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Zeitfinsternis

Zeitfinsternis

Titel: Zeitfinsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David S. Garnett
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er so lan­ge si­cher, wie die Lei­che nicht ge­fun­den wur­de und kei­nem Zau­be­rer da­von be­rich­tet wur­de.
    Da­ge­gen gab es nur einen klei­nen Ein­wand, ei­ne ein­zi­ge Tat­sa­che, die nicht hin­ein­paß­te. Der Dra­che. Wenn Fell ihn ge­schickt hat­te, so be­deu­te­te das, daß er über Er­eig­nis­se Be­scheid wuß­te, die sich in großen Ent­fer­nun­gen ab­spiel­ten. Wür­de da­her das glei­che nicht auch auf die flä­mi­schen Zau­be­rer zu­tref­fen? Es sei denn, daß Fell mit dem Dra­chen nichts zu tun hat­te. Wer aber war dann für ihn ver­ant­wort­lich? Das Un­ge­heu­er war da­ge­we­sen, da sei­ne Ver­fol­ger nicht von ei­ner Ein­bil­dungs­kraft ver­jagt wor­den sein konn­ten.
    Nach ei­ni­ger Zeit ließ er die Er­in­ne­rung an den Dra­chen in ei­ner Art von geis­ti­gem Nie­mands­land ver­schwin­den, wie al­les Un­ver­ständ­li­che, was nicht in be­kann­te Ka­te­go­ri­en paß­te. Es konn­te nicht ge­sche­hen sein, al­so war es nicht ge­sche­hen. Wie die Rie­sen und die Zwer­ge, die neu­lich er­schie­nen wa­ren. Das konn­te nicht pas­siert sein, und des­halb wa­ren auch die paar tau­send Men­schen, die sie nie­der­ge­met­zelt hat­ten, nicht tot.
    Sir Guy von An­gel schüt­tel­te lang­sam den Kopf. Nein, das war nicht rich­tig. Sie wa­ren näm­lich tot.
    Nach ei­ni­ger Zeit be­merk­te er vor sich ei­ne Häu­ser­grup­pe. Ei­ne Stadt. Er wuß­te ge­nau, daß es kei­nen Zweck hat­te, ge­ra­des­wegs hin­durch­zu­rei­ten. Er war in Flan­dern, aber war das Mäd­chen eben­falls hier? Er war ge­zwun­gen, halt zu ma­chen und zu fra­gen; er durf­te nicht ver­ges­sen, wes­halb er hier war.
    Ei­ner der ers­ten Men­schen, die er sah, war ein Mann, der den glei­chen Man­tel wie er trug; ein Sol­dat, der an ei­ne ver­fal­le­ne Mau­er ge­lehnt stand und sich mit ei­nem Dolch die Fin­ger­nä­gel säu­ber­te. Der Mann sah ihm zu, wie er auf ihn zu­ritt, und rich­tet sich dann für den Fall, daß er einen hö­he­ren Dienst­grad hat­te, auf.
    „Ich ver­su­che, ei­ne jun­ge Frau zu fin­den“, sag­te Guy.
    „Tun wir das nicht al­le?“ sag­te der Sol­dat.
    „Das mag wohl sein, aber ich mei­ne ei­ne be­stimm­te jun­ge Frau. Ich glau­be, sie ist mög­li­cher­wei­se hier vor­bei­ge­kom­men. Lan­ges ro­tes Haar und mit…“ der Rit­ter ges­ti­ku­lier­te mit sei­nen Hän­den.
    „Be­dau­er­li­cher­wei­se ha­be ich sie nicht ge­se­hen. Fragt doch im Wirts­haus. Ich glau­be aber nicht, daß ihr sie fin­det. Be­stimmt hät­te je­mand et­was da­ge­gen.“
    Guy woll­te ge­ra­de sein Pferd in ei­ne an­de­re Rich­tung len­ken, zö­ger­te aber nun. „Was meint Ihr da­mit? Wer soll­te et­was da­ge­gen ha­ben?“
    Der an­de­re sah sich nach bei­den Sei­ten um, senk­te sei­ne Stim­me und gab zur Ant­wort: „Die Zau­be­rer, wer sonst?“
    Sir Guy nick­te. Wer sonst?
    „Wo fin­de ich das Wirts­haus?“
    Der Sol­dat zeig­te ihm die Rich­tung.
    Wenn sie dort war, dann hat­ten die Zau­be­rer sie. Er er­in­ner­te sich an das, was die bei­den aus dem Bau­ern­haus ihm ge­sagt hat­ten. Und wenn die Frau sich tat­säch­lich in den scheuß­li­chen Klau­en der flä­mi­schen Zau­be­rer be­fand, wür­de er es nie schaf­fen, sie zu sei­nem Kö­nig zu­rück­zu­brin­gen.
    Er ritt in der Rich­tung wei­ter, die der Sol­dat ihm ge­zeigt hat­te. Er brauch­te or­dent­lich et­was zu trin­ken und Zeit, um sich zu über­le­gen, ob er ins Saar­land zu­rück­rei­ten oder ein­fach nie mehr zu­rück­keh­ren soll­te. Er hielt ein paar Mün­zen in der Hand. Als er die Lei­che weg­ge­schleppt hat­te, wa­ren sie dem Mann aus dem Hemd ge­rollt, und er hat­te sie in sei­nen ei­ge­nen Geld­beu­tel ge­steckt, fast oh­ne es zu mer­ken. Fast.
    Er kam wie­der her­aus, als das Geld ver­braucht war. Sein Be­such war nicht völ­lig um­sonst ge­we­sen. Als Ge­gen­leis­tung für einen Krug Bier hat­te ihm ein ur­al­ter Gast ge­sagt, er ha­be ge­se­hen, wie die Frau am vor­he­ri­gen Abend al­lein durch die Stra­ßen ge­gan­gen sei. Sir Guy wuß­te nicht so recht, ob er ihm glau­ben soll­te oder nicht; viel­leicht hat­te er die Ge­schich­te nur er­fun­den, um ein Bier zu be­kom­men. Und was hat­te so ein al­ter Mann um

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