Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition)
alte Freunde«, begann er. »Wir waren schon während unseres menschlichen Daseins miteinander befreundet, genau genommen sind wir zusammen aufgewachsen. Als entfernter Verwandter Valentins wurde mir das große Glück zuteil, als Kind von Longuevilles Eltern aufgenommen zu werden, nachdem meine eigenen Eltern verarmt waren. Valentin und ich hatten denselben Lehrer, genossen dieselbe Erziehung und spielten gemeinsam so manchen Streich. Oftmals trieb Valentin es um einiges bunter als ich, und ich musste dann für seine Verfehlungen den Kopf hinhalten. Aber das machte mir nichts aus, da ich dank seiner Familie eine Kindheit hatte, die mir meine Eltern nie hätten ermöglichen können.«
Fasziniert lauschte ich seinen Ausführungen. Es fiel mir einigermaßen schwer, mir den Duc de Longueville als ungestümes Kind vorzustellen.
»Als wir zu jungen Männern heranwuchsen, lief es oft ähnlich ab«, fuhr der Comte fort. »Valentin schlug über die Stränge, und ich nahm es auf meine Kappe. Egal, ob es nun Spielschulden oder beleidigte abgestoßene Mätressen waren. Eines Tages jedoch forderte Valentins Leichtlebigkeit einen hohen Preis von mir, doch seltsamerweise hat jener Preis unsere Freundschaft noch manifestiert. Valentin hatte mit Freunden gewettet, dass er ein wildes Pferd bezwingen konnte und stieg in das Gatter des Pferdes, ein hünenhafter Hengst, um sein Können umgehend unter Beweis zu stellen. Leider war er zu diesem Zeitpunkt schon ziemlich angetrunken, so dass ihn der Hengst schnell abwarf und nach ihm trat. Ich eilte ihm sofort zu Hilfe und versuchte, das Pferd von ihm abzulenken, damit die Freunde ihn aus dem Gatter ziehen konnten. Der Hengst wandte sich daraufhin mir zu und traf mich dabei so unglücklich am Kopf, dass ich zu Boden ging und von ihm niedergetrampelt wurde. Es dauerte Wochen, bis ich von meinen Verletzungen genas. Leider waren meine Schädelverletzungen jedoch so stark, dass ich dadurch mein Augenlicht verlor.
Valentin war untröstlich über diesen Umstand. Er fühlte sich tief in meiner Schuld und versprach, fortan immer für mich da zu sein. Kurz darauf wurde eine der Huren, mit denen Valentin sich gelegentlich einließ, von ihm schwanger, doch das wusste er zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Offenbar erhoffte die Hure sich einen Vorteil aus ihrer Schwangerschaft und erzählte ihm daher zunächst nichts davon.
Einige Wochen später war Valentin eine Liaison mit der Marquise de Sanguinaire eingegangen. Die Marquise offenbarte sich als Vampirin und Valentin ließ sich von ihr nur zu bereitwillig verwandeln, nachdem er erkannte, welche Vorteile ein derartiges Leben ihm bot. Er überredete auch mich dazu, mich zu verwandeln, da er sich angesichts unserer Unsterblichkeit erhoffte, dass wir eines Tages eine Zeit erleben würden, in der meine Blindheit schließlich doch geheilt werden könnte. Ich ließ mich darauf ein, obwohl es mir nicht sehr verlockend schien, mein Leben in der Dunkelheit für unbestimmte Zeit zu verlängern.
Schon bald darauf bekamen wir Kontakt zu den Sybarites de Sang und wurden beide Mitglieder. Die Zerstreuungen dieser Gemeinschaft gaben auch mir eine gewisse Lebensfreude zurück.«
Von Radisset unbemerkt, wechselte ich einen entrüsteten Blick mit meinen Mitstreitern. Es erschien mir unfassbar, dass jemand diese blutrünstige Sekte als wohltätige Organisation betrachten könnte.
»Valentin erkannte recht schnell das Potential der Sybarites und strebte an, ihr Oberhaupt zu werden«, fuhr der Comte fort. »Ich unterstützte ihn bei seinem Vorhaben, da es für uns beide von Vorteil wäre.
Inzwischen hatte die Hure Valentins Sohn zur Welt gebracht und versuchte nun, ihn mit dem Kind zu erpressen. Valentin tötete sie sofort, sah aber in dem Kind die Chance, sich einen treuen Vasallen heranzuziehen, der ihn bei seinen Machtbestrebungen unterstützen konnte. Er stand kurz davor, den Titel seines Vaters zu erben und darum überredete er mich, den Sohn zu adoptieren und als mein eigenes Kind auszugeben, damit sein Ruf unangetastet blieb. Ich tat ihm gerne diesen Gefallen und so wuchs der Junge als Xavier Tubeaux de Radisset auf, wurde aber von Valentin von Anfang an in dem Wissen aufgezogen, dass er sein leiblicher Sohn war.
Xavier wurde in dem Bewusstsein groß, dass Longueville ihn eines Tages ebenfalls in einen Vampir verwandeln und er dank seines Vaters eine machtvolle Position erlangen würde. Er beschäftigte sich viel mit Alchimie, weil er sich durch diese
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