Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitriss: Thriller (German Edition)

Zeitriss: Thriller (German Edition)

Titel: Zeitriss: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
Vom Netzwerk:
hereinzulassen«, sagte er, als sie an ihm vorbeiging und dabei eine Spur ihres Parfüms hinter sich ließ.
    »Und es ist auch dumm von mir herzukommen, das weiß ich«, sagte sie.
    Sie ging den verglasten Flur hinunter auf Wilsons Schlafzimmer zu, als wüsste sie genau, wo es lag. Wilson konnte nur bewundernd zusehen, wie sich ihre Hüften in dem dünnen schwarzen Kleid bewegten und ihre Silhouette sich vor dem Meeresblau hinter den Glasscheiben abhob.
    Sie betrat das Schlafzimmer und drehte sich einmal im Kreis, um alles in sich aufzunehmen: die Aussicht aufs Meer, den Pool draußen neben der Anlegestelle, den Blick über die Berge. Kurz verweilten ihre Augen auf dem düsteren Gemälde über dem ungemachten Bett. Dann sah sie Wilson an, als wüsste sie genau, was es ihm bedeutete. »Sie haben mein Leben verändert«, sagte sie. »Dass es so weit kommt, wusste ich gleich, als ich Sie zum ersten Mal sah.«
    Wilson wurde plötzlich klar, dass er es leid war, allein zu sein. Der Druck, den er empfand, war kalt, hässlich und unlebendig, und nun stand eine Frau vor ihm, die so lebendig und schön war, dass er gar nicht anders konnte, als sich von ihr anziehen zu lassen. Minerva legte die flache Hand an seine Brust. Er spürte ihre Wärme durch den Jackenstoff. »Das ist ein Fehler«, sagte er.
    »Ich habe Ihretwegen schon meinen Job verloren«, erwiderte sie sanft.
    »Ich weiß nicht, ob ich Ihnen das glaube.«
    Sie kam näher, neigte leicht den Kopf zur Seite und drückte ihre vollen Lippen auf seinen Mund.
    Wilson war klar, dass er das nicht zulassen sollte, aber er fühlte sich machtlos. Als er ihre Zunge spürte, erwiderte er die Umarmung und fühlte das Gewicht ihres Körpers. Mit wachsender Intensität wogte die Lust durch seine Muskeln, während seine Hände über ihre Kurven fuhren, die das dünne Sommerkleid kaum zu verhüllen schienen. Das war Himmel und Hölle zugleich. Die Frau, die bei ihm war, war wahrscheinlich eine Spionin. Nur für wen? Doch Wilson hatte bereits entschieden, die Situation zu nehmen, wie sie war, um sich zu verschaffen, was er so dringend brauchte.
    Aus den Augenwinkeln sah er das Gemälde. Die Lichtpunkte im Zentrum schienen vor Energie zu pulsieren. In dem Moment war Wilson genau da, wo er sein wollte, wie schräg die Geschichte auch war. Denn eines war sicher: Er fühlte sich am wohlsten von Gefahr umgeben, wenn um ihn herum alles auf der Kippe stand. Und genau danach sah die Sache aus.

42.
Ebene bei Peking, China
3 Kilometer südlich des Sommerpalastes
9. Oktober 1860
Ortszeit: 6.05 Uhr
Unternehmen Esra – Tag 220
    Randall hatte ein brennendes Gefühl im Magen, während er auf die weißen Mauern des Sommerpalastes zugaloppierte. Dahinter ragten die Yanshan-Berge über den wogenden Hirsefeldern der Ebene auf. Die Sonne war noch nicht über den Horizont gestiegen, und das Licht war dunstig grau. Die Nächte wurden immer kälter, der Winter nahte, und an diesem Morgen war es besonders kalt. Die Nüstern seines Ponys bliesen weißen Nebel in die Luft. Randall war in Begleitung von zwei Eunuchen der kaiserlichen Garde, die rechts und links neben ihm die Schieferstraße entlangritten.
    Über seiner grünen Uniform trug er eine eng geschnürte Weste mit Wollfutter, die zu seinen kniehohen wollegefütterten Stiefeln passte. Beides schützte ausgezeichnet gegen die Kälte, viel besser als sein heimischer Anzug und die Lederjacke, die er zuletzt ständig getragen hatte. Auf dem Kopf trug er eine schwarze Samtkappe mit Ohrenklappen, auf dem Rücken ein Kurzschwert, dessen lederumwickeltes Heft über die rechte Schulter ragte.
    Es war keine zwei Stunden her, seit er sich von Cixis wunderbarer Nacktheit gelöst hatte, um durch das Nordtor zu den Außenvierteln Pekings zu eilen und schließlich die Stadt zu verlassen. Später als erwartet hatte er die Stadtmauer hinter sich gelassen, und jetzt kam alles darauf an, vor den alliierten Truppen den Sommerpalast zu erreichen. Elgin hatte sicherlich Spähtrupps ausgeschickt, um nicht in einen Hinterhalt zu tappen, und Randall zählte auf die Tatsache, dass er bei allen höheren Offizieren bekannt war und die Spähtrupps von jemandem geführt wurden, der mindestens Major war.
    Er hatte vor, den Alliierten allein entgegenzutreten und die Plünderung zu vereiteln. Da ihn bereits eine Legende umgab, war er sicher, dass Lord Elgin es nicht wagen würde, mit ihm die Klinge zu kreuzen. Er hatte nur zwei Palastwachen bei sich und würde daher äußerst

Weitere Kostenlose Bücher