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Zeitriss: Thriller (German Edition)

Zeitriss: Thriller (German Edition)

Titel: Zeitriss: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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Gegensatz zu den kaiserlichen Soldaten in Korea.«
    Cixi drehte den Kopf und musterte ihn. »Ihr seid in der Tat ein schöner und kraftvoller Mann, mein Geliebter. Und Ihr habt recht – streiten ist töricht. Wir werden unsere Kräfte bündeln und das Land für immer von den Invasoren befreien. Und wenn unsere Heere sie vernichtet haben, werden die Qing als unbestrittene Herren der Welt betrachtet werden, wie es ihnen gebührt.«
    »Um dieses ehrenhafte Ziel zu erreichen, müsst Ihr auf meine Befürchtungen hören. Wir müssen uns rüsten, Tientsin einzunehmen, und unsere Truppen verstärken, um die Route vom Meer zu schützen. Ich sehe, Ihr haltet das für übereifrig, doch auf diese Weise können wir nie wieder von einem Expeditionskorps überrascht werden.« Randall seufzte. »Doch ich befürchte nach wie vor, dass die Dinge nicht sind, wie sie sein sollten.«
    In dem Moment kam über den Dächern im Süden der Mond hinter einem Wolkenstreifen hervor und legte einen Schleier aus Licht über den Hof.
    »Ich werde Euren Rat annehmen, mein Geliebter«, sagte Cixi. »Wir sind stark an Geist und stark an Zahl; jedoch sollten wir uns nicht erlauben, selbstgefällig zu werden – keinesfalls.« Sie strich Randall mit flacher Hand über die Wange. »Nun … kommt mit hinein, und lasst mich Eure Last erleichtern. Das ist das Mindeste, was ich für den Ersten Boxer tun kann.«

53.
Peking, China
Tatarenstadt
Britische Botschaft
31. Mai 1900
Ortszeit: 20.46 Uhr
    Da ihm bewusst wurde, dass dies die beste Gelegenheit war, die Gesandten zu treffen, klopfte Wilson sich den Staub aus dem Anzug und zog ein frisches Hemd an. Die chinesischen Diener hatten seine Reitstiefel so blank poliert, dass er sein Gesicht darin sehen konnte. Er war müde von der langen Reise, gab sich aber dennoch Mühe mit der weißen Fliege, die die Diener ihm gegeben hatten, und kämmte sich die Haare nach hinten. Es war so drückend heiß, dass er sich wehrte, das Jackett anzuziehen; das wollte er erst tun, wenn es nicht mehr anders ging. Darum nahm er es über den Arm und ging zur Tür.
    Er trat auf die Veranda des zweiten Stocks und blickte über das Botschaftsgelände und die hohe Mauer ringsherum. Von allen Botschaften war die britische am besten geschützt. Nach Westen zu lag der kaiserliche Wagenpark, ein großes, freies Gelände mit wenigen Gebäuden. Und hinter der Ostmauer floss der stinkende Jadekanal, der so voller Krankheitskeime und Abfälle war, dass sicher niemand hineinspringen würde. Wilson schnupperte und tatsächlich drang der widerliche Gestank bis zu ihm herauf.
    Als der Vollmond hinter einem Wolkenstreifen hervorkam, hörte Wilson schwach das Spiel eines Streichquartetts.
    Es war schwer zu glauben, dass er im Jahre 1900 in Peking stand. Als er sich nach Nordwesten drehte, schlug sein Herz schneller, denn er dachte an Randall Chen hinter den zinnoberroten Mauern der Verbotenen Stadt. Er wusste, dass Randall beunruhigt war, weil man ihm berichtet haben dürfte, dass dreihundertfünfzig bewaffnete Soldaten aus sechs Nationen im Laufschritt durch das unbemannte Chienmen-Tor gekommen waren.
    Wilson dachte daran, wie er zwischen den US -Marines durch die Straßen gehastet war, begleitet vom Geheul Tausender Pekinger, die sich am Straßenrand drängten und ihnen Schimpfwörter zuriefen, mit denen sie die Vorfahren der Soldaten beleidigten. Er hatte um sein Leben gefürchtet, obwohl er Bewaffnete zu seinem Schutz bei sich gehabt hatte, und war heilfroh gewesen, als Captain McCalla Laufschritt befahl, sowie sie sich dem Gesandtschaftsviertel näherten. Wilson hatte gelegentlich einen Boxer in der Menge gesehen, in weißer Tracht mit roten Bändern an Hand- und Fußgelenken. Um den Kopf trugen sie einen roten Schal und auf der Brust das chinesische Zeichen für Glück.
    Welche Ironie, dachte er.
    Der Hass, den sie ausstrahlten, war enorm. Selbst jetzt in der Gesandtschaft, auf britischem Boden, spürte er ihn, als würde die Aggression wie eine Schwingung durch die warme Nachtluft übertragen.
    Er griff in die Hosentasche und zog die Phiole heraus, die Minerva ihm gegeben hatte – sie hatte den Transport unbeschadet überstanden und schien nicht zu zerfallen. Er überlegte, sie einfach über die Mauer in den Jadekanal zu werfen, doch er wurde abgelenkt, als ihn aus dem Garten jemand rief.
    »Kommen Sie, Wilson, das Dinner wartet!«
    Es war Captain McCalla.
    Wilson ließ die Phiole wieder in die Tasche gleiten, zog sich das Jackett an und

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