Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)
werden. Dort hatte sich die Wand etwas gesetzt, da war eine Diagonallinie verrutscht. Plötzlich fiel ihm ein, wie er als kleiner Junge von einem Steinfußboden zu seinem Vater aufgeschaut hatte, der den Deckenputz musterte, als wollte er abschätzen, ob das Dach einstürzen würde.
Während er das Problem durchdachte, polterten seine eigenen Kinder durchs Haus. Ihre Füße traten über die Kanten aus poliertem Holz, die den dünnen Teppichboden säumten. Sie erreichten die Haustür und lärmten nach draußen. Ihm wurde bewusst, dass er für sie wahrscheinlich den gleichen ernsten, angespannten Gesichtsausdruck hatte wie sein Vater.
Er ordnete sein Werkzeug und begann mit der Arbeit. Der Holzstapel auf der hinteren Veranda schrumpfte allmählich, als er passende Bretter zurechtschnitt. Um das Holz an der Decke einzupassen, musste er mit der Langsäge Schrägschnitte anbringen. Das Holz splitterte, riss aber nicht aus. Johnny kam, der keine Lust mehr hatte, mit seiner älteren Schwester Fangen zu spielen. Renfrew beschäftigte ihn damit, das Werkzeug je nach Arbeitsgang anzureichen. Durchs Fenster verkündete ein blechern klingendes Radio, dass Argentinien dem Atomklub beigetreten war. »Was ist ein Atomklub, Daddy?«, fragte Johnny mit großen Augen. »Leute, die Bomben abwerfen können.« Johnny betastete eine Holzfeile. »Kann ich da mitmachen?« Renfrew unterbrach seine Arbeit, leckte sich über die Lippen und spähte in den tiefblauen Himmel. »Nur Dummköpfe machen da mit«, sagte er und arbeitete weiter.
Das Radio schilderte die brasilianische Ablehnung eines Vorzugshandelsabkommens, das eine großamerikanische Zone unter Beteiligung der USA gebildet hätte. Es gab Berichte, die Amerikaner hätten billigere Importe zur Bedingung für ihre Hilfe bei dem Blütenproblem in Südamerika gemacht. »Eine Blüte, Daddy? Der Ozean ist doch keine Blume.« Kurz angebunden erwiderte Renfrew: »Das ist eine andere Blüte.« Er nahm einen Bretterstapel unter den Arm und trug ihn hinein.
Als er dabei war, Sägekanten abzuschleifen, kam Marjorie aus dem Garten herein, um seine Arbeit zu inspizieren. Dankenswerterweise hatte sie das batteriebetriebene Radio mit hinausgenommen. »Wieso springt es unten vor?«, fragte sie beim Hereinkommen und stellte das Radio auf den Küchentisch. Es schien sie an diesen Tagen überallhin zu begleiten, dachte Renfrew, als könnte sie ein wenig Ruhe allein nicht ertragen.
»Die Regale sind gerade. Die Wände sind schief.«
»Es sieht merkwürdig aus. Bist du sicher …?«
»Überzeuge dich selbst!« Er reichte ihr die Wasserwaage, die sie behutsam auf eins der Bretter legte. Die Luftblase blieb genau zwischen den beiden Markierungen. »Siehst du? Völlig plan.«
»Scheint so«, gab Marjorie widerwillig zu.
»Mach dir keine Sorgen, deine Gläser werden schon nicht runterfallen.« Er stellte einige Gläser aufs Regal. Die rituelle Handlung vollendete seine Arbeit. Das nüchterne Fichtenholz des Kastenrahmens hob sich von der alten Eichentäfelung ab. Langsam fuhr Johnny mit der Hand über die Bretter; dass er dabei geholfen hatte, die Holzkonstruktion fertig zu stellen, schien ihm Ehrfurcht einzuflößen.
»Ich werde wohl noch mal kurz ins Labor fahren«, sagte Renfrew, während er Säge und Feilen zusammenlas.
»Nur die Ruhe, du hast noch mehr Vaterpflichten. Du wirst Johnny mit zur Quecksilberjagd nehmen.«
»Oh, verdammt, habe ich ganz vergessen. Sieh mal, ich dachte …«
»… du könntest noch einen ganzen Nachmittag herumbasteln«, beendete Marjorie den Satz mit mildem Vorwurf. »Wohl kaum, fürchte ich.«
»Na gut, dann hole ich mir nur ein paar Notizen über Markhams Arbeit.«
»Dazu nimmst du am besten Johnny mit. Kannst du nicht mal am Wochenende pausieren? Ich dachte, du hättest gestern alles erledigt.«
»Wir haben mit Peterson eine Botschaft ausgearbeitet. Größtenteils betrifft es die Ozeane. Die Sache mit der Massengärung von Zuckerrohr zur Treibstofferzeugung lassen wir fallen.«
»Warum das denn? Die Verbrennung von Alkohol ist sauberer als das gepantschte Benzin, das jetzt verkauft wird.«
Renfrew wusch sich die Hände im Waschbecken. »Sicher. Der Haken ist, dass die Brasilianer für die Zuckerrohrfelder so viel Dschungel roden. Das verringert die Anzahl der Pflanzen, die Kohlendioxid aus der Luft absorbieren können. Wenn man die Auswirkungen ein wenig weiterdenkt, erklären sie Veränderungen im Klima, Treibhauseffekt, Regenfälle und so weiter.«
»Hat
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