Zeitenlos
machte klar, dass der Preis mir gehörte. Ich nahm ihn und drückte ihn fest an mich.
»Danke«, sagte ich und strahlte.
»Gern geschehen.«
Wir bummelten weiter, und Wes wollte etwas essen. Ich war für den Vorschlag ganz dankbar, denn auch mir knurrte mittlerweile der Magen. Als wir so nebeneinander her schlenderten nutzte ich die Gelegenheit, meine Neugier zu befriedigen.
»Kommst du oft hierher?«, fragte ich und versuchte, nicht zu interessiert zu klingen.
»Nein, überhaupt nicht. Warum?«
»Ach, nur so. Es sah aus, als würdest du das häufiger spielen. Ich war nur neugierig.«
»Nein, ich war schon sehr lange nicht mehr auf einer Kirmes.«
Ich wusste nicht, ob ich ihm glauben sollte, aber weil ich so viel Spaß hatte, ließ ich das Thema fallen. Wir blieben vor einer kleinen Imbissbude stehen, und er bestellte sich einen Hotdog mit Pommes und für mich ein Stück Pizza und eine Cola. Nach dem Essen fragte er, ob ich Lust auf Schmalzgebäck hatte. Eigentlich war ich satt, aber einem solchen Angebot konnte ich nicht widerstehen.
Er sprang auf und bot an, mir welches zu holen, doch ich ging mit ihm und aß es im Gehen. Er wollte nicht probieren, doch allein zu essen war langweilig. Ich wollte das Gebäck unbedingt mit ihm teilen.
»Bist du sicher, dass du nicht doch etwas möchtest?«
Er lächelte sein perfektes Lächeln. »Ja, ganz sicher.«
Ich wedelte mit dem Gebäck vor seiner Nase und hoffte, dass er seine Meinung ändern würde. Er lächelte und wollte gerade meinen Arm behutsam wegschieben, als ein jäher Windstoß den Puderzucker auf dem Gebäck hochwirbelte. Ich griff nach dem Pappteller, konnte aber nicht verhindern, dass sich eine weiße Puderwolke auf seinem Gesicht und der schicken Jacke ein neues Zuhause suchte.
Oh mein Gott! Mein Unterkiefer klappte nach unten. »Es tut mir so leid!«
Er begann zu lachen. »Ist schon in Ordnung.«
»Nein, ist es nicht.« Hektisch versuchte ich, das Zeug von seiner Jacke abzuklopfen. Das meiste ging auch weg, doch an sein Gesicht traute ich mich nicht ran. Es war über und über mit Puderzucker bestäubt, aber er grinste immer noch. Ich war sicher, dass er das nicht so lustig finden würde, wenn er sich sehen könnte. Andererseits war er immer noch geradezu lächerlich niedlich. Trotz Puderzucker und so.
Er machte keinerlei Anstalten, das Zeug selbst zu entfernen, doch so konnte ich ihn nicht herumlaufen lassen. Also hob ich die Hand und begann vorsichtig sein Gesicht abzuwischen. Seine Wangen fühlten sich kühl an, aber auch unglaublich zart und glatt. Bis auf die Reste auf seinen Lippen bekam ich alles weg. Ich widerstand der Versuchung, sie wegzuküssen, und riss mich zusammen. »Du hast noch was auf der Lippe«, sagte ich. Ich sah zu, nein, ich starrte ihn an, als er in Zeitlupentempo seine Lippen von den letzten Resten des sich auflösenden Zuckers befreite.
»Mhm«, sagte er.
Ich räusperte mich und blinzelte. »Ähm … vielleicht sollte ich das hier wegwerfen.«
Jetzt verkniff er sich ganz eindeutig ein Grinsen. »Das ist eine gute Idee.«
Ich warf den Rest des Schmalzgebäcks weg, während in meinem Bauch die Schmetterlinge Amok liefen. Wes riss mich mit der Frage, ob ich lieber einige der Fahrgeschäfte oder noch mehr Spiele ausprobieren wollte, aus meinem benommenen Zustand.
»Wenn du nicht zugelassen hättest, dass ich mich mit Süßkram vollstopfe, wäre ich sehr gerne gefahren, aber so ist es wohl besser, wenn wir noch etwas spielen.«
»In Ordnung, die Entscheidung liegt bei dir. Was willst du spielen?«
Wir bummelten weiter und kamen an den verschiedensten Buden und einem Schießstand vorbei. Weil man für sämtliche Spiele ein gewisses Talent brauchte, und ich schon so viel von seinem Geld verplempert hatte, entschied ich mich schließlich für das Pferderennen. Ich mochte dieses Spiel. Es war spannend und erforderte nur ein bisschen Glück. Erneut bezahlte Wes nur für mich. Mir kam allmählich der Verdacht, dass er mich in jedem Spiel vernichtend schlagen könnte.
Als ich anfing, waren noch vier andere Spieler dabei, und ich redete mir gut zu: Ich kann sie schlagen. Ich musste nichts tun, außer mit der Kugel eines der Löcher mit einer hohen Zahl zu treffen, damit mein Pferd schneller lief. Mit dem Glockenzeichen warf ich die Kugel, und mein Pferd kam tatsächlich schneller aus den Startlöchern als die Konkurrenz. Meine Chancen sahen zunächst gut aus, doch dann landeten die Kugeln nur noch in den niedrigsten Nummern.
Weitere Kostenlose Bücher