Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition)

Titel: Zeitschaft: Meisterwerke der SF (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
Vom Netzwerk:
der Realität dort unten abgerückt und hatte sie in ein surrealistisches Kunstwerk verwandelt. Es fehlten noch purpurrote Jaguare und gelbe Bäume – ein Jesse Allen. Und orangefarbene Fische in der Luft...
    Wie ging jenes Bottomley-Gedicht noch? Die zweite Strophe – in der die Vögel gezwungen werden, zu hoch zu fliegen – wo unnatürlich Dünste schweben: beseelte Felsen sterben noch, wenn Vögel nach mehr Nähe streben . Reimerei aus dem 19. Jahrhundert. Seltsam, wie man sich an die Fetzen der Kultur klammerte.
    In Rio hatte es Aufstände gegeben. Die normalen politischen Geschichten, Populärmarxismus und einheimische Querulanten, ausgelöst von der Blüte. Ein Helikopter hatte ihn vom Flughafen zum Geheimtreffen auf einer großen Yacht gebracht, die nördlich der Stadt vor der Küste ankerte. Der brasilianische Präsident und sein Kabinett waren dort. McKerrow aus Washington und Jean-Claude Rollet, ein Kollege Petersons im Rat. Sie hatten von zehn Uhr bis zum späten Nachmittag konferiert, das Essen wurde ihnen im Konferenzraum serviert. So weit möglich, sollten Maßnahmen zur Einschränkung der Blüte ergriffen werden. Problematisch war es, den Prozess umzukehren; im Indischen Ozean und in Kontrolltanks in Südkalifornien wurden Experimente durchgeführt. Von den Notvorräten wurde ein Teil nach Brasilien geschickt, um die Verluste der Fischerei auszugleichen. Der brasilianische Präsident würde die Bedeutung dieser Maßnahme herunterspielen, um eine Massenpanik zu vermeiden. Finger im Deich, zerbrechliche Stützen gegen das Gewicht des kranken Ozeans. Als sie sich trennten, war Rollet aufgebrochen, um dem Rat Bericht zu erstatten.
    Peterson hatte sich mit beträchtlichem Geschick dagegen wehren müssen, mit Botengängen, organisatorischem Kleinkram und anderen Aufgaben überladen zu werden. Eine Krise dieser Art zu managen, erforderte gewandtes Handeln. Die einzelnen Nationen mussten beschwichtigt, Englands eigene Interessen berücksichtigt werden (obschon das nicht seine wichtigste offizielle Aufgabe war), und natürlich war da noch die stets präsente Schnüffelei der Medien. Mit Erfolg hatte Peterson argumentiert, dass jemand den kalifornischen Experimenten ein Augenmerk schenken musste. Sein wahrer Grund war ein kleines Experiment, das er in Gedanken für sich behielt.
     
    Direkt nach der Landung ertönte Musik vom Band, Fluggäste zerrten ihr Handgepäck heraus, um schnell nach draußen zu stürzen. Das war für Peterson der schlimmste Teil eines Linienflugs; erneut wünschte er, Sir Martin die Genehmigung abgerungen zu haben, für diesen Flug eine Maschine des Rats zu benutzen. Das wäre teuer, verschwenderisch und so weiter, aber um einiges besser als die Reise in einem Viehwagen mit Tragflächen. Das Standardargument, dass der Flug im eigenen Jet den Beamten mehr Ruhe gab und damit ihre kostbaren Energien schonte, war in einer Zeit schrumpfender Etats nicht mehr zu halten.
    Wie nach Plan verließ er vor allen anderen die Maschine durch die vordere Tür. Ein großes Aufgebot an Sicherheitskräften in Lederstiefeln und Helmen wartete. Inzwischen hatte er sich an den Anblick der offen getragenen automatischen Pistolen gewöhnt.
    In seiner Limousine saß ein Protokollbeamter, der zielund endlos redete, aber Peterson brachte ihn bald zum Verstummen und genoss die Fahrt. Der Sicherheitswagen blieb dicht hinter ihnen, wie er bemerkte. Anzeichen der jüngsten »Unannehmlichkeiten« waren nicht zu erkennen. Einige ausgebrannte Gebäudeblocks, gewiss, und ein Straßentunnel mit Einschüssen großkalibriger Waffen, aber kein Gefühl latenter Spannung. Die Straßen waren kaum frequentiert, die Autobahn wirkte verlassen. Seit die mexikanischen Ölfelder die notorisch optimistischen Prognosen Lügen gestraft hatten, war Kalifornien kein autoanbetendes Paradies mehr. Das und der politische Druck der Mexikaner, die hochfliegenden Versprechungen ökonomischen Aufschwungs einzulösen, hatten sich mit dem übrigen politischen Gebräu hier gemischt und zu »Unruhen« geführt.
     
    Die üblichen Zeremonien nahmen wenig Zeit in Anspruch. Das Ozeanographische Institut machte einen verwitterten, aber soliden Eindruck; blaue Kacheln, Salzgeruch und alles, was dazugehörte. Das Personal hatte sich inzwischen an die Besuche von Würdenträgern gewöhnt. Die Fernseh-Knaben bekamen ihre Aufnahmezeit und wurden wieder hinausgescheucht. Peterson lächelte, schüttelte Hände, plauderte Belangloses. Das Päckchen, das

Weitere Kostenlose Bücher