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Zeitriss: Thriller (German Edition)

Zeitriss: Thriller (German Edition)

Titel: Zeitriss: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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Überall lagen Leichen. Die Gebäude, die in der Mitte gestanden hatten, waren mit dem Pulvermagazin in die Luft gesprengt worden. Ringsherum führten Rampen in verschiedene Richtungen, einige zur Brüstung der Außenmauer – die von innen gar nicht so einschüchternd wirkte – und andere zur mittleren Geschützstellung, die auf dem wuchtigen Turm postiert war. Dort, hoch über dem Morast und den blutigen Rinnsalen, hing der Union Jack nass und schlaff im Regen und bewegte sich nur hin und wieder, wenn der Wind kurz auffrischte.
    An der Ost- und der Südseite ragten fünfzig Leitern der Verbündeten über die Mauerkante. Die Franzosen waren in dieser Hinsicht sehr tüchtig gewesen, hatten dafür aber ein Fünftel ihrer Soldaten verloren. Obwohl sie besonderen Heldenmut an den Tag gelegt hatten, war Général Gros bereits auf dem Rückweg zu seinem Stützpunkt bei Pei Tang. Die Festung war nun in britischem Besitz, und Gros hatte hier nichts weiter zu schaffen.
    Auf den hölzernen Wehrplatten der Festung scharte sich die Mehrheit der 2. Division und die von Gros zurückgelassenen Verwundeten, um sich um ihre Verletzungen zu kümmern. Einige standen, andere saßen angelehnt im Regen, und nur ihre Mützen und Kopftücher hielten die Nässe von ihnen ab. Sie sahen vollkommen erschöpft aus.
    Obwohl Randall gewusst hatte, was ihn erwartete, überwältigte ihn der Gestank des Todes und der Anblick so vieler Leichen. Neben seinem Fuß ragte eine abgetrennte Hand aus dem Schlamm, als wollte sie nach einem Säbel greifen und weiterkämpfen. Ob sie einem Abendländer oder einem Asiaten gehört hatte, war nicht zu erkennen.
    Lord Elgin stieg die Turmtreppe hinauf und blieb auf jedem Stockwerk kurz stehen, um mit jemandem zu sprechen und Atem zu holen, denn damit hatte er Mühe, sobald er sich körperlich anstrengte. So dauerte es fast fünf Minuten, bis Elgin, Parkes und Randall auf der Plattform ankamen. Sie wurden begeistert von Sir Hope begrüßt, dessen rechter Arm inzwischen dick bandagiert war.
    »Willkommen in der Wei-Festung«, sagte er stolz.
    Elgin schüttelte ihm herzlich die Hand. »Sir Hope, wenn wir Sie heute noch mal zum Ritter schlagen könnten, würden wir es tun!«
    Sir Hope, der seinen schmerzenden Arm wieder an sich gezogen hatte, bedachte Parkes und Randall lediglich mit einem Nicken. »Ich würde diese Ehre gerne eintauschen, wenn ich jeden Einzelnen meiner Männer nur einmal zum Ritter schlagen könnte.«
    »Sie sind der tapferste Soldat, den Königin Victoria hat«, meinte Parkes lächelnd.
    Nachdem er den Wunsch, ihm beizupflichten, bezwungen hatte, erwiderte Grant: »Ich denke, wir haben eine sehr gute Vorstellung gegeben.«
    Randall fand diesen Austausch von Nettigkeiten angesichts von Tod und Vernichtung widerwärtig.
    »Doch eines ist sicher, Mylord«, fügte Sir Hope hinzu. »Ich werde einige meiner Leute für das Viktoriakreuz vorschlagen. Sie haben den Truppen Ihrer Majestät reichlich Ehre gemacht.«
    Randall zog sich aus der Unterhaltung zurück und nahm sich Zeit, um von dem Aussichtspunkt seine Umgebung in Augenschein zu nehmen. Die Tore waren wie erwartet von innen verbarrikadiert. General Dang hatte den Befehl erhalten, jeden Mann zu töten, der versuchte, seinen Posten zu verlassen – darum hatten sie bis zum Tod gekämpft. In der Ferne jenseits des Haihe lag das Städtchen Taku. In der entgegengesetzten Richtung, draußen auf dem Meer, lagen über fünfzig Schiffe der königlichen Marine vor Anker, knapp außerhalb der Reichweite der Kanonen des südlichsten Forts. Als er über den Fluss schaute, war tatsächlich zu erkennen, dass dieser mit Bambussperren und Ketten blockiert war. Wäre die Flotte bei Flut in die Mündung hineingefahren, hätte sie festgesessen und ihr Schicksal wäre besiegelt gewesen. Die gut zwanzig Festungen, die am Ufer des Flussdeltas entlang lagen, machten einen gewaltigen Eindruck, besonders die größeren, die über das Schlickwatt aufragten. Man verstand sofort, warum die Qing glaubten, sie könnten jede Invasion von Seeseite vereiteln.
    Lord Elgin klopfte Randall mit schwerer Hand auf den Rücken. »Mr. Chen hat uns mit seinem Rat zu diesem Sieg geführt. Doch eines muss ich sagen, Sir Hope. Er hat den Ruhm allein Ihnen und Ihren Männern zugeschrieben, als der Union Jack triumphierend über dieser Festung wehte.«
    Grant sagte dazu nichts; er hielt nur seinen bandagierten Arm fest, damit das Pochen in seiner Wunde nicht zur Schulter hinaufwanderte. Um

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