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Zeitriss: Thriller (German Edition)

Zeitriss: Thriller (German Edition)

Titel: Zeitriss: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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Wasser bringen ließ. Stühle wurden für sie hingestellt, damit sie in der Sonne sitzen und von der Gefangenschaft berichten konnten. Erst als der Eselskarren mit den vielen Särgen heranrollte, verebbten die Stimmen zunächst zum Flüstern und verstummten schließlich.
    Mit hochrotem Gesicht stampfte Lord Elgin durch die Umstehenden, die ihm Platz machten, und zog den Arm weg, als Parkes ihn zurückhalten wollte. Der hatte in seinem Brief unmissverständlich geschrieben, dass etliche seiner Begleiter nicht mehr am Leben waren – es hätte Elgin also nicht so in Rage bringen sollen, außer diese Reaktion gehörte zu seiner Strategie, den Zorn der Soldaten anzufachen.
    Elgin fuhr zu seinem Chefunterhändler herum. »Die Qing haben es gewagt, unsere Leute zu töten?«, brüllte er.
    »Und zu foltern«, ergänzte Parkes, drehte sich zu seinen Kameraden um und wies sie an, ihre heilenden Verletzungen zu zeigen. »Man hat uns an Händen und Füßen gefesselt«, gab er laut bekannt. »Die Schnur war nass und schrumpfte beim Trocknen auf die Hälfte zusammen, sodass sie die Durchblutung abschnitt. Uns schwollen die Hände und Füße an, bis die Haut unter dem Druck platzte. Nägel und Finger rissen auf und bluteten. Doch das war noch nicht das Schlimmste. In die ungeschützten Wunden legten Hunderte Schmeißfliegen ihre Eier, und wir konnten sie nicht abstreifen, da wir gefesselt waren. Die Maden wuchsen zu Tausenden heran und fraßen vom lebenden Fleisch. Sie können mir glauben, liebe Landsleute, diese Männer haben unaussprechliche Qualen durchlitten. Und für viele waren sie der Tod. Wer nicht an Blutvergiftung starb, ging im Wahnsinn an den Schmerzen zugrunde.«
    Das ganze Lager war still, wie gelähmt von der drastischen Schilderung.
    »Unsere Leute wurden geschlagen, obwohl sie schon mit aufplatzenden Händen am Boden lagen«, berichtete Parkes weiter. »Wenn sie um Essen oder Wasser baten, stopften ihnen die Wärter Erde und Kot in den Mund, bis keiner mehr zu bitten wagte.« Mit teuflischem Blick trat er zu Lord Elgin. »Ich habe noch nie jemanden so gehasst wie die, die diese Verbrechen begangen haben.« Dann deutete er auf seine Begleiter. »Diese Männer sind in der Hölle gewesen, und jeder, der sie überlebt hat, ist ein Held. Viele von uns starben in den ersten drei Tagen. Thomas Bowlby, Captain Brabazon und Lieutenant Anderson, um nur ein paar zu nennen. Und gemessen an unserer Behandlung sollten wir jetzt alle tot sein.«
    »Ihre Tapferkeit wurde zur Kenntnis genommen!«, sagte Lord Elgin, noch immer stark errötet. »Und es ist Zeit, Rache zu nehmen! Diese Verbrecher niederzumetzeln! Es ist Zeit, im Namen der Königin alle auszurotten, die es wagen, britische Soldaten zu foltern und zu töten. Erst recht wenn sie unter der weißen Flagge geritten sind.«
    Ein hasserfülltes Gemurmel erhob sich ringsherum, eine mörderische Stimmung breitete sich aus.
    »Wir wären jetzt tot, meine Männer und ich!«, rief Parkes dagegen an, als stünde er auf einer Bühne im Westend. »Doch wir leben noch, weil maßgebende Mitglieder der Kaiserfamilie Barmherzigkeit walten ließen. Ohne sie wären wir heute nicht hier.« Seine Worte wirkten augenblicklich dämpfend, und er sah Elgin an, dass ihn die Anerkennung der Milde völlig aus dem Tritt brachte.
    »Meine Männer haben dem Tod ins Auge geblickt«, fuhr Parkes fort. »Sie haben Unmenschliches durchgemacht. Aber als ich schon glaubte, mein Schicksal sei besiegelt, zeigte sich ein Hoffnungsschimmer. Wie von der Hand Gottes berührt, fühlte ich mich plötzlich neu belebt. Das Schicksal wollte es, dass unsere alliierten Verbände an der Acht-Li-Brücke einen monumentalen Sieg erringen. Damit haben Sie mich und meine Begleiter gerettet, denn deswegen floh der Kaiser mit seinem Hofstaat aus der Verbotenen Stadt und übertrug die Verantwortung seinem jüngeren Bruder, dem vernünftigen, freundlichen Prinzen Kung, dem die kaiserliche Gemahlin Cixi beratend zur Seite steht.«
    »Wir müssen die Qing dafür bezahlen lassen, was sie Ihnen angetan haben«, schäumte Lord Elgin.
    »Unsere Ziele, deretwegen wir hier sind, haben wir fast erreicht«, rief Parkes. »Wir dürfen Peking nicht angreifen, denn wenn wir die Stadt vernichten, vernichten wir auch unsere größten Unterstützer für die weitere Zukunft und genau die Menschen, denen wir unser Überleben verdanken.« Er drehte sich einmal im Kreis. »Ich meine auch, dass wir für die Gräueltaten Rache nehmen müssen. Wir

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