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Zeiten der Hoffnung: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Zeiten der Hoffnung: Roman (insel taschenbuch) (German Edition)

Titel: Zeiten der Hoffnung: Roman (insel taschenbuch) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karsten Flohr
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Eintreffen zugeraunt: »Ich weiß von deinen Plänen, sie gefallen mir.« Charlotte war erleichtert darüber. »Ich hatte Angst, du würdest es mir verbieten«, sagte sie, als sie sich am Tisch allein gegenübersaßen. »Wo es doch mein größter Wunsch ist.«
    »Verbieten?«, fragte Wilhelm. »Wie sollte ich dir etwas verbieten?«
    »Nun, als mein künftiger Mann kannst du natürlich entscheiden, was falsch und was richtig für mich ist. So ist das nun mal, wusstest du das nicht?«
    Er lächelte sie an. »Nein, eigentlich nicht. So mögen es vielleicht deine oder meine Eltern halten, aber ich glaube nicht, dass das die richtige Form für uns wäre.«
    »Aber warum denn nicht? Männer wissen nun mal, was gut und schlecht ist, dafür werden sie ja ausgebildet, besuchen die Universitäten und das Militär. Die Dinge geschehen nicht von ungefähr.«
    »Nein«, antwortete Wilhelm, »das tun sie gewiss nicht. Nichts geschieht von ungefähr, hinter allem steckt jemand, der die Dinge in die eine oder andere Richtung lenkt. Aber stell dir mal vor, es ist dein größter Wunsch, in Afrika im Krankenhaus zu arbeiten – und ich würde es dir untersagen«
    Sie sah ihn fragend an.
    »Stell es dir nur mal vor.«
    »Ja«, sagte sie, »ich stelle es mir gerade vor. Dann würde ich eben nicht fahren. Ich würde niemals etwas gegen deinen Willen tun.«
    »Niemals?«
    »Nein.«
    »Auch nicht, wenn du weißt, dass ich mich irre oder vielleicht die Folgen einer Handlung nicht richtig abschätzen kann?«
    »Ich weiß nicht, was du meinst«, entgegnete sie, »das kann doch gar nicht geschehen. Du bist doch der Mann – mein Mann in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft.«
    Wilhelm seufzte, dann nickte er. »Das spielt ja im Moment auch keine Rolle. Ich bin jedenfalls sehr dafür, dass du deinen Wunsch verwirklichst. Du wirst mit Sicherheit die beste Krankenschwester sein, die Lomé je gesehen hat.«
    Sie strahlte ihn an. »Ich würde dich nie enttäuschen.«
    »Ah, ich höre, man ist schon beim Thema«, ließ sich von der Zimmertür her die Stimme des Gouverneurs vernehmen. »Nun, meine Liebe, was sagt er zu deinen kühnen Plänen?«
    Sie erhob sich und eilte ihrem Vater entgegen, der seine Arme ausbreitete. »Ich wusste es«, sagte er, »dir kann niemand einen Wunsch ausschlagen … Schwester Charlotte, Skalpell und Tupfer, bitte!« Er brach in eine Art Gewieher aus, das genau so abrupt endete, wie es eingesetzt hatte.
    »Ich hoffe, Sie können damit leben, Charlotte noch eine Weile zu entbehren«, sagte er zu Wilhelm.
    »Natürlich kann er das«, rief der Freiherr, »er selbst hat Afrika einen Dienst erwiesen, da ist es doch selbstverständlich, dass seine künftige Frau dies auch tut. Schließlich leben wir alle von unseren Kolonien – und zwar nicht schlecht, möcht’ ich meinen!« Er schlug dem Gouverneur auf die Schulter. »Da ist es nur recht und billig, etwas zurückzuzahlen …«
    Wilhelm bemerkte, dass Helène und Charlottes Mutter den Raum betreten hatten und die Szene beobachteten. »Natürlich«, sagte er, »ich finde es bewundernswert, dass Charlotte sich dazu entschlossen hat.«
    »Sie kann ja jederzeit zurückkehren, wenn die Sehnsucht zu groß werden sollte«, rief Charlottes Mutter. »Das Postschiff verkehrt einmal pro Woche! Wir leben schließlich nicht in der Steinzeit …«
    Wilhelm drehte sich um zu seiner Mutter und versuchte, in ihrem Blick zu lesen, was sie von der Sache hielt. Aber es gelang ihm nicht. Ihr verbindliches Gastgeberinnen-Lächeln machte es ihmunmöglich, ihre Gedanken zu erraten. »Auf Charlotte!«, sagte er, als Luise die Gläser nachgefüllt hatte, »darauf, dass sie Afrika so vorfindet, wie sie es sich vorstellt.«
    Als Wilhelm Charlotte später zur Kutsche geleitete und sie bereits auf dem Trittbrett stand, beugte sie sich noch einmal zu ihm hinunter und sagte leise: »Ich glaube, ich wäre in jedem Fall gefahren – auch ohne Erlaubnis von irgendwem. Ich muss einfach dorthin!« Er sah in ihr glühendes Gesicht und hätte sie gern in den Arm genommen.
    *
    Bei der Rückkehr in sein Zimmer wunderte er sich nicht besonders, Elisabeth dort vorzufinden. Es war in letzter Zeit häufiger vorgekommen, dass sie ihn abends abpasste, um unter vier Augen mit ihm zu reden.
    »Ja, die Männer…«, sagte sie ohne Vorrede, »so klug, so weise, so gut!«
    »Du hast also gelauscht.«
    »Natürlich, was denkst du denn?«
    Erst jetzt bemerkte Wilhelm die Zeitschrift, in der sie gelangweilt blätterte. Er trat

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