Zeitlabyrinth
Zeitverschiebungseffekt, der durch die Verdoppelung des Verstärkerstromkreises ausgelöst wurde – scheinen Sie die Steuerung unserer vereinten begriffsbildenden Fähigkeiten übernommen zu haben. Vermeiden Sie auf alle Fälle irgendwelche impulsiven Schritte! Wenn wir nicht all unsere Kräfte dieser Mission zuwenden, müssen Sie und ich und ein paar Millionen andere Gefangene bis in alle Ewigkeit einen einzigen Tag ständig wiederholen – oder uns erwartet noch Schlimmeres.«
Ein schwacher Nebelfleck war am Rande von Rogers Sichtbereich aufgetaucht. Er wuchs, nahm Form und Farbe an.
»Q’nell!« rief Roger lautlos. »Sehen Sie doch!«
»Also, T’son, wenn Sie alle fünf subjektiven Sekunden in Panik geraten, ist unsere Mission zum Scheitern verurteilt. Versuchen Sie sich zu entspannen!«
»Hinter Ihnen!« Er sah, wie die zusammengeknotete Decke langsam näher trieb. Unter den braunen Falten regte sich etwas, wie eine Katze in einem Jutesack.
»Es ist wieder zu sich gekommen!« stieß Roger hervor. »Das Ungeheuer!«
»Also, T’son, Sie wissen, daß wir Ihre Behauptungen in der Ersten Kultur geprüft haben und zu dem Schluß kamen, daß dieses Ungeheuer nur eine unterbewußte Projektion –«
»Projektion oder nicht, wir müssen weg von hier!« Roger biß im Geiste die Zähne zusammen, konzentrierte sich auf das Bild seines Kinderzimmers, auf die geblümte Tapete …
In dem Grau schien sich vage ein Pfad zu öffnen. Roger sehnte sich danach, spürte, wie er hineinglitt …
»T’son! Was machen Sie?« Q’nells Stimme in seinem Gehirn hatte etwas merkwürdig Widerhallendes angenommen. Der Tunnel schloß sich, verdichtete sich zu einer tiefen Dämmerung, türmte sich um Roger auf. In seinem Rücken stach etwas; intensiver Heugeruch drang ihm in die Nase. Er lag auf einem Heuhaufen, und sein ganzer Körper juckte. Hoch über ihm war die Scheunendecke.
»Jetzt haben Sie es geschafft!« erklärte eine vertraute Stimme irgendwo hinter seinem linken Auge. »Ich hatte Sie gewarnt!«
»Wo sind wir?« Roger setzte sich auf, kratzte sich am Ellbogen, am Hals, an der Schulter.
»Jetzt noch am linken Knie!« befahl Q’nell. »Und dann sorgen Sie dafür, daß wir von hier verschwinden!«
»Mein Gott!« murmelte Roger. »Stecken Sie etwa mit in meiner Haut?«
»Was denn sonst, Sie Schwachkopf«, entgegnete Q’nell. »Wir sind miteinander verbunden. Wohin Sie auch gehen, ich muß Ihnen leider folgen. S’lunt war verrückt, daß er Ihnen diese Mission anvertraute. Ich hätte wissen müssen, daß Sie in Panik geraten und alles verderben würden.«
»Wer ist hier in Panik geraten? Und kratzen Sie sich gefälligst selbst Ihr Knie!« Prompt hob sich sein linker Arm, als besäße er ein Eigenleben, und kam seiner Aufforderung nach. Roger erhob sich verwirrt und fiel glatt auf die Nase, weil sein linkes Bein ihm die Unterstützung verweigerte.
»Ich übernehme die linke Hälfte«, erklärte Q’nell entschieden. »Sie bekommen die rechte. Nun bringen Sie uns wieder in Einklang und befördern Sie uns zurück in den Kanal!«
Roger versuchte zu protestieren, aber seine linke Gesichtshälfte rührte sich nicht. »Ich bin gelähmt«, stammelte er. Er ruderte wild um sich, rollte aus dem Heu und fiel auf festgestampften Lehmboden. Ein breites Tor wurde aufgeschoben. Gegen das blasse Frühlicht zeichnete sich ein hagerer, großer Mann im Overall ab. Er hatte eine Mistgabel in der Hand.
»Aha, bist du es wieder, Andy Butts!« sagte eine rauhe, zornige Stimme. »Hab’ ich dir nicht das letzte Mal verboten, in meine Scheune zu schleichen, weil das George und Elsie unruhig macht? Verdammt, diesmal arbeitest du dein Nachtquartier ab! Du kannst gleich die Boxen ausmisten. Na los, mach schon!«
Roger versuchte seine Gliedmaßen zu ordnen, fiel aber wieder auf die Nase.
»Und betrunken!« knurrte der Mann. Er kam mit erhobener Mistgabel näher. »Wenn du nicht augenblicklich nüchtern wirst, Freundchen, dann kannst du einen Vorgeschmack auf das Jenseits kriegen, das dich erwartet. Auf!« Er stach mit den Metallzinken zu. Roger stieß unartikulierte Laute aus und humpelte auf einem Arm und einem Bein im Kreis durch den Staub. Der Scheunenbesitzer starrte ihn verständnislos an.
»Mann, Andy!« rief er. »Fehlt dir etwas?«
»Hilfe!« schrie Roger. Aber aus seiner Kehle kam nur ein Gurgeln. Wieder fiel er aufs Gesicht.
»Andy! Du hattest einen Schlaganfall!« rief der Mann mit der Mistgabel, Er warf das Ding zur Seite.
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