Zeitenlos
kühl.
Kapitel 3
Der Preis
I ch mochte es nicht, jemanden zu belügen, am wenigsten meine Mutter, aber die jüngste Nummer von Wes ließ mir keine Wahl. Mir musste etwas einfallen, warum mein Wagen repariert worden war, ohne dass einer von uns etwas davon wusste. Weil mir in der Kürze der Zeit keine auch nur annähernd glaubwürdige Erklärung in den Kopf kam, fuhr ich rückwärts in die Auffahrt. So konnte die Sache nur auffliegen, wenn Mama sich den Schaden unbedingt ansehen wollte.
Am nächsten Tag rief ich sie bei der Arbeit an, um ihr zu erzählen, dass Wes sich gemeldet und ich sein Angebot angenommen hatte, den Schaden beheben zu lassen. Damit hatte sie kein Problem, doch sie war neugierig geworden und wollte mehr über ihn wissen. Er sei neunzehn und wirklich nett, sagte ich. Ganz besonders interessierte Mama, wie er die Reparatur bezahlen wollte. Eine gute Frage, fand ich, auf die ich aber leider auch keine Antwort hatte.
Alles in allem stellte sie weniger Fragen, als ich befürchtet hatte, und ich glaubte schon, dass der Kelch noch einmal an mir vorübergegangen war. Doch dann kam sie nach Hause und sah, dass der Wagen bereits repariert war. Selbst Mama wusste, dass es mehr als nur ein paar Stunden dauerte, einen solchen Schaden auszubessern und zu lackieren, aber ich tat völlig ahnungslos. Ich würde ihn danach fragen, wenn wir telefonierten, sagte ich beiläufig. Meine Mutter fiel prompt aus allen Wolken.
»Er hat deine Telefonnummer?«
»Ja.«
»Wie ist er denn daran gekommen?«
»Ich habe sie ihm gegeben.«
»Warum?«, hakte sie nach.
»Weil er wirklich nett ist.« Ich war mir nicht mal sicher, ob das stimmte, aber was sollte ich sonst sagen. Schnell legte ich noch nach: »Und er hat schließlich den Jeep repariert. Vielleicht möchte ich noch mal mit ihm sprechen.«
»Sophie, ich weiß nicht. Er ist auf der Uni.«
»Er ist gerade mal neunzehn, Mama. Und ich bin achtzehn«, wandte ich ein.
»Aber er studiert, Sophie. Das ist eine ganz andere Welt.«
»Mama! Ist das nicht der Grund, warum wir uns jede Woche treffen? Damit ich Kontakt zu jungen Leuten in meinem Alter bekomme?«
Sie hängte ihren Mantel auf und ging in ihr Zimmer. Ich folgte ihr und wartete auf eine Antwort. »Natürlich, aber ich hatte eigentlich gehofft, dass du Schulkameraden kennenlernst, eventuell sogar Lust bekommst, wieder eine reguläre Schule zu besuchen. Nicht, dass du dich mit einem Jungen anfreundest.«
»Aber ich habe doch jemanden von meiner Schule kennengelernt, Dawn. Sie ist auch dort eingeschrieben. Und Wes ist nur ein Jahr älter als ich. Ich verstehe nicht, wo das Problem ist.«
»Das Problem ist, dass du dabei bist, eine Stufe in deinem Leben als Teenager zu überspringen, und ich mir nicht sicher bin, ob du wirklich schon bereit für einen Freund bist, der studiert.«
Auf der einen Seite begriff ich, was sie sagen wollte. Und sie hatte nicht ganz unrecht. Ich hatte noch nicht einmal Erfahrung darin, mich mit einem Jungen am Telefon zu unterhalten. Ich hatte keine Ahnung, auf was ich mich einließ, aber tief in meinem Innern wusste ich nicht nur, was ich wollte, ich wusste auch, dass ich bisher nichts versäumt hatte, was man als Teenager unbedingt erlebt haben musste. Ich war mit meinem Leben im Reinen. Und ich musste ihr das unbedingt klarmachen, damit sie mich verstand.
»Mama, ich glaube nicht, dass ich irgendetwas überspringe oder so. Was auf der Highschool abgeht, hat mich nie wirklich interessiert; und ich glaube nicht, dass ich irgendwelche schulischen Veranstaltungen oder Partys besuchen muss, um mit einem Neunzehnjährigen befreundet zu sein. Du solltest mich eigentlich besser kennen.«
Sie atmete tief durch und war immer noch nicht völlig überzeugt. Aber schließlich entspannte sie sich etwas und küsste mich auf die Wange, bevor sie ihre Zimmertür hinter sich schloss. Ich ging davon aus, dass ich wegen des Wagens aus dem Schneider war; wegen der anderen Sache blieb mir nichts anderes übrig, als abzuwarten, ob das ebenfalls so war.
Nach einem kurzen Stopp in der Küche, wo ich mir eine Portion Eis holte, ging ich in mein Zimmer und setzte mich auf die Veranda, deren Aussicht die größte Attraktion des Hauses war. Ich fühlte mich einfach nur gut und hätte den ganzen Tag dort verbringen können. Alles war ruhig und friedlich, bis gegen sieben mein Handy klingelte. Ich warf das Eis buchstäblich in hohem Bogen weg, um das Gespräch annehmen zu können. »Hallo?«, sagte ich und
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