Zeitriss: Thriller (German Edition)
Zeit. Sie musste das Geheimnis des Blauäugigen aufdecken, und zwar schnell. Die roten Teufel standen vor den Toren. Der Kaiser und die Herrschaft der Qing waren in Gefahr und somit auch die Thronnachfolge ihres Sohnes. Alles, was sie bisher erreicht hatte, konnte innerhalb eines Augenblicks zunichte werden, wenn sie keine Eile an den Tag legte.
Während sie vor dem Spiegel stand und zwei Eunuchen sie frisierten und ankleideten, dachte sie über den kommenden Abend nach. Noch vor Mitternacht würde sie die Männlichkeit des Blauäugigen in sich spüren, beschloss sie. Sie griff unter ihre Kleider und zwischen ihre Beine. Die Nässe war erstaunlich. Sie zog die Finger hervor, um das Sekret genau zu betrachten. Ihre Säfte waren wässrig und süß – sie war nicht in der fruchtbaren Phase.
Nachdem sie ein Bad genommen hatte, das mit Honig und Limonen parfümiert gewesen war, verließ sie den Palast der Gesammelten Eleganz bekleidet mit einer Ao-Jacke und einem Qun-Rock. Die scharlachrote Jacke war oben nicht zugeknöpft. So konnte sie die Rundung ihrer Brust zeigen, wenn sie sich bückte. An den Füßen trug sie schlichte rote Sandalen. Sie hatte keine Unterwäsche an, und ihre nackten Waden schauten unter dem Rock hervor. Um den Hals trug sie zwei Ketten, eine mit goldenen, eine mit Muschelperlen. Die Haare waren zu einem lockeren Knoten aufgesteckt und mit drei Jadestäbchen befestigt.
Es war ein schöner Herbstnachmittag, und die untergehende Sonne warf ihre Strahlen auf die Mauern der Verbotenen Stadt, in die vielen Höfe und Gärten der Westlichen Paläste. Die Luft war kühl, aber der Sonnenschein wärmte noch. Bis auf den Eunuchen, der hinter ihr ging, war keine Menschenseele zu sehen. Hsien Feng hatte fast alle mitgenommen, und auf Cixis Anordnung befanden sich die verbliebenen Konkubinen, Eunuchen und Dienerinnen an diesem Abend im Östlichen Palast.
Als sie den Fuß auf die unterste Stufe des Gästehauses setzte, schickte sie Lo Min voraus, damit er sie ankündigte.
Mit einem Hämmerchen schlug er an die Kupferglocke neben der Tür und rief: »Die Edle Kaiserliche Gemahlin nähert sich.« Seine Stimme war hell und heiser. Lo Min schlug die Glocke ein zweites Mal, und sie klang ein Weilchen nach.
Die rote Tür des Gästehauses öffnete sich, und zwei Eunuchenkrieger in grüner Seide traten hastig auf den Treppenabsatz. Das Schwert in der Hand kreuzten sie die Arme vor der Brust und neigten den Kopf.
Cixi wartete am Fuß der Treppe. Die Nachmittagssonne warf ihren Schatten an die Mauer. Der Gedanke an die von ihr inszenierte Begegnung erfüllte sie mit Vorfreude. Ohne den Sohn des Himmels regierte sie allein in den Westlichen Palästen – und der Mann, der gleich in die Tür treten würde, war ihr Spielzeug.
Randall zog sich die Jacke zurecht und ging zur Tür. Die Sonne schien herein, und er war froh, endlich das kleine Gästehaus verlassen zu können. Er hatte die ganze Nacht kein Auge zugetan, da diese zwei Eunuchenkrieger bei ihm wachten. Obwohl er wusste, dass Cixi seine Anwesenheit schätzte, schloss er nicht aus, dass sie seine Ermordung anordnen könnte.
Trotzdem freute er sich, sie wiederzusehen, das ließ sich nicht leugnen. In Ihrer Gegenwart fühlte er sich seltsam berauscht. Und schon der Gedanke an sie beschleunigte seinen Atem und machte ihm Gänsehaut. Es war schwer zu sagen, wieweit das an ihrer Schönheit lag und wieweit es daher rührte, dass er sich schon vor seinem Transport so viel mit ihr beschäftigt hatte. Sie war wie ein Traum, der zum Leben erwacht war. Unglaublich, dass er nun mit einer der begehrtesten und mächtigsten Frauen der Geschichte zusammen agierte, und er ermahnte sich beständig, sich davon nicht überwältigen zu lassen. Wilson hatte ihn eindringlich gewarnt, wozu diese Frau fähig war und welche Risiken aus der Begegnung mit ihr erwachsen würden.
Als er vor die Tür trat, stand sie drei Stufen unter ihm auf der Treppe. Mit raschem Luftholen überspielte er seine plötzliche Erregung. Mit einem Blick nahm er in sich auf, wie das satte Rot der Seide neben ihrer makellosen Haut leuchtete, wie ihre schwarzen Haare in der Sonne schimmerten, wie die grünen Jadestäbchen hinter ihrem Kopf hervorlugten.
Er genoss diese Momente, in denen er nichts weiter als ein Mann sein und eine schöne Frau betrachten konnte. Als wüsste Cixi genau, wie er sich fühlte, blieb sie ruhig stehen und lächelte ihn offen an.
»Ihr seid wirklich eine Augenweide«, sagte er
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