Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition)
gefragt, ob Ihr gegebenenfalls auch einmal für den einen oder anderen Vorschlag empfänglich wäret?«
»Vorschlag?« Nun sah er mich wachsam an.
»Selbstverständlich wollen wir uns keineswegs in Eure Arbeit einmischen«, erklärte ich, »es geht lediglich um eine kleine Anregung. Vor kurzem entdeckten wir, dass die kleine Insel Mont Saint-Michel ein ganz bezaubernder Ort ist und wir fragten uns, ob wir sie nicht mal zu einem unserer Ausflugsziele machen könnten?«
»Mont Saint-Michel?«, grübelte Baissac. »In der Tat ein recht pittoresker Ort. Residieren dort nicht die Benediktiner? Kooperieren die überhaupt mit uns?«
»Soweit wir wissen, verhalten sie sich uns gegenüber neutral«, antwortete Maddy. »Gegen einen kleinen Obolus könnte man sie sicherlich veranlassen, uns die Insel für eine Nacht zu überlassen.«
»Ein interessanter Tipp«, gab Baissac widerstrebend zu. »Und Ihr hegt wirklich keinerlei Interesse, in die Planung eines derartigen Ausfluges miteinbezogen zu werden?«
»Nicht im geringsten«, entgegnete ich freundlich. »Ihr könnt darüber hinaus die Idee auch gerne als Eure eigene ausgeben.«
Damit war Baissac dann restlos überzeugt.
Angriff
Knapp zwei Wochen nach unserem Gespräch mit Baissac wohnten wir einem abendlichen Ausflug der Sybarites nach Mont Saint-Michel bei. Es war eine gemütliche Kutschfahrt geplant, dann eine Besichtigung der Insel mit anschließendem Festessen.
Die Sonne war bereits untergegangen, als wir uns Mont Saint-Michel näherten und ich bewunderte einmal mehr, wie sich der imposante kleine Hügel der Felseninsel schon von weitem gegen den abendlichen Himmel abzeichnete. Sämtliche Fenster des auf der Felsenspitze thronenden Klosters waren erleuchtet und ließen so Mont Saint-Michel förmlich im Glanz erstrahlen.
Die Mönche waren wohl von Baissac durch eine kleine Spende veranlasst worden, diese Nacht woanders zu verbringen, und mit Radisset Senior hatten wir vereinbart, dass er in seinen Gemächern darauf warten sollte, bis wir dann bei der Festivität im Kloster »zufällig« auf ihn stoßen würden.
Schließlich traf der unvermeidliche Moment ein. Wir waren alle in einem großen, prunkvoll geschmückten Saal versammelt, ein paar Lakaien brachten wie gewohnt ein paar junge Frauen und Männer für unser Festmahl herein, das Gemurmel der Anwesenden verstummte und der Duc erhob sich, um das Bankett feierlich zu eröffnen. In dem Augenblick betrat der blinde Comte de Radisset Senior den Saal und gab sich verwundert. »Verzeiht, wenn ich Eure Festlichkeit störe, aber mir war so, als hätte ich den Geruch von Artgenossen und frischem menschlichen Blut vernommen.«
Seine feste Stimme hallte klangvoll in der Stille des Saals nach.
Alle betrachteten ihn verwundert, doch das hagere und üblicherweise so beherrschte Gesicht des Duc de Longueville war regelrecht erstarrt, wohingegen sich der Gesichtsausdruck von Radisset Junior in eisigem Zorn verzerrte.
Longueville fand als Erster seine Sprache wieder. »Simon?«, fragte er gepresst. »Wie kommt es, dass du am Leben bist?«
Radisset Senior spielte seine Rolle weiter und kam langsam auf ihn zu. »Valentin? Du bist es? Nun, dann ist Xavier wohl auch nicht weit. Vielleicht fragst du das am besten ihn.«
Longueville sah nachdenklich zu seinem Sohn hinüber, der seinerseits in finsterem Hass auf seinen blinden Adoptivvater starrte.
Fasziniert betrachtete ich Longuevilles Gesicht, dessen eiskalter Ausdruck nur wenig von dem Aufruhr verriet, den dieser Verrat seines Sohnes in ihm ausgelöst haben mag. Der Duc klatschte kurz in die Hände, rief einen kurzen Befehl und zwei Mort-Vivants betraten den Saal. »Führt ihn ab!«, befahl er laut und erklärte dann an Radisset Junior gerichtet: »Monsieur de Radisset, Ihr seid bis auf weiteres von Eurem Amt enthoben und verbleibt in Arrest, bis diese Angelegenheit geklärt ist.«
Verblüfft registrierte ich, wie sich Xavier de Radisset widerstandslos von den Mort-Vivants abführen ließ. »Wie ist das möglich?«, flüsterte ich. »Er könnte ihnen doch befehlen, ihn laufenzulassen und sich stattdessen gegen Longueville zu wenden.«
»Allem Anschein nach gibt es doch Mort-Vivants, die nur den Worten des Ducs gehorchen«, gab Maddy ebenso verwundert mit leiser Stimme zurück.
Der Duc wandte sich wieder an die versammelten Mitglieder. »Meine lieben Freunde! Lasst Euch doch bitte von dieser unleidigen Angelegenheit nicht daran hindern, Euren Durst gebührend zu
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