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Zeitriss: Thriller (German Edition)

Zeitriss: Thriller (German Edition)

Titel: Zeitriss: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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keinen Preis auf Gottes Erde würde er sich an dem Lob für einen Mann beteiligen, der sein eigenes Volk verriet, ob blaue Augen oder nicht.
    Elgin blickte ebenfalls den Fluss hinunter, ohne die Hand von Randalls Schulter zu nehmen. »Sie hatten recht, was die Blockade angeht, und auch hinsichtlich der russischen Kanonen«, sagte er leise. »Ich kann mir vorstellen, dass wir in große Schwierigkeiten gekommen wären.«
    »Aber die Kavallerieattacke ist ausgeblieben«, bemerkte Parkes, der in anderer Richtung über das Schlickwatt spähte. »Ich frage mich, wieso Sie sich hierin geirrt haben.«
    Lord Elgin griff rasch ein. »Nun darauf bestehen zu wollen, dass Mr. Chen den Franzosen den Sieg zuschanzen wollte, ist doch lächerlich. Wir haben gesiegt und werden in die Geschichte eingehen.«
    »Das ist wahr«, bestätigte Parkes, als wäre Randall gar nicht dabei. »Doch wird er hinsichtlich der übrigen Forts recht behalten?«
    Randall hatte ein hohles Gefühl im Magen. Er konnte nicht mehr sicher sein, was passieren würde. »Sie werden kapitulieren«, behauptete er fest. Seine Gedanken wanderten zu Wilson. Was würde er in dieser Lage tun?
    Er zog seine Uhr hervor und sah nach der Zeit. Inzwischen war das eher eine nervöse Angewohnheit geworden, doch sie diente dazu, den britischen Adel auf dem Wehrturm in Unruhe zu versetzen. Wie immer verfolgte Parkes alles, was Randall tat und sagte, mit größtem Interesse. Dieser Fremde war ihm ein Rätsel, und nicht nur ihm, sondern jedem, der ihm begegnete.
    Und so war er auch nicht der Einzige, der den chinesischen Berater mit den blauen Augen genau beobachtete. Auf den unteren Ebenen des Forts, wo man immer noch damit beschäftigt war, die Gefallenen wegzuschaffen, befanden sich unter den Kulis, die zu zweit je einen Toten die Rampen hinuntertrugen, Senggerinchins Attentäter. Es waren die besten Männer, die er aufbieten konnte; sie hatten ein Leben lang gelernt, schnell und lautlos zu töten. Nachdem sie sich den Baumwollanzug toter Kulis übergezogen hatten, konnten sie sich frei unter den anderen Kulis bewegen und würden nicht so leicht erkannt werden. Ihr einziges Handicap war, dass sie nur Mandarin sprachen, während die Kulis aus Hongkong stammten und nur Kantonesisch konnten. Untereinander waren sich die vier Männer nur in einem einig: Sie würden im Freien und zu mehreren angreifen. Ihre Übermacht und das Überraschungsmoment waren ihr größter Vorteil. Der Erfolg war ihnen sicher.
    Abwechselnd beobachteten sie den Blauäugigen, um sich einen Eindruck zu verschaffen und den rechten Moment für den Anschlag abzupassen.

13.
Peking, China
Verbotene Stadt
Palast der Himmlischen Reinheit
22. August 1860
Ortszeit: 14.25 Uhr
Unternehmen Esra – Tag 172
    Erst am Mittag des folgenden Tages gelangte die Nachricht von der Niederlage nach Peking. Auf Cixis Beharren hin hatte Kaiser Hsien Feng den Kriegsrat in der Halle der Himmlischen Reinheit zusammengerufen, dem viertwichtigsten unter den vielen Palästen. Wie alle Angelegenheiten in der Verbotenen Stadt wurde auch diese mit großem Pomp und viel Zeremonie durchgeführt. Ein einfaches Treffen dieser zehn Männer verlangte es, dass über zweihundert Eunuchen sie bewachten und bedienten und über fünfhundert Soldaten aufgereiht im Hof standen.
    Der goldene Thron des Himmelssohnes ruhte auf drei hohen Stufen und war mit blau-silbernen, fünfklauigen Drachen verziert. Das Podest stand in der Mitte zwischen den vier roten Säulen, die das ausladende, spitze Dach trugen. Der Paravent an der Rückseite des Thrones maß knapp fünf mal sechs Meter, und das Licht funkelte auf Hunderten von Drachen und anderen Figuren, die kunstvoll in das vergoldete Holz geschnitzt waren. Fünf Treppen führten zum Thron hinauf, von denen die mittlere vom Kaiser allein benutzt wurde. Zwischen den Treppen gab es vier Sockel mit azurblauen Weihrauchschalen aus feinstem Porzellan. Alles, was man sah, war atemberaubend, wie der gesamte Palast und die weiten Höfe, die ganze Verbotene Stadt. Und dieser war nicht einmal der eindrucksvollste der 9999 Räume. Die Chinesen glaubten, der Himmel werde von den Sternen des Nachthimmels repräsentiert, von denen es 10 000 gebe. Da allein der Himmel vollkommen sei, könne die Verbotene Stadt nur fast vollkommen sein.
    Draußen im Hof standen die Soldaten der Tiger-Fußtruppen in zehn Reihen unter der sengenden Sonne vollkommen still. Sie trugen gelb-schwarze Seidengewänder und dazu das Schwert und den

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