Zeitlos
möglich war.
Auch Neue Hoffnung Erde wurde von diesen neuen Erkenntnissen bis ins Tiefste getroffen. Kerstin war einem Nervenzusammenbruch nahe und weinte tagelang. Edelgard Vanheugen reagierte mit verbissener Wut und Simon weigerte sich, diese Meldungen überhaupt zur Kenntnis zu nehmen.
Mit Birte war anfangs auch nicht über dieses Thema zu reden, sie flüchtete sich in besorgte Brutpflege der Kinder, sodass Markus nur noch in Lars den einzigen, zur Sachlichkeit fähigen Gesprächspartner fand.
Auch an ihm gingen die Geschehnisse nicht spurlos vorüber. Seine sonst weichen und freundlichen Züge wirkten in diesen Tagen wie gemeißelt und über Nacht war ihm urplötzlich eine Haarsträhne über seiner Denkerstirn weiß geworden. Doch ihm gingen die Pferde nicht durch, stattdessen schien sein Hirn auf Hochtouren zu funktionieren, Pläne zu entwerfen, Alternativen zu entwickeln, wieder zu verwerfen, neu zu formulieren – fast wie ein Feldherr mitten in der Schlacht.
Diese Phase dauerte eine gute Woche. Kurz bevor die nächste Initialisierung der Society stattfinden sollte, vertraute er sich Markus mit seinen Überlegungen an. Die Freunde hatten sich an diesem herrlichen Samstagvormittag auf dem Parkplatz eines Cafés am Westensee verabredet. Sie wollten einen ausgedehnten Spaziergang entlang des Sees unternehmen, um ungestört die Lage erörtern zu können.
»Markus, wir müssen handeln! Unbedingt!« Keine Einleitung, keine umfangreiche Begrüßung, Lars kam sofort zur Sache, legte seine Hand auf Markus' Schulter und dirigierte ihn in Richtung des Uferwanderweges. »Ich habe ausgiebig nachgedacht und auch meine Verbindungen spielen lassen. Es ist etwas Furchtbares im Gange, viel größer als wir bisher vermuten!« Seine Stimme klang rau und heiser. Markus durchfuhr ein Schauer. Der Freund sprach mit einer Dringlichkeit, die ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. Er brachte keinen Ton heraus, Lars ließ ihm auch keine Gelegenheit dazu.
»Es kommt noch dicker, hör zu! Edelgard hat herausgefunden, dass es eine Vereinigung in Kalifornien gibt, die möglicherweise hinter der ganzen Sache steckt. Geldsäcke, wichtige Clans, die die weltweiten Geldströme in ihrem Sinne lenken, Krisen auslösen, Gerüchte streuen, Desinformation betreiben, und an allem vortrefflich verdienen. Es scheint so zu sein, dass sie sich sogar der staatlichen Geheimdienste und deren zur Verfügung stehenden Möglichkeiten bedienen können, wann immer sie wollen. Wir müssen vorsichtig sein und auf uns aufpassen. Deshalb traf ich Edelgard gestern persönlich.«
Er sah sich um, als müsse er sich vergewissern, dass sie nicht verfolgt wurden. Markus kam das ganz schön übertrieben vor. »Lars, Lars! Hör auf! Schnappst du jetzt auch über? Komm runter und werde sachlich! Was genau, hast du erfahren?«
»Du hast recht, wir dürfen nicht in Panik geraten. Also, fest steht, dass es einen Geheimbund der Mächtigen gibt. Aus genau welchem Personenkreis der besteht, wissen wir natürlich nicht. Hohe Funktionäre, Manager und Politiker gehören dazu, aber ich denke, das sind nur Marionetten, solche die die vorderste, sichtbare Linie darstellen – gelenkt, bestochen und korrumpiert von einer Gruppe, die darüber steht und von der man nicht viel weiß.
Edelgard hat Finanztransaktionen zurückverfolgt und mit ihren bescheidenen Möglichkeiten versucht, weitere Hintergründe zu recherchieren. Nachdem sie immer mehr haarsträubende Informationen zusammengetragen hat, schwebt sie in Ängsten bekommen, leidet beinahe schon an Verfolgungswahn. Wir alle, sagt sie, werden zunehmend in einem Maße ausgespäht, welches selbst die Datenschutzexperten nicht für möglich halten. Hinter den Kulissen gibt es bereits Vernetzungen, auf die wir in unseren kühnsten Phantasien nicht kommen würden. Du benutzt ab sofort weder Handy, Telefon, Internet noch Post, wenn es um NHE-Themen geht! Keine verräterischen Begriffe mehr bei den Suchmaschinen des Internets eingeben. Wir wissen natürlich nicht, ob das alle betrifft. Wir dürfen kein Risiko eingehen und müssen deshalb vom schlimmsten Fall ausgehen, dass alle überwacht werden…«
Markus fand keine Worte. Er konnte nicht glauben, dass Lars das alles ernst meinte, was er da sagte. Wiederholt suchte er in dessen Gesicht nach Anzeichen, ob er nicht doch nur einen Spaß machte. Doch der schien es bitterernst zu meinen. Lars zog ein Papier aus der Gesäßtasche, zerknittert zwar, aber deutlich lesbar. »Hier,
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