Zeitenzauber: Das verborgene Tor. Band 3 (German Edition)
lächerlich einfach. Das Haus lag wie ausgestorben da. Weit und breit waren keine Wächter oder Beobachter zu sehen. Ich horchte in mich hinein – genauer, auf meinen Nacken – und spürte nichts. Die Luft war rein.
Wir benutzten einfach unseren Hausschlüssel. Auch das klappte problemlos. Fitzjohn hätte das Schloss auswechseln lassen können, doch er war offenbar davon ausgegangen, dass wir uns nicht hertrauen würden. Was ja die ganze Zeit auch gestimmt hatte. Außerdem setzte er darauf, dass ich mir seinen Spiegel ansah, folglich lag es nahe, dass er mir keine zusätzlichen Steine in den Weg legte. Sein Pech, dass wir kurzerhand den Plan einen Tag vorverlegt hatten.
Nachdem Sebastiano die Haustür aufgeschlossen hatte, glitt ich lautlos in die Halle und zur Treppe. José bildete die Nachhut. Sebastiano und ich eilten nach oben, während José unten wartete, um unseren Rückzug zu sichern und notfalls Alarm zu schlagen, wenn jemand uns folgte. Von oben drohte uns keine Gefahr, niemand lag auf der Lauer, denn anderenfalls hätte mein Nacken mich gewarnt.
Ob Mrs Fitzjohn noch im Haus war? Fast alle vom Personal waren entlassen worden, wie wir von Mr Scott erfahren hatten, aber er hatte nicht gewusst, ob Mrs Fitzjohn noch hier wohnte oder ob sie mit ihrem Gatten untergetaucht war.
Leise stiegen wir die Dienstbotentreppe hoch und erreichten die Etage, in der die Fitzjohns ihre Räume hatten. Ich war erst einmal hier oben gewesen, im Zuge der Hausbesichtigung gleich nach unserem Einzug, doch ich wusste noch, wo sich das Wohnzimmer der beiden befand. Und ich erinnerte mich auch daran, dass es dort einen Spiegel gab, der schmal und unauffällig zwischen zwei ziemlich hässlichen Gobelins hing. Er wäre mir vermutlich gar nicht aufgefallen, wenn Mrs Fitzjohn nicht verlegen auf diese Teppiche gedeutet und erklärt hätte, dass Wandstickereien ihr Hobby seien.
Die Tür zum Wohnraum war unverschlossen. Sebastiano ging mit der Kerze voraus, ich blieb dicht hinter ihm.
Der Spiegel war noch da!
Ich stellte mich sofort davor und blickte hinein, sah aber nichts. Abgesehen natürlich von meinem eigenen Spiegelbild, und das nicht mal besonders gut, weil der Spiegel an den Rändern schon ziemlich angelaufen war und auch in der Mitte ein paar blinde Stellen hatte. Rein optisch war er von minderer Qualität, ähnlich wie der Spiegel von Esperanza. Von daher hätte es ein Zukunftsspiegel sein können.
»Er funktioniert nicht«, sagte ich frustriert.
»Vielleicht musst du ihn anfassen.«
Ich legte die Hand auf den Rand des Spiegels und zuckte zurück, denn ich meinte, ein schwaches Summen unter meinen Fingerspitzen zu spüren.
»Was ist?«, wollte Sebastiano wissen.
»Da war was … Eine Art Vibrieren.«
»Dann ist es der richtige Spiegel.«
»Aber es tut sich nichts.«
»Hm. Fass ihn noch mal an.«
Ich tat es, doch wieder geschah nichts. Sebastiano stand mit dem Windlicht neben mir, und wir beide schauten gemeinsam in den Spiegel. Nichts.
»Ich gehe mal da rüber, vielleicht klappt es, wenn du alleine hineinsiehst.« Er ging in die nächstgelegene Zimmerecke und setzte sich in einen Ohrensessel, sodass er nicht mehr in den Spiegel blicken konnte. Ich legte entschlossen beide Hände auf den Spiegelrahmen. Das Vibrieren wurde stärker, doch ich ließ mich nicht davon beirren, auch wenn ich am liebsten laut schreiend davongelaufen wäre.
Und tatsächlich, plötzlich bewegte sich etwas! Die Spiegeloberfläche schien sich zu kräuseln, sie wurde milchig und teilte sich dann wie Nebel durch einen Windstoß.
Das Bild, das sich mir zeigte, war an den Rändern eigenartig verzerrt, es war fast, als sehe man durch ein Kaleidoskop, bei dem die Abbildung grob in Stücke geschnitten und wieder zusammengefügt wird. Dann, ganz plötzlich, sprang alles an den richtigen Platz, und ich hatte einen gewaltigen, vom Licht unzähliger schimmernder Kerzen erfüllten Festsaal vor mir. Der Effekt war so überwältigend, dass ich mit einem erschrockenen Atemzug zurückprallte. Dutzende edel gekleidete Menschen bewegten sich vor mir über das glänzende Parkett. Kellner flitzten hin und her und servierten Getränke in blinkenden Kristallgläsern. Durch weit geöffnete Flügeltüren blickte man in einen angrenzenden Bankettsaal, wo eine gewaltige Tafel mit Damast und Silber eingedeckt war. Eine Gruppe von Musikern spielte zum Tanz auf, was ein bisschen eigenartig aussah, weil alles stumm ablief. Hastig überflog ich die vor Leben wimmelnde
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