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Zeitenlos

Zeitenlos

Titel: Zeitenlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shelena Shorts
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geschüttelt. Mama musste mein ungläubiges Entsetzen gespürt haben, denn sie nahm sich zurück – ihre nächste Frage klang nicht ganz so direkt, war aber immer noch direkt genug.
    »Ich meine nur, es kommt nicht alle Tage vor, dass ein Student einen Schaden bezahlt, den er gar nicht verursacht hat. Deshalb frage ich mich, ob dir deine Eltern unter die Arme gegriffen haben oder ob du das selbst bezahlst.«
    Als er antwortete, machte meine Wut tiefer Verlegenheit Platz. »Meine Eltern sind gestorben, als ich noch ein Kind war, Mrs Slone.« Ich wandte mich meiner Mutter zu und erkannte an ihrem Gesichtsausdruck, dass sie genauso verlegen war, wie sie sein sollte. Wes fuhr fort: »Ich bin bei einem Onkel groß geworden, aber er starb, als ich achtzehn war.«
    »Das tut mir sehr leid«, unterbrach ihn meine Mutter. Zum ersten Mal erlebte ich bei ihr, dass sie sich total unbehaglich fühlte. Nett, wie er war, wollte Wes nicht, dass sie sich schlecht fühlte.
    »Das ist schon okay, Mrs Slone«, versicherte er. »Falls Sie sich fragen, warum ich mich um Sophies Wagen gekümmert habe, dann nur, weil ich ihr helfen wollte. Meine Eltern waren wohlhabend, und mein Onkel war ein renommierter Wissenschaftler, sodass ich finanziell unabhängig bin. Sophie machte einen netten Eindruck, und ich wollte nicht, dass sie sich wegen der Reparaturkosten Sorgen macht.«
    Wes schien diese Unterhaltung überhaupt nichts auszumachen, aber ich fühlte mich schrecklich. Ich stand auf und informierte Mama, dass es spät werden könnte. Ich wollte so schnell wie möglich raus aus dem Haus.
    Kaum saßen wir im Auto, entschuldigte ich mich für die Neugierde meiner Mutter.
    »Es tut mir so leid.«
    »Braucht es nicht. Sie hat doch ganz normale Fragen gestellt«, versuchte er mich zu beschwichtigen.
    »Egal, das waren sehr persönliche Fragen. Sie hätte dich nicht so ausfragen dürfen.«
    »Sophie, die Fragen waren völlig normal. Die höre ich häufig. Es ist schon okay.«
    Ich seufzte tief und starrte aus dem Fenster. Wie sehr ich mich auch bemühte, den Vorfall zu verdrängen, es ging nicht. Er hatte beide Eltern und seinen Onkel verloren. Ich konnte mir nicht vorstellen, so etwas durchzumachen. Auf einmal kam mir mein bisheriges Leben sehr unbeschwert vor. Das einzige Problem, das ich gehabt hatte, waren unsere vielen Umzüge gewesen. Ich versuchte, ihm mein Mitgefühl zu zeigen.
    »Es tut mir leid«, wiederholte ich.
    »Wie ich schon sagte. Kein Problem.«
    »Ich meine, es tut mir leid, dass du deine Eltern und deinen Onkel verloren hast.«
    Er blickte mir direkt in die Augen und nickte leicht, als wollte er andeuten, dass mit ihm alles in Ordnung war.
    Eine Weile fuhren wir schweigend weiter. Ich wollte das Gespräch in unbeschwertere Bahnen lenken, zumindest aus meiner Sicht.
    »Ich gehe gerne auf die Kirmes«, sagte ich. »Aber seit wir in Virginia gewohnt haben, hatte ich keine Gelegenheit mehr dazu.«
    Er lächelte verhalten. »Da bin ich ja froh.«
    »Allerdings gewinne ich nie etwas«, gestand ich.
    »Vielleicht hast du heute Abend Glück«, meinte er. Ich lächelte als Antwort auf seinen Optimismus.
    Im Vergleich zu meinem Jeep waren die Sitze in seinem Wagen eher schmal, aber ich hatte trotzdem genügend Platz, um mich hin und her zu bewegen. Ich rutschte auf dem Sitz herum und drehte mich so, dass ich ihn ansehen konnte. Ich bemerkte, dass er mir gelegentlich einen prüfenden Seitenblick zuwarf. Die meiste Zeit aber behielt er die Straße im Auge und wechselte weich die Gänge.
    Wir waren etwa eine halbe Stunde unterwegs, doch ich hatte immer noch keine Ahnung, wohin wir fuhren, weil ich der Umgebung draußen keinen Blick geschenkt hatte. Wes hatte eine CD eingelegt, die ich nicht kannte, aber die Musik war gut. Nach einer Weile schloss ich die Augen und hörte zu. Als ich kurz davor war einzuschlafen, tippte er auf mein Knie, um mir zu bedeuten, dass wir da waren. Sofort war ich hellwach. Durch die Fensterscheibe sah ich zwei unglaublich große Riesenräder, die den Himmel beleuchteten. Es musste eine große Kirmes sein. Ich war total begeistert und fast so aufgeregt wie ein kleines Kind.
    Er parkte den Wagen, und während ich nach meiner Tasche griff, ging er um das Auto herum und öffnete mir die Tür. Eine Geräuschkulisse aus Glocken, Tröten und lachenden Menschen empfing uns, und ich konnte es kaum erwarten, die ganzen Buden mit ihren unzähligen Spielen auszuprobieren. Wes dirigierte mich mit einer Hand auf meinem Rücken

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