Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)
Teilchen entdeckt und für seine Mühen den Nobelpreis bekommen hatte. Ich dachte, er sei tot, sinnierte Gordon.
»Gordon! Gestern habe ich versucht, Sie anzurufen«, rief eine frische Stimme hinter ihm.
Er wandte sich um, zögerte und schüttelte Saul Schriffer die Hand. »Ich kam spät nach Hause und bin dann noch spazieren gegangen.«
»In dieser Stadt?«
»Es schien gefahrlos.«
Saul schüttelte den Kopf. »Vielleicht überfallen sie keine Träumer.«
»Wahrscheinlich sehe ich nicht reich genug aus.«
Saul ließ sein landesweit bekanntes Lächeln erstrahlen. »Ach was, Sie sehen prächtig aus. Wie geht’s Ihrer Frau? Ist sie mit?«
»Oh, ihr geht’s gut. Sie hat ihre Eltern besucht – die Kinder vorgeführt, wissen Sie. Aber sie fliegt heute Morgen.« Er blickte auf die Uhr. »Müsste bald da sein.«
»He, prächtig, ich würde sie gern einmal wiedersehen. Wie wär’s mit einem gemeinsamen Abendessen?«
»Tut mir Leid, wir sind schon verabredet.« Gordon merkte, dass er zu schnell geantwortet hatte, und fügte hinzu: »Aber vielleicht morgen. Wie lange sind Sie in der Stadt?«
»Mittag muss ich nach New York rüber. Ich schaue vorbei, wenn ich das nächste Mal an der Küste bin.«
»Prima.«
Unbewusst schürzte Saul die Lippen, als überlegte er, wie er den nächsten Satz formulieren sollte. »Wissen Sie, die Teile der alten Botschaft, die Sie für sich behalten haben …«
Gordon erwiderte ausdruckslos: »Nur die Namen, sonst nichts. Meine öffentliche Erklärung lautete, der Rest sei im Rauschen untergegangen. Was, zum Teufel, wahr ist.«
»Ja.« Saul musterte sein Gesicht. »Sehen Sie, nach so langer Zeit scheint es mir – es würde der ganzen Sache einen weiteren interessanten Aspekt geben.«
»Nein. Ich bitte Sie, Saul, die Diskussion haben wir doch schon hinter uns.«
»Es ist Jahre her. Ich vermag nicht einzusehen …«
»Ich bin nicht sicher, dass ich die Namen richtig aufgenommen habe. Ein Buchstabe hier oder da, und schon haben Sie die falschen Namen und die falschen Leute.«
»Aber …«
»Vergessen Sie’s! Ich werde nie Teile veröffentlichen, wenn ich mir nicht absolut sicher bin.« Gordon lächelte, um seinem Satz die Schärfe zu nehmen. Es gab noch andere Gründe, aber darauf wollte er sich gar nicht erst einlassen.
Saul reagierte mit einem gutmütigen Schulterzucken und befingerte seinen frisch gewaschenen Schnurrbart. »Okay, okay. Hab gedacht, ich versuch’s mal, wenn ich Sie in der richtigen Stimmung erwische. Was machen Ihre Experimente?«
»Wir basteln immer noch an der Empfindlichkeit rum. Sie wissen ja, wie es ist.«
»Bekommen Sie irgendwelche Signale rein?«
»Kann ich nicht sagen. Es ist ein unglaubliches Durcheinander.«
Saul runzelte die Stirn. »Irgendetwas müsste da sein.«
»Ist es auch.«
»Nein, ich meine außer dem Zeug, das Sie’67 empfangen haben. Ich bin sicher, es war eine klare Botschaft. Aber in einem Code oder einer Sprache, die wir nicht kennen.«
»Das Universum ist groß.«
»Sie glauben, sie stammten von weit entfernt?«
»Alles sind nur reine Vermutungen. Aber es war ein starkes Signal, gebündelt ausgestrahlt. Wir sind in der Lage zu beweisen, dass die Tatsache, dass es drei Tage andauerte und dann erlosch, daran lag, dass die Erde sich durch einen Tachyonenstrahl bewegte. Ich würde sagen, wir sind in irgendein Kommunikationsnetz geraten.«
»Hmmm.« Saul dachte darüber nach. »Wissen Sie, wenn wir nur sicher sein könnten, dass die Botschaften, die wir nicht entschlüsseln können, nicht von einem menschlichen Sender stammen, weit in der Zukunft …«
Gordon grinste. Saul war, zumindest in den Augen der Öffentlichkeit, inzwischen eine der wichtigsten Größen in der Naturwissenschaft. Seine Populärdarstellungen stürmten die Bestsellerlisten, seine Fernsehserien liefen zur besten Sendezeit. Gordon beendete den halb ausgesprochenen Satz für ihn: »Sie meinen, dann hätten wir den Beweis für eine fremde Technologie.«
»Sicher. Das wäre einen Versuch wert, oder?«
»Kann sein.«
Die mächtigen Bronzetüren am Ende des Foyers öffneten sich. Die Menge begab sich zum Empfangsraum dahinter. Gordon hatte festgestellt, dass Menschen sich in Gruppen wie durch einen langsamen Diffusionsprozess bewegen, und hier war es nicht anders. Viele kannte er – Chet Manahan, einen Festkörperphysiker, der stets eine Weste mit passender Krawatte trug, fünf Sprachen beherrschte und innerhalb von wenigen Minuten jedem Gesprächspartner
Weitere Kostenlose Bücher