Zeitlabyrinth
bestimmt waren. Die Schützen, verwirrt über das Hindernis, das sich plötzlich zwischen sie und ihr Ziel geschoben hatte, starrten mit offenen Mäulern Roger und Q’nell an.
»Los!« schrie Q’nell und packte Roger an der Hand.
»Aber – aber es ist eines ihrer Portale!« widersprach er.
»In einem Sturm ist jeder Hafen gut!«
»Wahrscheinlich hast du recht.« Roger schluckte, und gemeinsam hechteten sie durch das Portal.
9. Kapitel
1
Sie tauchten in einen Wirbel aus Schweigen und Licht. Licht umschäumte sie, gleißend, blitzend, rot, grün, blau und golden, wie ein aufgewühltes Meer aus Juwelen.
»Es ist herrlich!« Er hörte Q’nells Stimme in seinem Innern. »Aber wir befinden uns nicht im Kanal. Das Modell des Universums, das wir extrapolierten, sah so etwas nicht vor.«
»Dennoch existiert es«, sagte Roger. »Und wir sind am Leben geblieben und können es genießen.«
»Wir müssen schleunigst herausfinden, wo wir sind und wohin wir treiben. Vielleicht landen wir direkt im feindlichen Hauptquartier.«
»Ja. Wir scheinen ziemlich rasch voranzukommen.« Wie im Kanal hatten sie das Gefühl, sich nicht durch den Raum, sondern durch ein dünneres Medium zu bewegen.
»Ich werde es noch einmal mit den Parametern versuchen«, sagte Q’nell. »Irgendwie scheinen sie leichter greifbar zu sein, wenn wir uns im Nicht-Raum befinden.«
»Verdrehe nicht wieder alles!« mahnte Roger.
»Genau das beabsichtige ich!« entgegnete Q’nell. »Ich fürchte jedoch, daß wir mehr als ein paar Verdrehungen benötigen, um wieder zurück zum Kanal zu gelangen.«
Die Lichtwolken veränderten sich, wichen zurück, türmten sich zu fahlleuchtenden Gewitterwänden. Nun hatten sie das Gefühl, in einem Sturmhimmel zu schweben, inmitten von vielfarbigen Kumuluswolken. Es gab kein Oben und kein Unten. Nirgends sahen sie Land. Mühelos wie Möwen glitten sie zwischen Bergen und Schluchten dahin, schwangen sich an riesigen aufgeblähten Kuppeln vorbei, tauchten durch luftige Tunnel, überquerten Wolkenebenen.
»Es hat keinen Sinn; mir wird schwindlig«, rief Q’nell schließlich. Sie jagte in einiger Entfernung dahin, mit dem Kopf nach unten. »Wir besitzen keinerlei Bezugspunkt.«
»Wenn wir nur etwas unter den Füßen hätten!« sagte Roger. »Ich glaube, ich werde seekrank.« Noch während er sprach, spürte er einen leisen Druck an den Sohlen. Er sah nach unten, entdeckte einen hellblauen Fliesenboden.
»Q’nell! Sieh doch!« Sie flog jetzt über ihm, und er winkte ihr zu.
»Woher kam das?« rief sie.
»Ich dachte daran – und plötzlich war es da.«
Q’nell kurvte näher und landete leichtfüßig. »T’son, da hast du vielleicht eine wichtige Entdeckung gemacht.« Sie stocherte mit dem Finger in den Boden und hämmerte mit der Faust dagegen. »Fühlt sich hart an! Erstaunlich! Offenbar sind wir in einem Kontinuum, das sich durch Gedankenimpulse verformen läßt.«
Roger kroch auf Händen und Knien bis zum Rand, faßte darunter und tastete alles ab.
»Etwa einen Zoll stark«, sagte er. »Und auf der Unterseite rauh.«
»Jetzt müssen wir vorsichtig sein, T’son«, warnte Q’nell. »Tu nichts, das unsere Parameter verschieben könnte, aber – wäre es möglich, das Ding noch etwas auszudehnen?«
»Ich will es versuchen.« Roger schloß die Augen und stellte sich vor, daß der Boden nach allen Seiten hin um fünf Meter wuchs und mit einer glatten Kante aufhörte.
»Du hast es geschafft!« rief Q’nell aufgeregt. »Braver Junge!« Als Roger die Augen öffnete, sah er zu seiner Begeisterung, daß der Boden genauso war, wie er ihn sich vorgestellt hatte. Sie gingen zum Rand.
»Ich finde es schwindelerregend, so ins Nichts zu starren«, meinte Q’nell und zog sich zurück. »Könntest du die Leere nicht ein wenig ausfüllen?«
Roger stellte sich Gras unter breiten Baumkronen vor.
»Großartig!« rief Q’nell, als sie die Parklandschaft betrachtete. »Darf ich es nun versuchen?«
»Vorsicht!« warnte Roger. »Jeder hat vielleicht nicht die geistigen Fähigkeiten dazu!«
»Du wirst gleich sehen!« Vor Rogers Gesicht wuchs eine Wand in die Höhe. Ein paar Sekunden lang sah er weißen Verputz; dann tauchte ein etwas schiefes Fenster mit rosaroten Vorhängen auf. Sonnenlicht fiel ein. Roger drehte sich um. Er befand sich in einem Zimmer mit Wänden und einer Decke – und einen Augenblick später lag ein Teppich mit rosa-gelbem Blumenmuster unter seinen Füßen.
»Überhaupt nichts dabei«,
Weitere Kostenlose Bücher