemerkt haben und ihn dazu befragen wollten, hat er eine Streife gerufen und sich über unsere Belästigung beschwert. Der Mann kennt sich aus, kann ich dazu nur sagen.«
»So, so«, machte Lenz aus dem Hintergrund. »Aber heute ist er ganz brav gewesen und hat euch nicht verladen?«
»Nein«,
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