ZEITLOS - Band 2 (German Edition)
jetzt wieder cool und spröde, wie eigentlich immer. »Bin extra auf einen Sprung vorbeigekommen, du bist doch immer auf der Jagd nach Sensationen. Hör zu! Du wirst nicht glauben, was mir heute Mittag in Eckernförde passiert ist…«
Daraufhin berichtete sie ihm von ihrem Erlebnis. Entgegen ihrer Vorhersage glaubte er ihr sofort, ließ sich das jedoch nicht anmerken. Sie drängte ihn, an der Geschichte dranzubleiben. Sie spüre, dass das die Story seines Lebens werden würde. Ihr lägen Informationen vor, über die sie zwar noch nicht sprechen dürfe, aber er werde sehen, schon bald würde die Post abgehen!
Sie hatte ihm eine Flasche Wodka mitgebracht und weitere in Aussicht gestellt, er nahm sie dankend an. Sie brauchte nicht zu wissen, dass er seit Jahren trocken war. Sein journalistischer Riecher sagte ihm, dass sich da wirklich ein Knüller anbahnte. Er versicherte ihr, alles zu tun, um den von ihr skizzierten Riesenkomplott aufzudecken, und dass er auf ihr GO für die Veröffentlichung warten würde.
Als sie weg war, ließ er die ganze Geschichte und die Fakten, die er selbst kannte, Revue passieren:
1. Nele hatte ihm zu verstehen gegeben, dass Stettner hinter der Verschwörung, so bezeichnete Nele in diesem Zusammenhang das Ereignis, steckte. Sie behauptete, sie habe nun unschlagbare Beweise dafür. Diese waren ein belastendes, handschriftliches Papier, das Stettner vor zehn Jahren angefertigt und dann weggeworfen hatte. Nele hatte es aus dem Papierkorb gefischt. Es gab außerdem angeblich subversive Treffen mit einer Freundesgruppe. Die Namen und Daten dieser Treffen wurden von einer wohlmeinenden Nachbarin protokolliert, die auch behauptete, in der Nacht des Ereignisses rosa Elmsfeuer über dem Haus der Stettners gesehen zu haben. Diese Beobachtungen habe sie auch schon dem BKA gesteckt. Hihihi, von wegen BKA.
2. Sie hätte Stettner zur Rede gestellt, ihm das alte Papier gezeigt und ihm von den protokollierten Freundestreffen erzählt. Er möge ihr das bitte alles erklären. Da sei Stettner plötzlich ganz merkwürdig geworden, erst habe Wut in seinen Augen geblitzt, dann hatten sie einen merkwürdigen schwarzen Glanz angenommen, so wie ein polierter Hämatit glänzt. Plötzlich, ohne dass er etwas sagte, habe es in ihrem Kopf gedröhnt und eine Stimme, wie vom Leibhaftigen persönlich, habe sie ausgefüllt und sie bedroht: Wage es nicht uns in die Quere zu kommen, sonst wirst du es bereuen!
Sie könne nicht einmal sagen, ob es wirklich Worte waren, die sie da in ihrem Innern gehört hatte, aber die Drohung war ganz eindeutig zu verstehen gewesen. Da sei sie in Panik geraten und geflohen. Nur gut, dass man diesen Spiritisten nun bald das Handwerk legen könne…
Nele unterbrach sich, das war wohl der entscheidende Satz; sicherlich ungewollt herausgerutscht.
Während sie das sagte, hatten ihre Augen und ihr Mund einen hämischen Zug angenommen, den er bei ihr kannte. Berlin führte etwas im Schilde, das war ihm sofort klar. Sie arbeitete bei Mehringer Pharma Industries , deren Zentrale unweit des Regierungsviertels lag. Nele verkehrte in Szenetreffs und in den Kneipen der Mächtigen. Sie wusste etwas, das er in Erfahrung bringen musste, unbedingt!
Warum sollte sie auch wollen, dass er mit einer Superstory groß herauskäme? Sie hätte vielmehr allen Grund, ihm eins auswischen zu wollen. Ihr Verhalten konnte nur dem Zweck dienen, Stettner auffliegen zu lassen, um selbst Vorteile aus der Sache zu ziehen. Sie war schon immer karrieregeil und auf ihren Vorteil bedacht, eine echte Egomanin eben.
Im Übrigen glaubte er die Geschichte von dem Vorfall in Stettners Büro. Dieses ominöse Papier von dem sie sprach, hatte er damals in ihrer Wohnung an der Pinnwand gesehen, als er das Buch von Sheldrake klaute. Zuhause hatte er davon sofort eine Gedächtnisskizze angefertigt.
Er nahm seine abgegriffene Kladde zur Hand und blätterte darin. Da war sie ja: Er starrte auf die eingekreisten Begriffe, deren Seitenäste und überlegte, erinnerte sich Neles Wortschwall, fügte vor seinem geistigen Auge eins zum anderen und griff dann entschlossen zum Stift. K.-Bild stand für Kristallbild, S.-Gitter für Siliziumgitter – die Sache war sonnenklar!
Nur was die gute Nele nicht wusste, war, dass diese Gruppe keine Verschwörung betrieb, sondern von guten Motiven angetrieben wurde. Die ganze Nacht arbeitete Jens an seinem Schreibtisch, studierte die damaligen Kladdenaufzeichnungen, die Themen mit
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