Zeitgenossen - Kampf gegen die Sybarites (Bd. 2) (German Edition)
könnten wir fertig werden«, überlegte Miguel, »aber Longueville hat noch etliche Anhänger da draußen und er hat außerdem noch die Mort-Vivants.«
»Also sind die Würfel gefallen?«, fragte Francisco. »Wir trennen uns zunächst einmal und gehen für einige Zeit ins Ausland?«
»Es sieht ganz so aus«, antwortete Giles knapp.
In dieser Nacht saß ich alleine auf dem Dach unseres Hauses, schaute in die Sterne und ließ die Ereignisse Revue passieren. Wir hatten zwar mit dem Duc de Longueville einen mächtigen Gegner gegen uns aufgebracht, dennoch hatten wir einen Teilsieg errungen: Ein Großteil der Sybarites war zerschlagen und uneins, in fast allen Ländern fehlte ein Oberhaupt und es war fraglich, ob sich die verbliebenen Mitglieder wieder soweit einigen konnten, dass die Organisation ihre alte Stärke und Macht zurückerlangte. Das war ein wesentlich größerer Erfolg, als wir ihn uns erhofft hätten.
Unten in der Wohnung saß Maddy mit Miguel zusammen und machte Pläne für ihren Umzug nach Amsterdam. Die beiden waren die einzigen unserer Gruppe, die zusammenblieben.
Ich hätte auch gemeinsam mit Francisco fortgehen können.
Oder mit Giles.
Aber hätte Giles dies überhaupt gewollt? Ich wusste es nicht.
Und mit Francisco nur deshalb wegzugehen, weil ich nicht wusste, ob Giles mich wollte, erschien mir auch falsch.
Wusste ich überhaupt selbst, was ich wollte?
Am nächsten Morgen nahm ich Abschied von Maddy und Miguel. Beide umarmten mich herzlich und uns allen war traurig zumute, obwohl wir vereinbart hatten, in Kontakt zu bleiben und uns Briefe zu schreiben.
Dann kümmerte ich mich um die Auflösung der Wohnung. Ich bezahlte die drei Dienstboten aus, die wir für dieses Versteck kurzfristig engagiert hatten, und erklärte ihnen, dass wir ihnen die Möbel überließen, die sie sich in den nächsten Tagen abholen konnten.
Um unser Stadthaus und die dortigen Dienstboten hatte sich Jean-Marc bereits bei seiner Abreise gekümmert. Ein wenig wehmütig sah ich zum Fenster hinaus.
Da meldete mir ein Diener den Besuch von Giles und Francisco. Etwas verwundert wies ich ihn an, die beiden in den kleinen Salon zu führen. Natürlich hatte ich bei beiden irgendwie damit gerechnet, dass sie sich verabschieden würden, doch es überraschte mich, dass sie offenbar gemeinsam gekommen waren.
Ich ging hinüber in den kleinen Salon, wo die beiden bereits auf mich warteten. Mir schnitt es ins Herz, dass ich nicht wusste, wann ich sie je wiedersehen würde und ich betrachtete beide einen Augenblick lang. Francisco groß und breitschultrig, die verwegene kleine Strähne seines schwarzen Haares, die sich stets aus seinem Zopf löste und ihm in die Stirn fiel. Giles fast ebenso hochgewachsen und nicht minder muskulös, sein markantes Gesicht mit den glitzernden Augen und seine raubtierhafte Geschmeidigkeit.
Angesichts meines Innehaltens hätte ich von Giles eigentlich wieder eine spöttische Bemerkung erwartet, doch diesmal blieb er ernst.
»Gemma, Francisco und ich haben miteinander geredet«, begann Giles ruhig. Er sah, wie ich überrascht die Augenbrauen hochzog, und lächelte leicht. »Ich kann mir denken, dass dich das verwundert, und glaub mir, zunächst hatten wir auch anderes im Sinn, als miteinander zu sprechen«, erklärte er mit einem leicht wehmütigen Lächeln.
Ich bemerkte, dass Giles eine frische Narbe an seinem Handgelenk hatte und Francisco ein klein wenig schief dastand, so als wolle er sein eines Bein nicht allzu sehr belasten.
»Doch wir kamen beide zu dem Schluss, dass es wohl keinem von uns etwas nutzen würde, um dich zu kämpfen, weil du wahrscheinlich einfach noch nicht so weit bist«, fuhr er dann besonnen fort.
Konsterniert starrte ich ihn an. »Ihr habt …? Und was soll das heißen: Ich bin noch nicht so weit? Wozu bin ich noch nicht so weit?«
»Eine Wahl zu treffen«, antwortete Giles ruhig.
Ich sah zu Francisco hinüber. »Siehst du das genauso?«, fragte ich ihn ungehalten.
Er erwiderte meinen Blick mit einem melancholischen Lächeln. »Ja, Gemma, leider.«
Ich spürte, wie sich meine Verzweiflung mit Wut mischte. »Und das habt ihr einfach mal so untereinander ausgemacht?«, fauchte ich. »Ihr habt es nicht für nötig befunden, eventuell einmal mich um meine Meinung zu befragen? Was macht euch denn so sicher, dass ihr meine Gefühle genau kennt? Vielleicht habe ich euch beide inzwischen schon gründlich satt?«
»Das glaube ich nicht, Gemma«, erwiderte Giles mit
Weitere Kostenlose Bücher