Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition)
müssen also noch vorsichtiger sein.«
»Das werden wir«, versicherte ich. »Wir werden ihm keine Gelegenheit geben, sich aus dieser Zwickmühle wieder herauszuwinden. Und während er schmort, knüpfen wir noch ein wenig weiter an unserem Fangnetz.«
Und so wechselten wir uns also in den nächsten Tagen wie vereinbart ab, die Personen zu beschatten, von denen wir wussten, dass sie in den Diensten der Sybarites standen. Da zu befürchten war, dass diese »menschlichen Handlanger« gelegentlichen Besuch von der Comtesse de Garandout in ihrer Funktion als Maîtresse de Recrutement erhielten, benutzten wir auch hierfür erneut Maddys Kräuterelixier, um nicht über unseren Geruch entdeckt zu werden.
Bei Gabriel Nicolas de la Reynie, dem Polizeipräfekten von Paris, hatten wir wenig Erfolg. Allem Anschein nach war er annähernd ebenso rechtschaffen, wie ihm nachgesagt wurde, und wir konnten noch nicht einmal herausfinden, womit die Comtesse ihn in der Hand hatte. Bei Henri François d'Aguesseau, dem Generaladvokaten des Königs fanden wir immerhin heraus, dass Garandout ihn offenbar mit dem Versprechen, ihn in unseresgleichen zu verwandeln, geködert hatte. Zumindest ließ ein Gespräch, das wir eines Nachts zwischen d'Aguesseau und Garandout belauschten, darauf schließen, da er voller Vorfreude von dem »Triumph ewigen Lebens« sprach.
Als interessanter als erwartet stellte sich dann die Beschattung von Louis du Bouchet, Marquis de Sourches heraus, der als königlicher Schlossvogt die Oberaufsicht über die königlichen Schlösser und Gärten hatte. Augenscheinlich war nämlich die Comtesse de Garandout nicht der einzige Vampir, zu dem Sourches gelegentlich Kontakt hatte. In unregelmäßigen Abständen erhielt der Marquis obendrein auch noch in seinen Amtsräumen Besuch von einem ungewöhnlich hübschen jungen Vampir, der seiner äußeren Erscheinung zufolge bereits mit siebzehn Jahren verwandelt worden sein musste. Der junge Vampir war stets anmutig gekleidet und hatte ein zwar vornehm geschnittenes, aber auch noch jugendlich zartes Gesicht sowie kastanienbraune Locken.
Nachdem wir unsere Überwachung auch auf ihn ausdehnten, fanden wir recht bald heraus, dass er für die Comtesse de Garandout arbeitete. Offensichtlich hatte der Marquis de Sourches eine kleine Schwäche für junge Männer, die die Comtesse förderte und gleichzeitig als Druckmittel gegen ihn verwendete, um seine Dienste für die Sybarites zu erpressen. Denn Sourches hatte eine Ehefrau und drei Kinder und unverkennbar eine Heidenangst davor, dass die Gemahlin eines Tages von seiner außerehelichen Vorliebe erfahren könnte.
Wir waren sicher, dass diese Entdeckung uns demnächst einen Vorteil verschaffen könnte, denn wenn wir einmal herausgefunden hatten, auf welche Weise die Sybarites ihre Handlanger dazu brachten, für sie zu arbeiten, konnten wir diese »Arbeitsbedingungen« ja vielleicht auch manipulieren und so den einen oder anderen Handlanger zu einer kleinen Indiskretion veranlassen.
In der Zwischenzeit hatte sich etwas ereignet, was mich für einen kurzen Moment von unserer Heimlichtuerei beim Kampf gegen die Sybarites ablenkte.
Eines Morgens kam Jean-Marc mit verlegenem Gesichtsausdruck zu mir ins Lesezimmer und bat mich um ein Gespräch.
»Selbstverständlich«, sagte ich mit neugierigem Lächeln und forderte ihn auf, Platz zu nehmen. »Worum geht es denn?«
Jean-Marcs Wangen nahmen einen schwachen Rotton an und er sah zu Boden. »Ihr hattet mir ja vor einiger Zeit zu verstehen gegeben, dass ich Euch mit allem behelligen dürfte, was mich beschäftigt …«, begann er leise.
»Ja, ich erinnere mich. Und das war auch ernst gemeint«, antwortete ich aufmunternd.
»Nun, ich habe da ein Mädchen kennengelernt. Claudine. Sie ist die Tochter der Hutmacherin von Mademoiselle«, erklärte er schüchtern, während sich der Farbton seiner Wangen verstärkte.
»Aber Jean-Marc, das ist doch wundervoll!«, rief ich erfreut aus. »Ich bin ihr, glaube ich, schon einmal begegnet. Sie scheint mir eine sehr liebenswerte junge Dame zu sein. Ich verstehe gar nicht, warum du da so ein bedrücktes Gesicht machst? Oder hat sie dich denn nicht gern?«
»Doch!«, fuhr Jean-Marc händeringend auf. »Und ich sie auch. Sogar sehr! Aber sie will mich heiraten.«
Da ich sah, wie verzweifelt er war, versuchte ich, mein aufkommendes Amüsement zu verbergen. »Tja, ihr beide seid ja noch recht jung, da könntet ihr euch eigentlich noch ein wenig Zeit
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