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Zeitriss: Thriller (German Edition)

Zeitriss: Thriller (German Edition)

Titel: Zeitriss: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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schaute staunend zu den zwei goldenen Wachtürmen hoch. Dazwischen leuchtete das scharlachrote Haupttor, das mit zehn Meter Höhe und zehn Meter Breite beeindruckend war. Überraschenderweise schien es unbewacht zu sein, auch auf den Türmen ließ sich keiner blicken. Randalls Herz schlug schneller, während er darauf zugaloppierte. War das Palastgelände bereits überrannt worden, oder waren die Wachen geflohen, nachdem sie gesehen hatten, dass sich das Heer der Feinde näherte?
    Im leichten Galopp lenkte er sein schnaubendes Tier durch den Torspalt und drang wachsam in eine Welt ein, die nur wenige Männer je zu Gesicht bekommen hatten.
    Der südliche Eingang führte in den Garten der Vollkommenheit und des Lichts. Doch es war nicht die Schönheit und Erhabenheit der Palastbauten oder der Parklandschaft, die seine Aufmerksamkeit auf sich zog, sondern die gut zwanzig Leichen, die überall im Vorhof in ihrem Blut lagen.
    Alle waren Wachen, denn sie trugen die rotviolette Uniform der Garde des Sommerpalastes. Viele waren aus nächster Nähe erschossen worden; die Eintrittswunden trugen die typischen Verbrennungen durch das Mündungsfeuer.
    Randall nahm die Samtkappe ab und sah sich nach allen Seiten um, doch nirgends war jemand. Er untersuchte das schwere Holztor; es war nicht gewaltsam geöffnet worden.
    Er wandte sich seinen Begleitern zu und deutete mit dem Kopf zum Wald hinüber. »Du verbirgst dich sofort zwischen den Bäumen!«, befahl er einem. »Ich will nicht, dass jemand auf dich aufmerksam wird. Wenn die Feinde anrücken, fliehe durch das Westtor und melde der Edlen Kaiserlichen Gemahlin, was hier passiert ist.« Zu dem anderen sagte er: »Steig auf den Turm, und sag mir, was du siehst!«
    Der Eunuch sprang vom Pferd, zog das Schwert und verschwand im Wachturm. Kurz darauf erschien er am höchsten Punkt und spähte nach Südosten. Der Wandel, der sich auf seinem Gesicht vollzog, bestätigte Randalls Vermutung.
    »Da kommen Tausende Soldaten«, rief er mit hoher Stimme herab. »Sie sind nur noch drei Kilometer entfernt!«
    Mit dem Sonnenaufgang kamen also auch die roten Teufel.
    Randall nickte und zeigte dann auf ein anderes Stück Wald. »Geh dort in Deckung!«, rief er dem Eunuchen zu. »Wenn sie das Tor erreichen, ehe ich fertig bin, reite durch das Nordtor zur Verbotenen Stadt.«
    Er gab seinem Pferd die Sporen und raste im gestreckten Galopp auf eines der Barockschlösser zu, das er von weitem sah, einen dreistöckigen Koloss mit vielen Hundert Zimmern und noch mehr Fenstern und hübsch geschwungenen Giebeln. Ringsherum blühten Blumen in bunten Rabatten. Aus einem langen, rechteckigen Becken in der Mitte des Gartens stiegen Dutzende Fontänen auf. Sicher würden die gierigen Invasoren hier mit den Plünderungen beginnen.
    Er folgte der Spur von Leichen, viele Gärtner und ein paar Wachen. Es dauerte nicht lange, da stieß er vor einem Schlosseingang auf einige Pferde der Franzosen. Es waren acht.
    Als ihm einfiel, dass sie ihn wahrscheinlich durch die Fenster kommen sahen, zog er das Schwert und sprang noch im Galopp aus dem Sattel. Er rannte auf die offene Flügeltür zu und hechtete mit einer Rolle vorwärts in die Eingangshalle. Dort standen wenige vergoldete Barockmöbel. Die Decke wölbte sich in Ehrfurcht gebietender Höhe. Möbel, Vorhänge, Kronleuchter, alles passte bis ins Detail ins Europa des 17. Jahrhunderts. Gebaut und ausgestattet hatten das Schloss die Jesuiten Giuseppe Castiglione und Michel Benoît vor über hundert Jahren. Sie waren von Kaiser Qianlong mit großzügigen Vollmachten ausgestattet worden, um seine Vorliebe für exotische europäische Bauten zu befriedigen.
    Da Randall keine Franzosen sah, blieb er lauschend stehen. Er brauchte nur ein paar Sekunden zu warten, da hörte er aus der oberen Etage Glas klirren. Leise stieg er die geschwungene Marmortreppe hinauf, um dem Plünderungsgeschehen einen ersten Riegel vorzuschieben.
    Raues Gelächter hallte ihm entgegen. Plötzlich fiel ein Schuss, und wieder klirrten Scherben, begleitet von lautem Lachen. Ein zweiter Schuss knallte durchs Treppenhaus; das Gelächter folgte sogleich. Die Franzosen schienen sich gut zu amüsieren. Randalls Zorn wuchs, während er lautlos wie ein Phantom nach oben schlich. Er wusste, er würde nicht die Zeit haben, den Saal zu überblicken.
    Er rannte in den ersten Raum, eine gut gefüllte Bibliothek, und schnitt einem französischen Seesoldaten die Kehle durch, drehte sich im Sprung herum und stach

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