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Zeitlabyrinth

Zeitlabyrinth

Titel: Zeitlabyrinth Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Keith Laumer
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bildete sich mit Kristallschärfe in Rogers Gehirn. Er vernahm sogar die Oberschwingungen ihrer Stimme. Sie verrieten, daß sich unter dem ruhigen Äußeren eine leidenschaftliche Natur verbarg.
    »Wie haben Sie das gemacht?« fragte Roger und bemerkte zu seiner Überraschung, daß sich seine Lippen nicht bewegten. Er atmete auch nicht. In plötzlicher Panik versuchte er tief Luft zu holen, aber nichts geschah.
    »Kämpfen Sie nicht dagegen an«, hörte er Q’nells Stimme scharf in seinem Innern. »Wir befinden uns im Nullzeit-Zustand. Dinge wie ein Herzschlag oder ein Atemzug können sich hier nicht ereignen. Wenn Sie sich davon ablenken lassen, werden wir aus dem Kanal gestoßen.«
    »Wie lange wird das dauern?« fragte Roger nervös. Der Luftmangel bereitete ihm kein physisches Unbehagen, aber allmählich stieg die Überzeugung in ihm hoch, daß er ersticken mußte.
    »Hier gibt es keinen Zeitbegriff – wenn man von der subjektiven Betrachtung absieht«, sagte Q’nell.
    »Wie können wir feststellen, daß wir uns tatsächlich fortbewegen? Vielleicht schweben wir auch eine Ewigkeit im Raum, einmal riesengroß und dann wieder winzig.«
    »Das sind nur Ihre Parameter. Sie versuchen sich an das Fehlen physischer Reize zu gewöhnen«, erklärte Q’nell. »Lassen Sie sich davon nicht beirren. Und hören Sie auf, Fragen zu stellen. Wenn wir die Antworten wüßten, wären wir nicht hier.«
    »He!« rief Roger plötzlich. »Meine Augen sind immer noch geschlossen; ich kann sie spüren! Weshalb sehe ich Sie dann?«
    »Sie sehen mich nicht, Sie erfassen mich direkt.«
    »Dieses graue Zeug«, fuhr Roger fort. »Das sieht man immer, wenn man die Augen schließt. Wissen Sie, ich frage mich allmählich –«
    »Nicht!« unterbrach ihn Q’nell scharf. »Was Sie auch tun, fangen Sie nicht an, sich Fragen zu stellen!«
    »Ich kann es nicht verhindern«, erwiderte Roger. »Das alles ist zu lächerlich, um wahr zu sein. Ich werde jetzt jede Sekunde aufwachen – in meinem Bett in Elm Buffs, wenn Mutter nach mir ruft.« Heftiges Heimweh erfaßte ihn mit einem Mal.
    Der graue Nebel veränderte sich, bildete Wände, die zugleich auf ihn eindrangen und sich zurückzogen. Kleckse erschienen, erstarrten zu großen, pastellfarbenen Blumenmustern. Da war ein Riß in der Tapete und dahinter zeigte sich weißer Verputz. Er setzte sich auf, betrachtete verwirrt ein großes, luftiges Zimmer. An einer Seite war die Decke abgeschrägt, die Fenster standen offen, und das Regal enthielt zerlesene Bücher von Tom Swift und schmuddelige Schundhefte mit B. Paul-Bildern auf dem Umschlag. Ein paar Modellflugzeuge baumelten an verschieden langen Fäden von der Decke; eine eingerahmte Schmetterlingssammlung hing an der Wand; daneben waren Pfeilspitzen an einem Brett befestigt; und die Aufschrift des Filzwimpels lautete: ELM BLUFFS SR. HIGH.
    »Roger!« rief eine Stimme in unverkennbar mütterlichem Tonfall, »wenn ich dich noch einmal wecken muß …« Die unausgesprochene Drohung hing in der Luft.
    Roger stieß einen dünnen Schrei aus und starrte an sich hinunter. Eine schmächtige Brust, an der man sämtliche Rippen zählen konnte, eine verknitterte Pyjamahose, die spitze Knie bedeckte, die spillerigen Beine eines Dreizehnjährigen. »Aber … aber …« murmelte er. »Ich bin einunddreißig Jahre alt, erwachsen und ein ziemlicher Versager! Ich war mit Q’nell im Kanal und sollte zu den Ausgangskoordinaten …« Er unterbrach sich stirnrunzelnd. »Ausgangs – was?« sagte er laut. »Puh, habe ich große Worte zusammengeträumt!«
    Plötzlich verblaßte das Zimmer; die Wände wirbelten in den formlosen Nebel. Q’nells Gesicht schwebte auf ihn zu.
    »Wo waren Sie?« fragte sie. »Ich hatte Sie plötzlich aus den Augen verloren.«
    »Ich war wieder ein Junge«, stammelte Roger. »Ich war daheim, in meinem eigenen Bett. Es wirkte ebenso echt wie das hier – noch echter! Ich spürte das Bett unter mir und roch gebratenen Speck, und durch das Fenster wehte eine Brise herein. Ich dachte, das hier sei ein Traum.«
    »Aber – das geht nicht. Es ist unmöglich! Ich bin das dominierende Glied dieser Verbindung. Sie können nur das tun, was ich Ihnen befehle. Zumindest nahm man das an …«
    »Lächerlich!« entgegnete Roger. »Sie sind nur ein Mädchen, vergessen Sie das nicht!«
    »Hören Sie, T’son! Setzen Sie die Mission nicht durch Ihren unverantwortlichen männlichen Chauvinismus aufs Spiel! Aus irgendeinem Grund – vermutlich ein

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