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Zeitriss: Thriller (German Edition)

Zeitriss: Thriller (German Edition)

Titel: Zeitriss: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ride
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Grenzen, die nicht seine Untertanen waren. Und die Verbotene Stadt war die Mitte seines Universums, ein Palast von unbeschreiblicher Schönheit, geschaffen von den besten Handwerkern und Denkern mit dem vereinten Wissen des Universums.
    In der Gestaltung dominierten die fünf Grundfarben, wie sie die chinesische Philosophie benannte. Die Marmorterrassen waren weiß, das Pflaster in den Höfen schwarz, die Säulen und Türen leuchtend rot, die Ziegel der Dächer gelb und die Mauern zinnoberfarben. Die Anlage der rechteckigen Festung bildete den menschlichen Körper nach: im Norden der Kopf, im Süden die Beine, an den Seiten die Arme, in der Mitte die Brust, vertreten durch die sechs großen Paläste und Höfe, von denen der wichtigste, die Halle der Höchsten Harmonie, an der Stelle des Herzens lag.
    Eine Million Arbeiter und hunderttausend Kunsthandwerker hatten sich vierzehn Jahre lang abgeplagt, um einen Palast ohnegleichen zu erschaffen. Die Verbotene Stadt war gebaut als Verkörperung einer Welt der Feierlichkeit, Herrschaft, Harmonie und Stärke. In Stein, Holz, kostbaren Metallen und Mörtel stellte sie alles Großartige und Mächtige dar.
    Und doch war an diesem Tag, als die Sonne im Westen unterging, die Atmosphäre in dieser würdevollen Welt von Würde weit entfernt. Es war die Nachricht vom Schlachtfeld gekommen, Senggerinchin und das kaiserliche Heer seien an der Acht-Li-Brücke besiegt worden. Das rief nicht weniger als blanke Furcht hervor. Eunuchen und Konkubinen sah man offen weinen, und viele der Wachsoldaten wirkten nervös und verunsichert. Es ging das Gerücht, dass Angehörige der Kaiserfamilie stahlen, was sie konnten, um es heimlich in Verstecke außerhalb der Mauern zu bringen, als Notnagel, falls es zum Schlimmsten käme.
    Cixi war wütend über die so eklatant gezeigte Schwäche. Darum hatte sie Hsien Feng gedrängt, in der Halle der Höchsten Harmonie mit ihr zusammenzutreffen und die Handlungsmöglichkeiten zu erörtern. Wie alles, was um den Himmelssohn vorging, blieb auch das nicht lange ein Geheimnis, und Cixi überraschte es nicht, Su Shun und die kaiserlichen Minister bereits vorzufinden, als sie eintraf.
    Mit ausgestrecktem Finger zeigte sie quer durch die Halle. »Aufgrund Eurer Treulosigkeiten blicken wir jetzt der Niederlage ins Auge, Großsekretär.«
    »Wie könnt Ihr es wagen, so mit mir zu sprechen?«, erwiderte er und riss sich die Samtkappe vom kahlen Kopf. »Es war Euer Plan, gegen die roten Teufel zu kämpfen, Edle Kaiserliche Gemahlin! Und Euer Plan ist fehlgeschlagen. Das kann jeder sehen.«
    Cixi ging mit beschleunigtem Schritt auf die Gruppe der fünf Minister zu. Großeunuch Li Lien blieb dicht hinter ihr, musste sich mit seinen Trippelschritten jedoch sehr beeilen, um mitzuhalten.
    »Schlagt Ihr etwa vor, wir sollen uns ergeben?«, fragte sie zornig nach. »Besser nicht, Großsekretär! Und doch habt Ihr gegen militärischen Widerstand geraten!«
    »Ihr beleidigt mich mit Euren giftigen Worten, Edle Kaiserliche Gemahlin«, gab Su Shun zur Antwort.
    »Euer Widerspruch und der Eurer Anhänger hat zu unserem Versagen beigetragen. Um einen Krieg zu gewinnen, müssen alle Regierungsbeamten an einem Strang ziehen – alle! Wie beim Wasser jeder Tropfen in dieselbe Richtung fließen muss. Ihr habt nachdrücklich geraten, man möge Senggerinchin die dreiäugige Pfauenfeder abnehmen. Euer Ratschlag wurde befolgt, doch zu welchem Preis? Euer kleinlicher Akt der Vergeltung für seine Niederlage bei den Taku-Festungen hat sicherlich auch zu den Verlusten auf dem Schlachtfeld geführt. Unser Heer hat das Selbstvertrauen verloren, und Ihr seid es, der es vernichtet hat. Der Kriegsrat und der Sohn des Himmels müssen über Euch zu Gericht sitzen, Großsekretär.«
    Die Schnelligkeit und Wildheit ihres Angriffs brachte Su Shun ins Taumeln. Er wusste nicht, wohin er blicken sollte. Sein einziger Vorteil war, dass der Sohn des Himmels noch nicht zugegen war und seine kleinlaute Erwiderung nicht hören konnte.
    »Ich habe Euch auf dem ganzen Weg unterstützt«, beteuerte er und war vor lauter Bestürzung blass geworden. »Ich schlage vor, in dieser unheilvollen Stunde nicht nach einem Prügelknaben zu suchen. Um den Sohn des Himmels zu schützen, müssen wir jetzt mehr denn je zusammenhalten. Ihr hattet recht damit, dem Vormarsch der roten Teufel auf Peking Widerstand zu bieten. Die Qing sind die rechtmäßigen Herren des Universums – dem pflichte ich von ganzem Herzen bei –, und

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