Zeitriss: Thriller (German Edition)
den nächsten Schluck.
»Sie scheinen sich nicht zu freuen, meine Stimme zu hören«, stellte Professor Author fest. Er zog sich einen Stuhl heran und setzte sich. »Sie könnten mich wenigstens ansehen.«
Widerstrebend machte Wilson die Augen auf. Authors krause Haare waren kurz geschnitten, geradezu militärisch kurz, und er hatte beträchtlich abgenommen. Wilson hätte ihn nicht wiedererkannt, wenn er ihm woanders über den Weg gelaufen wäre. »Sieh mal da, Sie sehen ja blendend aus.«
»Ich bin quasi ein neuer Mensch«, bekräftigte der Professor. »Ich habe jetzt an drei Tagen in der Woche einen Personal Trainer.« Er sah an sich hinab. »Sehe dünner aus, hm?«
Wilson zog eine Augenbraue hoch. »Die Klamotten sind noch dieselben.«
»Ich mag sie eben – so ist es einfacher. Hab sie aber in der Taille enger machen lassen. Doch reden wir von was anderem. Sie sind nicht gerade leicht zu finden gewesen.« Ehe Wilson darauf etwas sagen konnte, stand Author abrupt auf. »Ich hole mir schnell einen koffeinfreien Magermilchkaffee. Möchten Sie auch noch was?«
Wilson schüttelte den Kopf. »Nein, danke.«
Als der Professor nach drinnen verschwunden war, überlegte Wilson träge, einfach aufzustehen und abzuhauen. Aber der Cappuccino schmeckte gut, die Sonne schien ihm warm ins Gesicht, und er war neugierig, warum der Professor seinetwegen den ganzen Weg nach San Diego gekommen war.
»Ich hatte schon befürchtet, Sie würden versuchen zu türmen«, sagte dieser, als er zurückkam. »Aber ich bin jetzt so fit, ich hätte Sie sowieso eingeholt.« Er schlürfte an seinem Kaffee.
»Der Gedanke ist mir gar nicht gekommen«, erwiderte Wilson.
»Dem Bart und Ihrer Bräune nach zu urteilen sind Sie wohl um die ganze Welt gesegelt.«
»Nur durch die Karibik.«
»Das erklärt, wieso wir Sie nicht über die Kreditkarte lokalisieren konnten«, erzählte der Professor, als wäre das eine selbstverständliche Bemerkung. »Da unten gibt es noch kein Automatensystem, oder? Jedenfalls haben wir Sie erst ausfindig gemacht, als Sie in Acapulco waren.«
»Wer ist eigentlich wir?«, fragte Wilson.
»Als Erstes will ich Ihnen sagen, dass ich Ihnen die Minerva-Sache verzeihe.« Er schlürfte weiter seinen Kaffee. »Sie hatten gar keine Chance, ihr zu widerstehen. Das ist mir inzwischen klar geworden. GM hatte ihr Anweisung gegeben, sich an Sie ranzumachen … Sie Ärmster.«
»Wer ist wir?«
»Sie ist intelligent und schön, und sie wollte mit Ihnen ins Bett – weiß der Geier warum. Aber schließlich sind Sie auch nur ein Mensch und ein Mann dazu. Also verzeihe ich Ihnen. Diese Episode liegt hinter uns. Kommen wir also zur Zukunft –«
»Wer ist wir?«, fragte Wilson zum dritten Mal.
Der Professor verzog das Gesicht. »Beim Segeln griesgrämig geworden, wie?« Er lächelte. »Aber Sie sind zu Recht misstrauisch. Und jetzt wird’s interessant. Wissen Sie, ich arbeite nämlich jetzt für GM .«
»Das meinen Sie nicht ernst!«
»Sehe ich etwa aus wie ein Spaßvogel? Nein, antworten Sie nicht. Jedenfalls scheint es, als hätten wir ein kleines Problem mit Randall.«
»Interessiert mich nicht«, sagte Wilson und sah in eine andere Richtung. »Das habe ich hinter mir.«
»Sie müssen sich das anhören, Wilson. Und Sie müssen mal überlegen, warum ich wohl für einen so verdorbenen Egomanen wie GM arbeite. Sie kennen mich, ich bin nicht gerade der Vertrauensseligste. Sie haben mich sogar mal als krankhaften Zyniker bezeichnet. Ich muss also einen guten Grund haben, hierherzukommen, hm?«
»Man kann jeden Menschen kaufen.«
Author fing an zu lachen, als wäre das der Witz des Jahrhunderts. »Nein, nein, das hat nichts mit Geld zu tun, glauben Sie mir.« Dann wurde er plötzlich ernst. »Es hat mit den Qumran-Rollen zu tun. Sie verändern sich, Wilson. Aber das wollen Sie ja nicht hören, also was soll’s«, sagte Author und sah in die Ferne.
»Was heißt, sie verändern sich?«
»Nein, nein. Genießen Sie Ihren Kaffee.«
»Kommen Sie, Professor. Machen Sie es nicht schwerer, als es ist.«
Author lehnte sich nach vorn, sein Gesicht wurde ernst. »Und es sind nicht nur die Schriftrollen, auch die Geschichte ändert sich. Besonders die chinesische Geschichte. Das Unternehmen Esra ist aus dem Ruder gelaufen, und Randall kommt nicht zurück, zumindest nicht zu unseren Lebzeiten.«
»Woher wissen Sie das?«
»Na ja … wir haben ein Foto von ihm entdeckt.«
»Na und?«
»Es wurde neununddreißig Jahre nach seinem
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