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Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Titel: Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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nahm sich die Annahmen vor, rechnete die Integrale nach, untersuchte jeden einzelnen Schritt. Einige neue Ideen nahmen Gestalt an. Er überprüfte jede im Detail mit Gleichungen und Bewertungen der Größenordnung. Die frühere Theorie hatte einige mathematische Begriffe ausgeschieden. Er studierte sie und suchte nach Möglichkeiten, wie sie plötzlich doch nicht mehr belanglos waren und dadurch die Theorie in Frage stellten. Nichts schien seine These zu stützen. Erneut las er die Originalaufsätze, hoffte auf einen intuitiven Hinweis. Pake, Korringa, Overhauser, Feher, Clark … die Aufsätze waren klassisch, unangreifbar. Die kanonische Theorie ließ keine sichtbaren Schlupflöcher.
    Er saß gerade an seinem Schreibtisch über einer Berechnung, als das Telefon klingelte. »Dr. Bernstein?«, fragte die Abteilungssekretärin.
    »Hm«, erwiderte er abwesend.
    »Professor Tulare möchte Sie gerne sehen.«
    »Okay.« Tulare war Kanzler. »Wann, Joyce?«
    »Wenn möglich, jetzt.«
    Als Joyce ihn in den langen, spärlich ausgestatteten Raum führte, las der Kanzler in einer Akte. Einer Personalakte, wie Gordon erkannte. Er sollte bald bestätigt bekommen, dass es seine war.
    »Kurz gesagt«, begann Tulare, »muss ich Ihnen mitteilen, dass Ihre Beförderung … äh … umstritten ist.«
    »Ich dachte, es wäre nur Formsache. Ich meine …«
    »Gewöhnlich, ja. Die Abteilungsversammlung berät nur über Beförderungen vom Assistenzprofessor zum außerordentlichen Professor, oder vom außerordentlichen zum ordentlichen Professor.«
    »Hmm.«
    »Eine Beförderung wie in Ihrem Fall vom Assistenzprofessor Stufe II zu Stufe III erfordert nicht das Votum der gesamten Abteilung. Wir befragen gewöhnlich nur die leitenden Kollegen in der Gruppe des Kandidaten nach ihrer Meinung. Ich fürchte …«
    »Lakin hat sein Veto eingelegt, nicht?«
    Alarmiert blickte Tulare auf. »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Aber gemeint haben Sie es.«
    »Einzelmeinungen will ich nicht diskutieren.« Einen Moment wirkte Tulare besorgt. Dann lehnte er sich zurück und musterte die Spitze seines Bleistifts, als läge dort eine Lösung verborgen. »Aber Ihnen ist doch klar, dass … die Ereignisse der letzten Monate bei Ihren Fakultätskollegen nicht dazu beigetragen haben, ihr Vertrauen in Sie zu stärken.«
    »Das war zu erwarten.«
    Tulare äußerte eine Reihe von Überlegungen über wissenschaftliche Glaubwürdigkeit und blieb sehr vage. Gordon hörte zu, da er hoffte, etwas daraus erfahren zu können. Tulare war ein anderer Typ als die normalen Universitätsverwalter; er liebte seine eigene Stimme, und diese kleine Vorlesung war eher ein Verteidigungsmechanismus als eine Rede. Trotz seines neu gewonnenen Schwungs spürte Gordon, wie ihm das Herz in die Hose rutschte. Das war eine ernste Entwicklung. Eine Regelbeförderung war reine Routine, Probleme gab es nur in wirklich fragwürdigen Fällen. Die Nagelprobe war der Sprung vom Assistenzprofessor zum außerordentlichen Professor – denn das bedeutete einen Lehrstuhl. Gordon hatte als Assistenzprofessor der Stufe I begonnen und war bemerkenswert schnell innerhalb eines Jahres in Stufe II gekommen. Meist lagen zwei Jahre zwischen jeder Stufe. Sobald er Assistenzstufe II erreicht hatte, konnte er zum a.o. Stufe I befördert werden, obwohl die typische Laufbahn über Assistenz IV führte, bevor der Sprung zum Lehrstuhlinhaber gelang. Aber jetzt machte er nicht einmal den normalen Schritt von II nach III. Eine schlechte Voraussetzung für die Zukunft, wenn es einmal um die Lehrstuhlfrage ging.
    Ein Gefühl der Kälte kroch von seinen Beinen in seine Brust, als Tulare sagte: »Natürlich müssen Sie in jedem Bereich behutsam vorgehen, Gordon.« Jeder Wissenschaftler, fuhr der Kanzler fort, müsste seinen eigenen Erlebnissen kritisch gegenüberstehen. Und dann kam Tulare sogar zu der Einstein-Anekdote mit dem Notizbuch: »Und Einstein sagte: ›Das bezweifle ich. Ich habe in meinem Leben nur zwei oder drei gute Einfälle gehabt.‹« Vergnügt schlug Tulare auf den Schreibtisch. Er war erleichtert, ein schwieriges Gespräch in diese heitere Bahn wenden zu können. »Sie sehen, Gordon – nicht jeder Einfall ist ein guter.«
    Gordon lächelte dünn. Er hatte die Anekdote Boyle und den Carroways erzählt, und sie hatten dagesessen und gelacht. Zweifellos hatten sie sie schon vorher gehört. Sie hatten einfach einem jungen Fakultätsmitglied applaudiert, das als Clown auftrat.
    Mit merkwürdig schwachen

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