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Zeitriss: Thriller (German Edition)

Zeitriss: Thriller (German Edition)

Titel: Zeitriss: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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müssen unsere Toten rächen. Die Qing haben sich mit der bedeutendsten Macht der Welt angelegt! Ich sage, wir holen uns von China mehr, als wir zu Anfang gefordert haben.« Er zeigte nach Norden. »Dort liegen unvorstellbare Reichtümer, und die werden uns gehören.«
    »Was schlagen Sie da vor?«, fragte Lord Elgin.
    »Es gibt nur einen Ort in ganz China, der größeren Reichtum hat als die Verbotene Stadt, der mehr als jeder andere in diesem mittelalterlichen Land für seine Schönheit berühmt ist. Das ist der Sommerpalast, das Lustschloss der Qing-Kaiser, das sie fast sechs Monate im Jahr bewohnen. Die Verbotene Stadt ist das zeremonielle Zentrum, der Sommerpalast die Wohnstätte. Nichts verkörpert stärker die Macht und Vornehmheit der Qing-Kaiser. Lord Macartney ist dem Kaiser Qianlong dort 1793 begegnet und hat gesagt, das sei der eindrucksvollste Platz auf Erden. Ein Märchenland voller Gold und Juwelen.« Parkes drehte sich ein zweites Mal nach allen Seiten. »Dort werden wir unsere Toten rächen! Dort werden wir China plündern und ihnen für immer die Illusion rauben, dass die Qing die Welt regieren.«
    Parkes ging an Elgins Seite und raunte ihm ins Ohr: »Wir dürfen es nicht riskieren, Peking anzugreifen und Chen zu verärgern. Er warnt ausdrücklich, dass dies Mandschu und Chinesen einen würde. Wenn wir den Sommerpalast zerstören, wird das die Chinesen nicht kümmern. Er wurde von den Mandschu-Kaisern errichtet.«
    Die Entschlossenheit, mit der Parkes die Plünderung vorschlug, machte Elgin sprachlos. Er selbst hatte das gar nicht erst in Erwägung gezogen, da er fürchtete, dass Senggerinchins Kavallerie noch in den Wäldern auf der anderen Seite Pekings lauern könnte.
    »Auf diese Weise brechen wir nicht die Vereinbarung mit Mr. Chen«, flüsterte Parkes.
    »Könnten wir in eine Falle laufen?«
    »Das ist keine Falle«, sagte Parkes entschieden. »Die verbliebenen Streitkräfte der Qing haben sich hinter die Stadtmauern verkrochen. Ich habe sie selbst gesehen.«
    In Elgins Kopf schnurrten die Rädchen: Der Reichtum dieses Sommersitzes war angeblich unvorstellbar; damit ließe sich der Krieg finanzieren, ohne dass man auf die Reparationen angewiesen wäre, die die Verhandlungen erst noch zu erbringen hatten. Und, wie Harry ausgeführt hatte, hieße das vor allem, dass er die Abmachung mit Mr. Chen wortwörtlich einhielt. Der Sommerpalast lag acht Kilometer von Pekings Stadtmauer entfernt. Also könnte er behaupten, nicht wortbrüchig geworden zu sein.
    »Rache muss schnell sein!«, brüllte er.
    »Der Sommerpalast muss ausgeräumt werden!«, stimmte Parkes ein. »Jeder kostbare Zierrat, jedes Kunstwerk wird eingesammelt und mitgenommen!«
    Sir Hope fügte genüsslich hinzu: »Jeder Mann und jeder Eunuch wird da drinnen niedergemacht!«
    Das dumpfe Gemurmel des Hasses griff erneut um sich. Die Stimmung lud sich immer mehr auf. Parkes sah es in sämtlichen Gesichtern. Selbst seine Mitgefangenen, die erst vor einer halben Stunde die Freiheit erlangt hatten, ließen sich anstecken von der Vorfreude auf Zerstörung und Beute. Die Rache würde süß sein.
    »Wir entreißen ihnen ihren Reichtum!«, brüllte Lord Elgin. »Wir lassen nichts zurück! Jeder Soldat wird seinen Anteil bekommen.«
    Im Lager erhob sich fröhliches Gejohle.
    »Das ist der Augenblick, in dem sich der zweite Opiumkrieg auszahlen wird!«, brüllte Elgin. »Für Königin und Vaterland, der Sommerpalast muss brennen. General Napier, Sir Hope – lassen Sie Ihre Männer antreten.«

39.
Peking, China
Verbotene Stadt
Palast der Gesammelten Eleganz
8. Oktober 1860
Ortszeit: 19.00 Uhr
Unternehmen Esra – Tag 219
    Im Kamin prasselte ein lebhaftes Feuer, die Flammen leckten in den eisernen Rauchfang. Es verströmte eine starke Hitze und sandte ein goldenes Licht auf die Wände des großen säulengestützten Raumes.
    Allein in Cixis Schlafgemach, schritt Randall wartend auf und ab. Sie hatte ihn vor einer halben Stunde herbestellt, und das erfüllte ihn mit bösen Vorahnungen.
    In vier Tagen schon würde er ein für alle Mal von hier verschwinden. Sein Eingreifen würde im Stolz der Sieger untergehen und bei den Besiegten vergessen werden. Die Geschichte würde sagen, dass Randall Chen nie existiert hatte. Dafür würden Lord Elgin und Harry Parkes als erfolgreiche Invasoren dastehen, und Cixi wäre für immer die Frau, die im Alleingang das Reich der Mitte vor der Selbstzerstörung bewahrt hatte. Nur der Esra-Aufseher würde die Wahrheit

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