Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)
einer Kategorie zugeordnet zu werden. Selbstverständlich tat er das Gleiche, aber gewiss mit mehr Berechtigung. Leicht gereizt, übernahm er wieder die Initiative. »Also, selbst ich weiß, dass es hier irgendwo ein Paradoxon gibt. Die alte Geschichte, wenn man seinen Großvater erschießt, nicht? Aber wenn er stirbt, existiert man selbst gar nicht. Jemand im Weltrat hat das gestern angesprochen. Fast hätten wir die ganze Sache deswegen gekippt.«
»Eine gute Frage. Der gleiche Irrtum ist mir 1992 in einem Aufsatz unterlaufen. Es stellte sich heraus, dass es Paradoxe gibt, und wenn man die Sache richtig betrachtet, verschwinden diese Paradoxe. Ich könnte es erklären, aber das erfordert einige Zeit.«
»Jetzt nicht, bitte. Wenn ich es richtig verstehe, geht es darum, diese Telegramme zu schicken und jemanden Anfang der 60er-Jahre über die Situation hier zu unterrichten.«
»In etwa. Man muss sie vor Chlorkohlenwasserstoffen warnen und die Auswirkungen auf Phytoplankton skizzieren. Wenn wir bestimmte Forschungsrichtungen steuern könnten, bekämen wir vielleicht die Chance, die wir jetzt …«
»Ganz ehrlich: Glauben Sie, dieses Experiment könnte eine wirkliche Hilfe bedeuten?«
Ungeduldig fuhr Renfrew auf, sagte aber nichts.
»Ohne melodramatisch zu sein«, sagte Markham langsam, »glaube ich, es könnte Millionen von Menschenleben retten. Letztendlich.«
Einen Moment lang herrschte Stille. Peterson legte wieder die Beine übereinander und zupfte einen unsichtbaren Faden von seinem Knie.
»Verstehen Sie«, sagte er schließlich, »es ist eine Frage von Prioritäten. Der Notstandsrat tagt seit neun Uhr. In Nordafrika ist es zu einem erneuten Massensterben gekommen – Dürre und Mangel an Nahrungsmittelreserven. Zweifellos werden Sie zu gegebener Zeit in den Nachrichten mehr davon erfahren. Inzwischen besteht für dieses und andere Notstandsgebiete Priorität. Nordafrika ist nicht die einzige Problemzone. Vor der südamerikanischen Küste ist eine gewaltige Kieselalgenblüte aufgetaucht. Tausende von Menschen sterben. Sie bitten uns, Geld in ein einzelnes Experiment zu stecken, das funktionieren kann oder nicht – im Grunde die Theorie eines einzigen Mannes …«
Markham unterbrach ihn hastig. »Es ist mehr als das. Die Tachyonentheorie ist nicht neu. In Caltech arbeitet eine andere Gruppe – die Schwerkrafttheorie-Gruppe – an einem anderen Aspekt desselben Problems. Sie versuchen zu erkennen, wie Tachyonen in die kosmologischen Fragestellungen passen – die Vorstellung vom expandierenden Universum und solche Sachen.«
Erneut nickte Renfrew. »Genau; kürzlich stand in der Physical Review ein Aufsatz über hohe Dichtefluktuationen.«
»In Los Angeles haben sie auch ihre Probleme«, sagte Peterson nachdenklich. »Vor allem der Großbrand, natürlich. Wenn der Wind sich dreht, könnte es zu einer Katastrophe kommen. Ich weiß nicht, welche Einflüsse das auf die Arbeit in Caltech hat. Wir können es uns nicht leisten, Jahre zu warten.«
Renfrew räusperte sich. »Ich hatte gedacht, Zuschüsse für wissenschaftliche Experimente sollten erste Priorität haben.« Es klang leicht gereizt.
Petersons Antwort war eine Spur herablassend. »Ach, Sie meinen die Rede des Königs gestern im Fernsehen. Ja, natürlich, im Krönungsjahr will er einen guten Eindruck machen. Also spricht er sich dafür aus, wissenschaftliche Experimente zu fördern – aber er versteht natürlich gar nichts von Wissenschaft, ist nicht einmal ein Politiker. Sicher, er meint es sehr gut. Unser Ausschuss hat ihm geraten, sich in Zukunft auf ermunternde Allgemeinplätze zu beschränken. Mit einer Spur von Humor. Das liegt ihm. Wie auch immer, Tatsache ist, dass das Geld knapp ist und wir sorgfältig auswählen müssen. In diesem Stadium kann ich nicht mehr versprechen, als dass ich dem Rat Bericht erstatten werde. Sobald ich kann, werde ich Sie von seiner Entscheidung in Kenntnis setzen. Ich persönlich glaube, dass es eher eine langfristige Sache ist. Ich weiß nicht, ob wir uns erlauben können, Risiken einzugehen.«
»Wir können uns nicht erlauben, es nicht zu tun«, entgegnete Markham mit plötzlicher Energie. »So geht es nicht weiter: Hier und da werden Lecks gestopft, indem man Geld in Hilfsfonds gegen Dürrekatastrophen und Hungersnöte steckt. Sicher, man kann einzelne Stellen flicken, aber der ganze Damm wird brechen. Es sei denn …«
»Es sei denn, Sie basteln an der Vergangenheit herum? Sind Sie sich überhaupt sicher,
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