Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Titel: Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
Vom Netzwerk:
sich straffte, zeichneten sich ihre Schenkel gegen den Stoff deutlich ab. »Komm schon, du brauchst etwas zu essen.« Er begann zu erzählen. Sie kommentierte seine Worte mit einem Nicken und ging voraus, nahm den Weg um die Abfüllstation für Flüssigstickstoff hinab zu dem kleinen Parkplatz, wo die Sicherheitslampen durch die Absperrgitter ein langgezogenes Schattenraster auf den glänzenden Asphalt warfen.

7
     
    P enny drehte den Zündschlüssel. Das Radio schaltete sich ein und schmetterte ein schrilles: »Pepsi Colas große Masche – ein halber Liter in der Flasche …« Gordon schaltete es aus.
    Penny steuerte auf den Boulevard hinaus. Kühle Nachtluft ließ ihr Haar flattern. Nahe der Kopfhaut waren die Strähnen mausbraun und hellten sich zu den Spitzen hin auf, gebleicht von der Sonne und dem Chlor der Swimmingpools. Meeresgeruch erfüllte die sanfte Brise.
    »Deine Mutter hat angerufen«, sagte Penny behutsam.
    »Aha. Hast du ihr gesagt, ich rufe zurück?« Gordon hoffte, das Thema damit abzuschneiden.
    »Sie wird dich in Kürze besuchen.«
    »Was? Verdammt noch mal, wieso?«
    »Sie sagt, du schreibst ihr überhaupt nicht mehr, und sie wollte sowieso mal sehen, wie die Menschen an der Westküste so sind. Sie überlegt, ganz hierher zu ziehen.« Penny sprach bewusst ruhig und ausdruckslos und steuerte den Wagen mit schnellen, präzisen Bewegungen.
    »Ach, du lieber Gott!« Plötzlich sah er vor seinem geistigen Auge seine Mutter in einem schwarzen Kleid die Girard Avenue im gelben Sonnenlicht entlangspazieren, in die Schaufenster der Geschäfte spähend und einen ganzen Kopf kleiner als alle anderen Passanten. Sie wäre genauso fehl am Platze wie eine Nonne in einer Nudistenkolonie.
    »Sie wusste nicht, wer ich bin.«
    »Hm?« Die Vorstellung des Stirnrunzelns seiner Mutter beim Anblick der knapp geschürzten Mädchen auf der Girard irritierte ihn.
    »Sie fragte, ob ich die Raumpflegerin wäre.«
    »Oh.«
    »Du hast ihr wohl nicht gesagt, dass wir zusammenleben, oder?«
    Eine Pause. »Das werde ich noch.«
    Penny lächelte verdrossen. »Und warum hast du es noch nicht?«
    Er schaute aus dem Seitenfenster, das dort, wo er sich angelehnt hatte, fettig verschmiert war, und betrachtete eingehend die juwelengleichen Lichter. La Jolla, das Juwel. Sie befuhren jetzt die holprige Canyonstraße, der frische Minzegeruch des Eukalyptus füllte den Wagen. Gordon versuchte, sich nach Manhattan zurückzuversetzen und die Situation aus diesem Blickwinkel zu betrachten, um vorauszusehen, was seine Mutter von alldem denken mochte. Es war ihm unmöglich.
    »Etwa, weil ich keine Jüdin bin?«
    »Guter Gott, nein.«
    »Aber hättest du es ihr erzählt, wäre sie wie der Blitz hierher gekommen, richtig?«
    Er nickte bekümmert. »Hmm.«
    »Sagst du es ihr, bevor sie kommt?«
    »Sieh mal«, sagte er mit plötzlicher Energie und wandte sich in dem Schalensitz ihr zu, »ich will ihr gar nichts sagen. Ich will nicht, dass sie sich in mein Leben einmischt. Unser Leben.«
    »Sie wird dir Fragen stellen, Gordon.«
    »Soll sie fragen.«
    »Willst du nicht antworten?«
    »Sie wird ja nicht in unserer Wohnung bleiben, da braucht sie auch nicht zu wissen, dass du auch dort lebst.«
    Penny verdrehte die Augen. »Jetzt kapiere ich. Kurz bevor sie eintrifft, wirst du andeuten, ich sollte ein paar meiner Sachen, die in der Wohnung rumliegen, wegräumen, richtig? Vielleicht meine Gesichtscreme und die Antibabypillen aus dem Medizinschrank nehmen? Nur ein paar winzige Korrekturen?«
    Er wand sich unter ihrem ätzenden Ton. In dieser Klarheit hatte er es sich eigentlich nicht vorgestellt, aber er musste vor sich zugeben, dass sie nicht ganz falsch lag. Das alte Spiel: Verteidige, was du verteidigen musst, aber verbirg den Rest. Wie lange war die Beziehung zwischen ihm und seiner Mutter schon so strukturiert? Seit Dads Tod? Herrgott, wann würde er aufhören, ein Kind zu sein?
    »Tut mir Leid, ich …«
    »Ach, sei nicht so begriffsstutzig. Es war nur ein Scherz.«
    Sie wussten beide, dass es kein Scherz gewesen war, sondern irgendwo in der Mitte zwischen Phantasie und einer bevorstehenden Realität schwebte, und dass er, hätte sie nichts gesagt, schließlich in genau dieses Verhaltensmuster hineingestolpert wäre. Diese Eigenschaft war es, die sie ihm in den merkwürdigsten Augenblicken so liebenswert machte: ihre geradezu unheimliche Art zu erkennen, wie sein Geist mit seinen stumpfen Werkzeugen an etwas arbeitete, um dann zu dem Punkt

Weitere Kostenlose Bücher