Zeitoun (German Edition)
eine Kopie zukommen lassen. Er versuchte, Zeitoun zu finden, hatte sich aber in der Stadt geirrt. Er hatte im Internet nach San Gabriel, USA, gesucht, einen Treffer erhalten und Folgendes geschrieben:
Von: CapZeton
An: ACOSTA, ALEX
Betreff: Dringende Anfrage aus Spanien
San Gabriel Police Department
San Gabriel, CA
Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Name ist Ahmad Zeton, Spanien.
Anliegen: Ich suche nach meinem Bruder (nach Katrina aus New Orleans verschwunden). Seit dem 7. Sept. habe ich keinen Kontakt mehr zu meinem Bruder, mit dem ich nach dem Hurrikan Katrina täglich telefoniert hatte. Ich habe überall nachgefragt, um irgendetwas über ihn herauszufinden. Zuletzt habe ich erfahren, dass die Polizei ihn am 6. Sept. gezwungen hat, sein Haus in New Orleans zu verlassen, und ihn nach San Gabriel gebracht hat und dass er noch immer in San Gabriel in Haft ist.
Ich wäre sehr froh, wenn es eine Möglichkeit gäbe, herauszufinden, ob es ihm gut geht, und vielleicht mit ihm zu sprechen. Meine Nummer für ein R-Gespräch ist {Nummer weggelassen}.
Angaben zu meinem Bruder:
Name: Abdulrahman Zeitoun.
Geburtsdatum: 24. 10. 1957
Adresse: 4649 Dart St., New Orleans, LA
Es wäre sehr freundlich von Ihnen, wenn Sie mich nur wissen lassen würden, ob es ihm gut geht.
Mit herzlichem Dank,
Ahmad Zeton
Málaga, Spanien
Kathy begann, die Situation mit Ahmads Augen zu sehen. Was, wenn die Staatsanwaltschaft versuchte, Zeitouns Inhaftierung zu rechtfertigen, indem sie ihm etwas anhängte – eine Verbindung, und sei sie auch noch so dünn, zu irgendwelchen terroristischen Aktivitäten. Selbst der fadenscheinigste Zusammenhang könnte genutzt werden, um seine Haft zu rechtfertigen und zu verlängern.
Kathy wollte so nicht denken.
DONNERSTAG , 22. SEPTEMBER
Sie rief wieder bei Raleigh Ohlmeyer an. Er hatte kurz zuvor in Hunt angerufen, wo man ihm bestätigt hatte, dass Zeitoun dort war.
Kathy rief Ahmad an und teilte ihm die Neuigkeit mit.
»Ja, aber hat ihn jemand gesehen?«, fragte er.
»Nein«, sagte sie.
»Dann können wir nicht sicher sein«, sagte er.
»Ahmad, ich bin sicher, dass –«
»Du musst dorthin«, sagte er. »Kathy, bitte.«
Er entschuldigte sich; er wusste, dass er Kathy zu sehr bedrängte, zu oft anrief, aber im Geist verfolgten ihn Bilder von seinem Bruder auf den Knien, in einem orangefarbenen Overall, in einem Käfig unter freiem Himmel. Mit jeder zusätzlichen Stunde, die Zeitoun festgehalten wurde, vergrößerte sich das Risiko, dass etwas Schlimmes passierte.
»Ich fliege nach New Orleans«, sagte er.
»Um was zu tun?«, fragte Kathy.
»Ich werde ihn finden«, sagte er.
»Nein. Tu das nicht«, sagte sie. »Dann stecken sie dich auch noch ins Gefängnis.«
FREITAG , 23. SEPTEMBER
Mittlerweile kannte Raleigh einige der Richter und Verwaltungsbeamten, die mit der Abwicklung der Post-Katrina-Häftlinge betraut waren. Er hoffte, erreichen zu können, dass Zeitouns Verfahren eingestellt wurde, und sagte Kathy, es wäre an der Zeit, dass sie nach Baton Rouge kam. Sie sollte herfliegen, damit sie vor Ort war, falls sie kurzfristig eine Besuchsgenehmigung bekämen. Es war möglich, dass es am Montag so weit wäre. Kathy buchte einen Flug und rief Adnan an, Zeitouns Cousin.
»Abdulrahman?«, fragte er zögerlich.
»Es geht ihm gut«, sagte sie.
Er atmete auf. Sie erzählte ihm die Geschichte von der Inhaftierung ihres Mannes und dass sie nach Baton Rouge kommen würde, um ihn zu holen.
»Du wohnst bei uns«, sagte Adnan. Er und seine Frau hatten für einen Monat eine Wohnung gemietet, nachdem sie in jener ersten Woche nach dem Sturm auf dem Boden einer Moschee in Baton Rouge hatten schlafen müssen.
Adnan würde sie abholen und zum Gefängnis fahren.
SONNTAG , 25. SEPTEMBER
Irgendetwas war mit dem Flugzeug nicht in Ordnung. Sie flogen so tief, sanken zu schnell. Kathy war sicher, dass die Maschine abstürzen würde. Sie hatte kein Vertrauen mehr in irgendetwas, das mit New Orleans zu tun hatte, nicht mal in den Himmel über der Stadt. Sie umklammerte ihre Armlehnen. Sie schaute sich um, ob auch noch andere verängstigt waren. Die Stimme des Piloten kam über die Lautsprecher. Er erklärte, dass sie tief über die Stadt hinwegflogen, damit die Passagiere einen Eindruck von den Schäden bekamen. Kathy konnte nicht hinsehen.
Als sie landeten, war der Flughafen in einem trostlosen Zustand. Sie sah Beamte der Flughafenpolizei und der Polizei von New Orleans und Nationalgardisten, aber kaum
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