Zeitriss: Thriller (German Edition)
Ich meine, Sie sollten sehr sorgfältig darüber nachdenken, was sich abgespielt hat und warum. Wir werden später noch darüber sprechen, inwieweit Ihnen das bei dem Bevorstehenden helfen könnte.«
Er hatte mit Randall vereinbart, die Zeitreise oder den Esra-Auftrag niemals am Telefon zu erwähnen. Nur persönlich und nur im Mercury Building durfte darüber gesprochen werden.
»Ich werde mir ein paar Gedanken machen«, versprach Randall. »Sie haben recht, die Sache könnte nützlich sein.«
»Ich rufe Sie an«, sagte Wilson und legte auf.
Er stieg aus dem Bett und ging ans Fenster, um das Bild des wolkenlosen Morgens in sich aufzunehmen. Von seinem Haus aus hatte er freien Blick auf den Wald und den sauberen Strand der nordkalifornischen Küste. Kurz kehrten seine Gedanken zu Minerva zurück. Ob er sie leiden konnte oder nicht, er musste an sie denken und überlegte, ob sie an diesem Spiel der Täuschungen, das sich nach dem gestrigen Abend als Verdacht aufdrängte, beteiligt war. Er hoffte, dass sie hinterher nicht mit zu Author gegangen war, und wollte es auch nicht annehmen. Allerdings nicht, weil er seinen Freund schützen wollte, sondern aus ganz egoistischen Gründen. Minerva hatte etwas an sich, das er attraktiv fand. Natürlich war sie schön, aber das war es nicht, was ihn anzog. Sie strahlte eine unabhängige Stärke aus, die ihn an Helena erinnerte, und sie war ihr auch geistig ähnlich. Er schüttelte den Kopf, wie um den Gedanken abzuschütteln.
Er ging ins Ankleidezimmer, zog sich eine Trainingshose und ein weißes T-Shirt über, dann Socken und Joggingschuhe. Er wollte angezogen sein, wenn er mit Jasper telefonierte. Bei einem Blick in den Spiegel stellte er fest, dass er wie ein absolutes Wrack aussah: zerzaust, unrasiert, mit Augenringen.
»Verbindung zu Jasper Tredwell, Vorstand«, rief er. »Bildschirm aus.«
»Die Verbindung wird hergestellt«, sagte die Computerstimme.
Nach zwei Sekunden meldete sich eine Frau. »Was kann ich für Sie tun, Wilson?«
»Minerva. Sie hätte ich ja gar nicht erwartet.« Er gab sich Mühe, gelassen zu klingen.
»Ich bin Jaspers Assistentin«, erwiderte sie. »Was haben Sie geglaubt, wer abnimmt?«
»Ich möchte sofort mit ihm sprechen«, sagte Wilson. »Ist er verfügbar?«
»Tut mir leid, er hat Besprechungen bis heute Nachmittag. Kann ich Ihnen anders weiterhelfen?«
»Es ist dringend. Sehen Sie zu, dass er mich so bald wie möglich anruft.«
»Das geht nicht vor drei. Ist das für Sie in Ordnung?«
»Ich muss bis Mittag mit ihm gesprochen haben.«
»Tut mir leid, Wilson. Vor drei ist er nicht verfügbar.«
»Hören Sie, bringen Sie ihn einfach dazu, mich anzurufen, Minerva«, forderte er scharf.
Einen Moment lang war es still. »Habe ich Ihnen etwas getan?«, fragte sie.
Wilson machte drei große Schritte über den Schieferboden seines Schlafzimmers, ehe er antwortete. »Nicht im Geringsten. Es gibt nur eine dringende Angelegenheit, die ich nur mit ihm besprechen kann, das ist alles.« Er hatte schon für sich beschlossen, Le Dan in seine Wohnung umzusiedeln. Dort würde er zusammen mit Randall warten, bis die Sache geklärt war.
»Wilson, darf ich Ihnen einen Rat geben?«, fragte Minerva.
»Nur, wenn Sie glauben, dass er mir hilft«, antwortete er abweisend.
»Wenn Sie mit Jasper etwas Wichtiges zu bereden haben, sollten Sie das persönlich tun. Meiner Erfahrung nach ist er sonst viel mehr geneigt, Ihr Anliegen abzulehnen. Das habe ich in den zwei Jahren, die ich für ihn arbeite, beobachten können.«
»Sollten Sie mir das wirklich raten?«, fragte Wilson.
»Es ist meine Aufgabe, Ihnen zu helfen«, antwortete sie. »Also, soll ich Sie für drei Uhr zur Besprechung eintragen, oder soll ich einen Anruf arrangieren?« Dann fügte sie hinzu: »Ich werde nicht hier sein, Sie brauchen also keine Angst zu haben, Wilson.«
»Angst wovor?«, wollte er fragen, doch das würde bloß ausweichend klingen. Darum sagte er: »In dem Fall bin ich für die persönliche Besprechung.«
Ehe er auflegen konnte, sagte sie: »Nur noch zwei Dinge, Wilson. Bitte versuchen Sie, diesmal pünktlich sein. Und bitte geben Sie ihm nicht die Hand.«
»Wird gemacht«, sagte er und legte auf.
Er ging zum Bett und ließ sich auf das zerdrückte Laken sinken. Die Situation war anscheinend nicht so leicht zu begreifen. Was hätte Barton mit diesem Schlamassel getan?, überlegte er. Doch er kannte die Antwort schon. Barton würde das Projekt noch schneller vorantreiben.
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