Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)
Problem nachzudenken. Alles andere, andere Dinge, andere Menschen sind dann einfach im Weg.«
»Es ist auch mein Fehler gewesen. Ich will so viel daraus gewinnen, aus uns , und ich bekomme es nicht.«
»Wir haben uns regelrecht bekriegt.«
Sie seufzte. »Allerdings.«
»Ich … ich glaube, mit der Physik wird es von nun an nicht mehr so schlimm sein.«
»Das … das hoffe ich. Ich meine, die letzten Tage waren schon anders. Besser. Fast wie vor einem Jahr, wirklich. Du bist entspannt. Ich nörgele nicht die ganze Zeit rum … Ich habe jetzt ein besseres Gefühl, was uns beide angeht. Zum ersten Mal seit langer Zeit.«
»Ja. Ich auch.« Er lächelte scheu.
Sie aßen in behaglicher Stille. Im feuchten Glanz des Sonnenuntergangs schwenkte Penny ihr Glas mit Weißwein und blickte versonnen zur Decke. Gordon wusste, sie hatte ein stummes Gelübde abgelegt.
Penny begann zu lächeln, ein feuchter Schimmer stand in ihren Augen. Sie nahm einen Schluck Wein und stach mit der Gabel in das Würstchen, hielt es mit gewitztem Lächeln hoch, drehte es hin und her und betrachtete es kritisch. »Deins ist größer als meins.«
Gordon nickte feierlich. »Kann sein. Das sind, na etwa dreißig Zentimeter? Ja, das kann ich schlagen.«
»Bei solchen Sachen sind Zoll die traditionelle Maßeinheit.«
»So ist es.«
»Nicht, dass ich eine Puristin bin.«
»O nein, das würde ich nicht denken.«
Er erwachte, weil sein Arm eingeschlafen war. Behutsam zog er ihn unter ihrem Kopf hervor und wartete darauf, dass das Prickeln abebbte. Draußen hatte sich sanfte Herbstnacht breit gemacht. Langsam setzte er sich aufrecht, murmelnd kuschelte sie sich an ihn. Er betrachtete die runden Knoten ihrer Wirbelsäule, kleine Erhebungen unter brauner Haut. Er dachte an die Zeit, die anders als ein Fluss in einer Schleife in sich selbst zurückfließen konnte, und seine Augen folgten ihrer Taillenlinie. Dann kam die Wölbung ihrer Hüfte, glatte Flächen, deren Sonnenbräune in aufreizend reines Weiß übergingen. Schläfrig hatte sie ihn ernsthaft informiert, dass Lawrence seinen Penis eine Blutsäule genannt hatte, ein Ausdruck, der ihr grotesk erschien. Aber andererseits, hatte sie hinzugefügt, traf er auch irgendwie zu, oder? »Alles im Streben nach la petite mort «, hatte sie gemurmelt und war in den Schlaf geglitten. Gordon wusste, dass sie mit ihren Aussagen über die Spannung zwischen ihnen beiden Recht hatte. Sie ließ jetzt nach. Er erkannte, dass er sie die ganze Zeit geliebt hatte, aber es hatte so viele Hindernisse gegeben …
Er hörte eine ferne Sirene. Langsam löste er sich von ihr, ging über den kalten Boden zum Fenster. Im bleichen Neonlicht sah er Menschen über den La Jolla Boulevard spazieren. Ein Motorradpolizist raste vorbei. Die Polizei hier wirkte militärisch: hohe Stiefel, Eierschalenhelme, Schutzbrillen, die eckigen Gesichter eine starre Leere – wie Schauspieler in einem futuristischen Stück. In New York waren die Cops sanft, ihre Uniform ein abgetragenes vertrautes Blau. Die Sirene schrillte. Ein Streifenwagen jagte vorbei. Häuser, Palmen, sich wendende Köpfe, Läden und Schilder – alles pulsierte rot als Antwort auf das sich hysterisch drehende Licht auf dem Dach des vorbeirasenden Wagens. Rote Fragmente prallten von Schaufenstern zurück. Kinetische Konfusion fegte heulend über die Straßen; ihr mechanischer Mund kündigte Tumult an. Der Doppeleffekt des schrillen Heulens schreckte Fußgänger auf, gab ihren Schritten neue Energie. Köpfe wandten sich um, suchten das Verbrechen oder das Feuer, das den geschossgleichen Wagen angezogen hatte. Gordon dachte an die Botschaften und die kaum erkennbare Verzweiflung, die mit ihnen übermittelt wurde. Eine Alarmsirene. Sie war in kleinen gefleckten Tupfern, in Impulsen gekommen, Licht, das von Streuwellen reflektiert wurde, Erscheinungen aus großer Entfernung auf der anderen Seite des Flusses. Sie sollte beantwortet werden. Aus wissenschaftlichen Gründen, ja, aber nicht nur.
»Hm, sind Sie beschäftigt?«
Cooper stand in der Tür. »Nein, kommen Sie herein!« Gordon schob den Stapel Seminararbeiten, die er gerade zensierte, an den Rand seines Schreibtischs. Dann lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und legte die Füße auf das Papier. Er verschränkte die Arme hinter dem Kopf und grinste. »Was kann ich für Sie tun?«
»Ja, wissen Sie, in drei Wochen ist meine Prüfung. Was sage ich über die Unterbrechungen? Ich meine, beim letzten Mal sind
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