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Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Titel: Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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vorwärtszuspringen, den er erreichen würde. Indem sie den Stein umdrehte und die Würmer darunter sichtbar machte, machte sie es ihm leicht – es gab keine Alternative, außer ehrlich zu sein. »Verflixt noch mal, ich liebe dich«, sagte er plötzlich grinsend.
    Ihr Lächeln wirkte ein wenig gezwungen. Unter der flackernden Straßenbeleuchtung hielt sie ihre Augen fest auf die Straße gerichtet. »So ist es halt, wenn man häuslich wird. Man zieht mit einem Mann zusammen, und schon bald entdeckt man in seinen Liebeserklärungen den Unterton eines Dankeschöns. Nun ja, bitte sehr.«
    »Was ist das schon wieder für eine Schlaumeierei?«
    »Nur eine Feststellung.«
    »Wie werden die Mädchen an der Westküste so schnell so schlau?« Er beugte sich vor, als fragte er die kalifornische Landschaft draußen.
    »Es hilft’ne Menge, früh aufs Kreuz gelegt zu werden«, sagte sie lächelnd.
    Das war ein weiterer Punkt, der ihn irritierte. Sie war das erste Mädchen, mit dem er geschlafen hatte, und als er es ihr gesagt hatte, wollte sie es anfangs nicht glauben. Als sie darüber witzelte, dass sie einem Professor Nachhilfeunterricht gab, hatte er gespürt, wie seine Fassade der Weltklugheit abblätterte. Damals hatte er zum ersten Mal vermutet, dass er seinen intellektuellen Panzer brauchte, um sich vor den Reibungen der Ungewissheiten des Lebens und vor allem vor den Dornen der Sinnlichkeit zu schützen. Während er die weißgetünchten Strandhäuschen vorbeifliegen sah, dachte Gordon ein wenig bitter, dass die Erkenntnis eines Mangels noch längst nicht bedeutete, dass man ihn auch überwinden konnte. Pennys direkte und zielbewusste Art bereitete ihm immer noch ein gewisses Unbehagen. Vielleicht konnte er sie sich deshalb nicht in der gleichen Welt wie seine Mutter vorstellen; das schien viel weniger möglich als ihre Begegnung in der Wohnung, in der Pennys Kleider als stille Zeugen im Schrank hingen.
    Spontan schaltete er das Radio ein. Die Blechstimme sang: »Big gurrls don’t cry …«, und er schaltete sofort wieder ab.
    »Lass es laufen«, bat Penny.
    »Ist doch nur Quark.«
    »Es füllt die Luft«, sagte sie bedeutungsvoll.
    Er verzog das Gesicht zu einer Grimasse und schaltete wieder ein. Während des Refrains von »Big gurrls« sagte er: »He, heute ist der 25., nicht wahr?« Sie nickte. »Der Kampf Liston-Patterson ist dran. Eine Sekunde.« Er drehte am Radio und fand einen Sender, auf dem ein Stakkato-Ansager die Statistiken der beiden Boxer verlas. »Es wird nicht im Fernsehen übertragen. Fahr in die Pacific Beach, bitte. Wir essen auswärts. Ich möchte das hören.« Penny nickte schweigend, und Gordon spürte ein seltsames Gefühl der Erleichterung. O ja, es war gut, von seinen eigenen Problemen loszukommen und zuzuhören, wie zwei Männer sich gegenseitig zu Brei schlugen. Seit er zehn war, hatte er von seinem Vater die Angewohnheit übernommen, die Kämpfe zu verfolgen. Sie saßen in den weichen Polstersesseln im Wohnzimmer und lauschten den erregten Stimmen, die aus dem großen altmodischen Motorola in der Ecke kamen. Die Augen seines Vaters zuckten hin und her, er sah die Fausthiebe und Finten, die tausend Meilen entfernt geschildert wurden. Dad war damals schon übergewichtig, und wenn er unbewusst zu einem imaginären Fausthieb ausholte und den rechten Ellbogen vorzucken ließ, schwabbelte das Fett auf seinem Oberarm. Selbst durch das weiße Hemd seines Vaters konnte Gordon die fleischige Haut sehen, und er achtete darauf, ob die Asche von seiner Zigarre abfiel und zu einem grauen Fleck auf dem Teppich zerkrümelte. Es geschah mindestens einmal bei jedem Kampf, und dann begann seine Mutter mitten in der Übertragung zu schimpfen und ging hinaus, um das Kehrblech zu holen. Wenn ein guter Treffer geschildert wurde oder jemand zu Boden ging, zwinkerte sein Dad ihm zu, und Gordon grinste zurück. Er erinnerte sich jetzt wieder an das Summen des sommerlichen Verkehrs zwischen 12th Street und Second Avenue und an die Schweißflecken, die sein Vater nach jedem Kampf unter den Achselhöhlen hatte. Anschließend tranken sie Cola. Es war eine schöne Zeit gewesen.
     
    Als sie das Limehouse betraten, zeigte Gordon auf einen entfernten Tisch und sagte: »Sieh mal, die Carroways. Wie sieht unser Durchschnitt damit aus?«
    »Sieben von zwölf«, erklärte Penny.
    Die Carroways waren bekannte Astronomen, ein englisches Ehepaar, das vor kurzem von der Physikabteilung verpflichtet worden war. Sie arbeiteten in

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