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Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Titel: Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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Ihnen, früher haben sich Colleges um ihre alten Dozenten gekümmert. Als Boyle das Institut gründete, hatten wir alles. Jetzt ist alles auf dem Müll gelandet, ab dafür. Vorbei ist vorbei, heute geht es um die Krise …«
    »Da kommt der Wachtmeister«, sagte Renfrew und zeigte auf die ferne Gestalt auf dem Fahrrad, um den Fluss des Lamentos zu unterbrechen. In den letzten Jahren hatte er diese Klagen oft genug gehört, außer Langeweile bewirkten sie bei ihm gar nichts mehr. Als der Wachtmeister keuchend eintraf, holte Frost den Band heraus, den die Diebe zurückgelassen hatten, eine späte Kepler-Ausgabe. Renfrew untersuchte das Buch einen Moment, während Frost von dem Wachtmeister einen Alarmeinsatz verlangte, um die Diebe möglicherweise auf der Landstraße zu fassen. Die Seiten waren trocken und spröde, sie knisterten, als Renfrew sie umblätterte. Er hatte ganz vergessen, dass eine Letternreihe auf der anderen Buchseite eine Ausbuchtung hinterlassen konnte, als läge der Druck der Geschichte in jedem Wort. Die Buchstaben, tiefschwarz und breit, standen in weiten Abständen. Die breiten Ränder, die präzisen Himmelszeichnungen, das Gewicht des Bands in seiner Hand – das alles schien von einer Zeit zu sprechen, als die Herstellung von Büchern ein Wegweiser auf einem Marsch nach vorn war, ein Druck auf die Zukunft.
     
    Die Gruppe der Väter verbreitete plaudernd und lachend Feiertagsstimmung. Einige spielten auf dem grauen Pflaster mit einem Fußball. Es war ein großer Spaß, ein Treffen, um Geld für die darbende Stadtverwaltung Cambridges zu sammeln. Ein Beamter hatte über solche Suchaktionen in amerikanischen Großstädten gelesen, und letzten Monat hatte London eine veranstaltet.
    Mit hellen Lampen, die sich durch die Dunkelheit bohrten, stiegen sie in die Kanalisation hinab. Unter den wissenschaftlichen Labors und dem Industriegebiet der Stadt waren die Schächte übermannshoch. Renfrew drückte die Atemmaske fest gegen sein Gesicht und lächelte Johnny durch den transparenten Rüssel an. Der Frühlingsregen hatte den Dreck weggespült, es stank kaum. Ihre Jagdgenossen überholten sie, summende Erregung lag in der Luft.
    Quecksilber war inzwischen höchst selten, ein Kilogramm kostete tausend Neue Pfund. In den unbekümmerten Jahren Mitte des Jahrhunderts war Quecksilber in Abflüsse und Kanäle gespült worden. Damals war es billiger gewesen, verunreinigtes Quecksilber wegzuschütten und neues zu kaufen. Als schwerstes Metall suchte es sich im Kanalisationssystem die tiefsten Stellen und sammelte sich dort. Sie brauchten nur einen Liter wiederzugewinnen, um den ganzen Aufwand lohnend zu machen.
    Renfrew und Johnny entfernten sich von der Gruppe und drangen in schmalere Schächte vor. Ihre Lampen warfen von der Oberfläche der Wasserpfützen funkelnde Reflektionen. »He, hier entlang, Dad«, rief Johnny. Die Akustik der Tunnel ließ jedes Wort hohl schallen. Renfrew drehte sich um und glitt plötzlich aus. Fluchend rutschte er in eine dreckige Pfütze. Johnny beugte sich vor. Der Strahl seiner Lampe erfasste einen Faden trüben Quecksilbers. Renfrews Stiefel war in einen Spalt getreten, der sich an der Nahtstelle zweier Rohre gebildet hatte. Unter der Wasseroberfläche leuchtete das Quecksilber und gab einen schmutzig-warmen Glanz ab; eine dünne Schlange, hundert Guineen wert.
    »Ein Fund! Ein Fund!«, jubelte Johnny. Sie saugten das Metall mit Unterdruckflaschen auf. Der Fund hatte ihre Stimmung beträchtlich gesteigert, Renfrew lachte gut gelaunt. Sie gingen weiter, entdeckten unerforschte Höhlen und dunkle Verstecke in dem unterirdischen Labyrinth. Johnny stieß auf eine hohe Nische, die verbreitert und mit Matratzen bestückt worden war. »Die Wohnung eines Stadtstreichers, nehme ich an«, murmelte Renfrew. Sie fanden Kerzenstummel und zerfledderte Taschentücher. »He, das hier ist von 1968, Dad«, sagte Johnny. Auf Renfrew machte es einen pornographischen Eindruck, er warf es mit der Titelseite nach unten auf die Matratze. »Wir sollten zurückgehen«, sagte er.
    Mit Hilfe ihrer Karte fanden sie eine Eisenleiter. In die Spätnachmittagssonne blinzelnd, kroch Johnny hinaus. Oben stellten sie sich in die Schlange, um ihren Metallfund dem Förderer der Jagdgruppe auszuhändigen. Entsprechend der zurzeit vorherrschenden Theorie, überlegte Renfrew, wurden soziale Gruppierungen jetzt gefördert, nicht geleitet. Er beobachtete Johnny, der mit zwei Jungen in der Schlange ins Gespräch kam und

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