Zeitriss: Thriller (German Edition)
Professor schnupperte an seinem Hemd. »Mann! Es riecht glatt verbrannt von dem elektrischen Schlag. Aber ich hätte den Kerl fast erwischt. War ganz nah dran.«
»Warum nehmen Sie kein leichteres Level, bis Sie etwas besser geworden sind?«, schlug Randall vor.
Author tat entsetzt. »Ich gewinne auf dem obersten oder gar nicht! Beleidigen Sie mich nicht mit Ihren albernen Ratschlägen.«
Wilson holte seinen Handheld hervor und sah nach, wie spät es war. »Wie wär’s, wenn wir uns auf die Socken machen, Leute? Minerva und ihre Freundin hätten schon vor einer Stunde hier sein sollen.«
Author kippte einen weiteren Scotch. »Seit wann sind Sie empfindlich, was Pünktlichkeit angeht? Wir haben massenhaft Zeit.«
Bei dieser Feststellung musste Wilson an den Baum des Lebens denken. Den Mythos gab es in vielen Kulturen, von den alten Assyrern bis in die Gegenwart. Es gab ihn auch in der Bibel, im Buch Genesis, wo er Adam und Eva hätte Unsterblichkeit schenken können. Doch die beiden aßen den Apfel vom Baum der Erkenntnis, der ihnen die Fähigkeit verlieh, Gut und Böse zu unterscheiden. Danach wurden sie aus dem Garten Eden verbannt, damit sie nicht auch noch vom Baum des Lebens essen und in ihrer Sündhaftigkeit ewig leben konnten.
Nach der chinesischen Mythologie wohnten Phönix und Drache in den Ästen des Baumes und gaben ihm Schutz und Kraft. Interessanterweise repräsentierte der chinesische Phönix das weibliche Prinzip, der Drache das männliche Prinzip, und von beiden hieß es, sie seien unsterblich.
Wilson hatte auch eine taoistische Geschichte über einen Baum aufgestöbert, der alle dreitausend Jahre eine einzige Frucht hervorbrachte, und wer die aß, lebte ewig.
Anhand der verschiedenen Mythen war ihm eines klar geworden: Der Baum des Lebens enthielt offensichtlich enorme Kräfte, und das war ein Grund mehr zu verhindern, dass GM die Mission für seine Zwecke benutzte.
»Lassen Sie uns ein bisschen an die frische Luft gehen, Randall«, sagte Wilson. »Es gibt etwas Wichtiges, worüber wir reden müssen.«
»Das können Sie doch hier tun!«, mischte Author sich ein und bestellte sich den nächsten Drink. »Sie wollen sich doch die Mädchen nicht entgehen lassen.«
»Wahrscheinlich tauchen sie gar nicht mehr auf«, erwiderte Wilson. »Und ehrlich gesagt, kann ich gut darauf verzichten, den ganzen Abend Whiskey zu trinken und Ihnen zuzusehen, wie Sie von Black Bart erschossen werden.« Er wandte sich Randall zu. »Kommen Sie.«
Ehe Randall sich dazu äußern konnte, erschien Minerva in der Schwingtür, dicht gefolgt von zwei anderen jungen Frauen. Die Thekensteher hielten für einen Moment inne und hefteten ihren Blick auf die Firmenelite, die durch den ganzen Raum auf Authors ausgestreckte Arme zuglitt.
Minerva ließ ein strahlendes Lächeln sehen. »Es tut mir leid, dass wir so spät kommen.«
»Das macht doch nichts, mein Täubchen«, erwiderte Author und spitzte die Lippen, um Minerva einen allzu vertraulichen Kuss auf die Wange zu geben. »Riechen Sie mal«, sagte er.
Wilson konnte bloß die Augen verdrehen.
»Sie duften wundervoll!«, sagte sie begeistert. »Sie werden der Casanova des Abends.« Dann drehte sich Minerva zu ihren Begleiterinnen um. »Das sind meine Freundinnen. Sie arbeiten mit mir zusammen auf der Vorstandsetage.«
Das sah man eindeutig.
»Hallo, ich heiße Lara«, sagte die große Blonde zu Author und Randall.
»Und ich bin Claudia«, sagte die kleinere Blonde und schüttelte Wilson kurz die Hand.
Der Professor gab Lara und Claudia einen Wangenkuss. »Ich bin Professor Author – ein selbst ernanntes Genie«, fügte er kichernd hinzu. »Dieser gut aussehende Bursche neben mir ist Randall Chen; auch sehr intelligent. Und der angetrunkene Kerl dort ist Wilson Dowling. Er meinte, Sie kämen gar nicht mehr, aber ich habe ihm erklärt, dass es schick ist, später zu kommen.«
Minerva sah Wilson ins Gesicht. »Das beweist nur, dass er nichts von Frauen versteht. Hab ich recht?«
»Vermutlich«, antwortete er.
»Ich will es mir gleich von der Seele reden, damit es mir nicht den Abend verdirbt«, meinte sie zu ihm. »Sie haben mir ganz schönen Ärger eingebracht, weil Sie Jasper die Hand geben wollten. Diese Nummer wäre fast meine Entlassung gewesen.«
»Dabei wollte ich nur selbst gefeuert werden«, erklärte Wilson.
»Sie lenken ab, Wilson. Mein Job stand auf der Kippe. Ich hatte auf eine Entschuldigung gehofft. Aber ich hätte es eigentlich wissen
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